Tianjin. Zahl der Toten steigt auf 139. Ermittlungen wegen Vetternwirtschaft, Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften und Nachlässigkeit.

Zwei Wochen nach dem verheerenden Explosionsunglück in der chinesischen Hafenstadt Tianjin sind 23 Verantwortliche in Haft genommen oder festgesetzt worden. Unter ihnen sind elf hohe Beamte von Behörden. Gegen sie werde wegen „Vernachlässigung ihrer Pflichten“ oder auch „Machtmissbrauchs“ ermittelt, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag. Die Zahl der bestätigten Toten durch die Explosionen in einem Gefahrgutlager im Hafen stieg auf 139. In den Trümmern werden immer noch 34 Menschen vermisst.

Gegen elf hohe Beamte des Transportministeriums, der Stadtregierung, der Aufsichtsorgane und des Hafenbetreibers ermittle der Generalstaatsanwalt. Der Zoll ist nach Angaben der Staatsagentur „nachlässig und unverantwortlich in der Aufsicht über das illegale Geschäft mit gefährlichen Chemikalien“ durch das Unternehmen Ruihai Logistik gewesen, dem das Gefahrgutlager gehörte. Es gebe den Verdacht, dass einige Verantwortliche „rechtswidrig“ Zollfreigaben ausgestellt und die illegalen Machenschaften erlaubt hätten.

Potenzielle Sicherheitsrisiken und „illegale Geschäfte“

Auch der Hafenbetreiber Tianjin Port trage Verantwortung für das Unglück, weil er nicht auf die potenziellen Sicherheitsrisiken und „illegalen Geschäfte“ reagiert habe. Zwölf Führungskräfte des Unternehmens Ruihai und der Beratungsfirma Zhongbin Haisheng wurden formell in Haft genommen. Das Sicherheitsgutachten der Berater habe die Umwandlung des nur 600 Meter von Wohnsiedlungen gelegenen Lagerhauses in ein Gefahrgutlager ermöglicht, schrieb Xinhua.

Die massiven Explosionen von Chemikalien am 12. August hatten in einem weiten Umkreis schwere Zerstörungen angerichtet. Noch immer liegen 527 Verletzte in Krankenhäusern, darunter 34 Schwerverletzte. In dem Gefahrgutlager waren rund 700 Tonnen giftiges Natriumzyanid und Hunderte Tonnen andere gefährliche Chemikalien gelagert.

Erhöhte Zyanidwerte im Wasser

Im Wasser wurden an sechs Stellen nahe des Explosionsortes übermäßige Werte von Zyanid gemessen, darunter einer, der 32-fach den Grenzwert überschritten hatte, wie Xinhua berichtete. In welchem Zeitraum gemessen wurde, blieb unklar. Außerhalb des Sperrgürtels um den Unglücksort seien keine schädlichen Luftwerte gemessen worden, versicherten die Behörden demnach weiter.

Die Untersuchungen zur Unglücksursache haben Vetternwirtschaft und Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften enthüllt. Die beiden Chefs von Ruihai, Yu Xuewei und Dong Shexuan, hätten ihre guten Beziehungen ausgenutzt, um an Genehmigungen zu kommen, berichtete die Agentur. Auch hätten sie zeitweise ohne Lizenz die Chemikalien transportiert. Dong Shexuan ist der Sohn des früheren Polizeichefs des Hafens.

Tianjin: Inferno durch Explosion im Hafen

Ein Bewohner in Tianjin hät Bilder der Zerstörung hoch
Ein Bewohner in Tianjin hät Bilder der Zerstörung hoch © dpa | Ng Kong
Tianjin: Das war ein Feuerwehrauto
Tianjin: Das war ein Feuerwehrauto © REUTERS | CHINA DAILY
Tianjin: Bewohner protestieren nach der gewaltigen Explosion in Angst vor einer Vergiftung
Tianjin: Bewohner protestieren nach der gewaltigen Explosion in Angst vor einer Vergiftung © dpa | Ng Kong
Polizisten tragen Atemmasken am Unglücksort. Am Sonnabend gab es neue Explosionen
Polizisten tragen Atemmasken am Unglücksort. Am Sonnabend gab es neue Explosionen © dpa | Wu Hong
Eine Frau schläft in einer Notunterkunft
Eine Frau schläft in einer Notunterkunft © Getty Images | ChinaFotoPress
Retter tragen ein Opfer aus der Explosionszone
Retter tragen ein Opfer aus der Explosionszone © dpa | Wu Hong
Ein Sofa inmitten von Teilen, die nach der Explosion durch die Luft geschleudert wurden
Ein Sofa inmitten von Teilen, die nach der Explosion durch die Luft geschleudert wurden © REUTERS | JASON LEE
Beten für die Opfer
Beten für die Opfer © REUTERS | JASON LEE
Retter an der Stelle der Explosion in Tianjin (China)
Retter an der Stelle der Explosion in Tianjin (China) © REUTERS | CHINA DAILY
Feuerwehrleute nehmen sich eine Pause von den Löscharbeiten
Feuerwehrleute nehmen sich eine Pause von den Löscharbeiten © REUTERS | DAMIR SAGOLJ
Ein Verletzter in einem Rettungsraum
Ein Verletzter in einem Rettungsraum © dpa | Wu Hong
Ein Bulldozer räumt am Explosionsort Schutt beiseite
Ein Bulldozer räumt am Explosionsort Schutt beiseite © REUTERS | JASON LEE
Zerstörte Autos
Zerstörte Autos © REUTERS | CHINA STRINGER NETWORK
Retter an der Unglücksstelle in Tianjin (China)
Retter an der Unglücksstelle in Tianjin (China) © REUTERS | DAMIR SAGOLJ
Ein Polizist der paramilitärischen Abteilung sichtet die Unglücksstelle
Ein Polizist der paramilitärischen Abteilung sichtet die Unglücksstelle © REUTERS | DAMIR SAGOLJ
China: Ein Verletzter in einer Notunterkunft
China: Ein Verletzter in einer Notunterkunft © dpa | Wu Hong
Rauch steigt in der Nähe des Explosionsortes auf
Rauch steigt in der Nähe des Explosionsortes auf © REUTERS | JASON LEE
Rettungskräfte nahe dem Explsionsort
Rettungskräfte nahe dem Explsionsort © REUTERS | STRINGER/CHINA
Die Detonationen geschahen im Frachthafen
Die Detonationen geschahen im Frachthafen © dpa | Yue Yuewei
Opfer liefen blutverschmiert umher
Opfer liefen blutverschmiert umher © dpa | Yue Yuewei
Ein Zelt für die Verletzten in Tianjin
Ein Zelt für die Verletzten in Tianjin © Getty Images | ChinaFotoPress
Zahlreiche Fahrzeuge und Gebäude wurden beschädigt
Zahlreiche Fahrzeuge und Gebäude wurden beschädigt © REUTERS | STRINGER/CHINA
Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot im Einsatz
Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot im Einsatz © REUTERS | STRINGER/CHINA
Das Unglück ereignete sich am späten Mittwochabend in Lagern für Gefahrengüter
Das Unglück ereignete sich am späten Mittwochabend in Lagern für Gefahrengüter © REUTERS | STRINGER/CHINA
Zunächst war von mindestens sieben Todesopfern die Rede, mittlerweile sind es Dutzende
Zunächst war von mindestens sieben Todesopfern die Rede, mittlerweile sind es Dutzende © REUTERS | CHINA STRINGER NETWORK
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Unter den festgesetzten Verantwortlichen ist der Vize-Inspekteur des Transportministeriums in Peking, der Ruihai Logistik geholfen haben soll, die Sicherheitstests zu bestehen und Genehmigungen für den Umgang mit gefährlichen Materialien zu bekommen. Ermittelt wird auch gegen den Leiter der städtischen Transportkommission, den Chef des Hafenbetreibers Tianjin Port sowie Beamte der Binhai Entwicklungszone, in der das Gefahrgutlager liegt.