Mekka. Bei der Pilgerfahrt nach Mekka kommt es zu einer Massenpanik. Hunderte sterben. Der Papst drückt sein Beileid aus.

Nach der Massenpanik während der islamischen Mekka-Wallfahrt mit Hunderten Toten und Verletzten hat der saudische König Salman eine rasche Aufklärung der Tragödie angekündigt. Das Staatsoberhaupt sprach in einer TV-Ansprache von einem „traurigen Unfall“. Er kündigte eine Überprüfung der bestehenden Sicherheitsvorkehrungen an, im Bemühen, diese weiter zu verbessern.

Bei der Massenpanik in dem Ort Mina bei Mekka waren am Donnerstag mindestens 717 Pilger gestorben, mehr als 860 weitere wurden verletzt. Es war die schlimmste Katastrophe bei der Wallfahrt seit einem Vierteljahrhundert und weltweit das schwerste Unglück bei einer Massenveranstaltung in den vergangenen zehn Jahren. Warum die Katastrophe trotz Milliarden-Investitionen der Behörden in ein Sicherheitskonzept geschehen konnte, war zunächst unklar.

Papst Franziskus gedachte der Opfer in einem Gebet. „Ich möchte mein Mitgefühl für meine muslimischen Brüder und Schwestern ausdrücken“, sagte er nach seiner Ankunft in der New Yorker St. Patricks Cathedral. „In solchen Momenten suche ich Halt im Gebet. Ich verbinde mich mit Euch allen. Ein Gebet zum allmächtigen Gott, dem gnadenvollen.“ Auch zahlreiche Staatschefs sprachen ihr Beileid aus.

Gegenseitige Vorwürfe und eine Vermutung

Die Opfer kommen aus mehreren Ländern. Nach Angaben saudischer Medien machten sich in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Menschen auf die Pilgerfahrt nach Mekka, darunter fast 1,4 Millionen aus dem Ausland. Mekka ist die heiligste Stadt des Islam, dort wurde der Prophet Mohammed geboren. In Mina ziehen die Gläubigen am dritten Tag der Wallfahrt zu einer fünfstöckigen Fußgängerbrücke, wo sie Steine auf Säulen werfen, die den Teufel symbolisieren.

Stationen der Wallfahrt
Stationen der Wallfahrt © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

Die saudische Zivilverteidigung erklärte, am Donnerstagmorgen sei es an einer Kreuzung in Mina zu einem Stau gekommen. Dann sei die Massenpanik ausgebrochen. Bilder zeigten, wie die Opfer im weißen Pilgergewand auf Liegen versorgt und weggetragen wurden. Auf einem Amateurvideo waren Leichen zu sehen, die auf der Erde lagen. Der saudische Gesundheitsminister Khaled al-Falih machte die Pilger für die Massenpanik verantwortlich. Einige von ihnen hätten sich nicht an die vorgegebene Gruppenaufteilung gehalten und Anweisungen missachtet.

Der Iran hingegen gab den Behörden eine Mitschuld. „Die Saudis haben ohne Grund einen Teil der Route der Pilger blockiert, was zu dem Andrang und letztendlich auch der Tragödie führte“, sagte der Leiter des Auswärtigen Ausschusses im Teheraner Parlament, Alaeddin Borudscherdi. Der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien sind Erzrivalen. Bei der Massenpanik sind mindestens 131 iranische Pilger gestorben. Weitere 85 Iraner seien verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich, meldete am Freitag die Nachrichtenagentur ISNA unter Berufung auf die iranische Wallfahrts-Organisation (IPO).

Widersprüche in Medienberichten

Nach einem Bericht der BBC machen auch Überlebende den saudischen Behörden Vorwürfe. Zum einen seien sich Gruppen, die auf dem Weg zu der Säule gewesen seinen, und solche, die sich auf dem Rückweg befanden, auf der gleichen Straße begegnen. Dies habe zu einer Kollision der Gruppe geführt. Ein Zeuge sagte, Sicherheitsleute hätten eine Straße auf dem Weg zu der Fußgängerbrücke gesperrt. Ein weiterer Zeuge äußerte gegenüber dem Sender eine Vermutung, was zu dieser Sperrung geführt haben könnte: Der saudische König soll sich auch auf der Hadsch befunden haben. Die Behörden hätten nicht gewollt, dass Pilger zum selben Zeitpunkt wie er in die Stadt kommen, und hätten so Straßen gesperrt und Züge gestoppt. Als die Sperrungen wieder aufgehoben worden seine, hätten alle auf einmal wieder reingewollt.

Die saudische Presse schildert die Situation in der Straße anders. Sie macht iranische Pilger für die Massenpanik verantwortlich. Eine große Gruppe von Iranern sei entgegen der Vorgaben in eine falsche Richtung gelaufen und dort mit anderen Pilgern zusammengestoßen, zitierte die Nachrichtenseite Al-Sabq am Freitag nicht näher genannte Augenzeugen. Bei dem Unglück kamen mindestens 131 iranische Gläubige ums Leben.

Der saudische Gesundheitsminister Khaled al-Falih hatte Pilgern bereits am Donnerstag vorgeworfen, sie hätten zeitliche Vorgaben missachtet. Um den Massenstrom der Gläubigen in Mekka zu steuern, gibt es für Pilgergruppen einen festen Zeitplan für die fünftägige Wallfahrt.

Weltweite Beileidsbekundungen

Nach einem schweren Unglück im Jahr 2006 hatte es an der Stätte mehrere Umbauten gegeben, die für einen reibungslosen Strom der Pilger sorgen und einen Massenandrang verhindern sollten. Damals waren bei einer Massenpanik mehr als 350 Gläubige zu Tode getrampelt worden. Deswegen werden die Pilger nun eigentlich so geleitet, dass sich ihre Wege nicht mehr kreuzen.

Viele Politiker zeigten sich bestürzt. Aus Deutschland kondolierten Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Kremlchef Wladimir Putin sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus.

Der Hadsch gehört zu den fünf Säulen des Islam. Jeder gläubige Muslim, der gesund ist und es sich leisten kann, soll einmal in seinem Leben nach Mekka pilgern.

Immer wieder kommt es während der Wallfahrt zu Unglücken. Wenige Tage vor Beginn des diesjährigen Hadsch starben mehr als 100 Menschen, als ein Kran bei einem Unwetter auf die Große Moschee stürzte. Beim bislang schwersten Unglück in Mekka waren im Jahr 1990 bei einem Gedränge mehr als 1400 Menschen ums Leben gekommen.