Walbrzych. Zwei Finder wollen mit ihrer „Entdeckung“ in Niederschlesien vor allem Kasse machen

In Niederschlesien gibt es nicht nur die Legende von Rübezahl. Seit Jahrzehnten sind Gerüchte über Schätze und Raubgold in den Tunneln und Stollen der Bergbauregion im Umlauf. Schätze, die die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs etwa von ermordeten Juden geraubt hatten und die sie vor dem Ende des Krieges nicht mehr rechtzeitig in den Westen schaffen konnten.

Nun sorgt ein Schreiben des Anwalts Jaroslaw Chmielewski an den Gemeindevorstand von Walbrzych (Waldenburg) für Aufregung über die Region Niederschlesien hinaus. Die beiden Mandanten Chmielewskis – einer der Männer soll ein Deutscher sein – melden Ansprüche auf Finderlohn für einen angeblich von ihnen entdeckten gepanzerten deutschen Zug aus dem Zweiten Weltkrieg an. Ehe ihnen nicht zehn Prozent der angeblichen Edelmetalle und Militaria zugesichert werden, wollen sie keine näheren Angaben machen.

In Walbrzych geben sich die Behörden bedeckt: Ja, das Schreiben sei eingegangen, die Angelegenheit werde geprüft. Als völlig abwegig wird der angebliche Fund in der Bergbaustadt offenbar nicht behandelt, denn es gab bereits ein Treffen mit Vertretern von Polizei, Feuerwehr und Militär. „Wir sind bereit, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen“, sagt die Polizei.

Gemeindevorstand Jacek Cichura geht es erst einmal vorrangig um die Sicherheit der Bevölkerung. „Wenn der Zug tatsächlich existiert, ist er wahrscheinlich vermint. Er kann auch eine große Menge des Grubengases Methan enthalten“ sagte er. Medien berichteten, die Schatzsucher hätten den Zug mit Hilfe von Georadaren in der Umgebung Walbrzychs gefunden. Er soll bis zu 70 Meter unter der Erde stehen.

Gestern berichtete ein Rundfunksender von neuen Spekulationen über den Fundort – der Zug befinde sich womöglich unter einer ehemaligen Bahnstation in Walim, wo im Mai heimlich gegraben wurde. Sechs Bohrlöcher wurden auf dem Gelände entdeckt – einen Antrag auf Grabungserlaubnis habe niemand gestellt, so Bürgermeister Adam Hausman. Zeitzeugen zufolge wurde im Mai 1945 in Walim ein Konvoi gesichtet, dessen Wagen die Zeichen der Reichsbank trugen.

„Das ist ein Fund von Weltrang, vergleichbar mit der Titanic“, trumpfte Anwalt Chmielewski auf. Doch dem Juristen geht es eher um die historische Bedeutung. „Mich wundert, dass von Gold die Rede ist“, sagte er. „Niemand weiß, was im Inneren des Zuges ist. Das kann ganz gewöhnliches Industriematerial sein.“ Über seine Klienten schweigt sich der Anwalt aus. Er wisse doch eigentlich gar nichts über den Fall, versichert er: „Ich habe nur eine Rechtsberatung gegeben.“

Joanna Lamparska, niederschlesische Lokalhistorikerin, verweist darauf, dass in der Region um Walbrzych zwei Züge mit Nazi-Gold zum Ende des Zweiten Weltkriegs verschwunden sein sollen. So jedenfalls erzählt es die örtliche Legende. „Niemand konnte jemals die Existenz dieses Zuges beweisen“, warnte sie vor überhöhten Erwartungen – auch wenn ein tatsächlicher Fund eines deutschen Zuges eine „unglaubliche Entdeckung“ wäre.

Ganz neu ist Schatzsuche in den Tunneln und Schächten Niederschlesiens nicht. Nahe Walbrzych befand sich während des Zweiten Weltkriegs ein weitreichendes Tunnelsystem. Wegen der Luftangriffe in der Endphase des Krieges sollte die Industrieproduktion unter die Erde verlagert werden.

Vor Jahren machten bereits einmal Gerüchte die Runde, dass sich das legendäre Bernsteinzimmer in der Region befinden könnte, etwa in einem Tunnel mit Verbindung zum Fürstenschloss von Walbrzych. Bislang wurde nichts gefunden. Auch nun blühen wieder Spekulationen. So werden mal bis zu 300 Tonnen Gold in dem geheimnisvollen Zug vermutet, mal eine Ladung Diamanten.