Dresden . Andacht am Freitag. Annelis Entführer suchten ihr Opfer bei Facebook aus. Mörder der Gymnasiastin soll an Krebs leiden.

Wie die "Bild" berichtet, soll Annelis mutmaßlicher Mörder an Krebs erkrankt sein - womöglich unheilbar. weswegen er nichts zu verlieren gehabt habe. Die Zeitung beruft sich dabei auf Ermittlerkreise: Die Söhne von Markus B. sollen im Dezember mit den Worten "Unser Papa ist auch an Krebs erkrankt" 20 Euro an einen sächsischen Kinderkrebsverein gespendet haben.

Das Verbrechen an der 17-jährigen Unternehmertochter Anneli erschüttert die Menschen in der sächsischen Gemeinde Klipphausen. „Es herrscht das blanke Entsetzen“, sagte Pfarrer Christoph Rechenberg von der Kirchgemeinde Sora am Donnerstag. Am 29. August ist eine große Trauerfeier für die entführte und ermordete Gymnasiastin in Sora geplant. „Ich bereite sie vor“, sagte Bernd Oehler, Pfarrer der evangelischen Kirchgemeinde St. Afra in Meißen, zu der Annelis Familie gehört. Am heutigen Freitag gibt es eine Andacht.

„Wir stehen schaudernd vor dem Ungeheuerlichen, zu dem Menschen in der Lage sind“, heißt es in einem Trauer-Text neben einer Kerze in der Meißner St.-Afra-Kirche. Im Pfarrhaus gibt es einen Raum der Stille für individuelle Trauer und Fürbitten. Auch die Familie hat vor ihrem Haus eine Gedächtnisecke für Anneli eingerichtet, wo Kerzen aufgestellt, Botschaften und Andenken abgelegt werden können. Für Nachbarn, Bekannte, Mitschüler, Kollegen, aber auch Menschen ohne direkten Bezug zu Anneli sei das gewaltsame Ende ihres jungen Lebens „völlig unbegreiflich“, sagte Pfarrer Oehler.

Ermittlungen noch am Anfang

Im Fall der entführten und ermordeten 17 Jahre alten Anneli aus Sachsen stehen die Ermittlungen noch ganz am Anfang. Nach der Obduktion steht die genaue Todesursache noch nicht fest. „Es sind weitere toxikologisch-chemische Untersuchungen notwendig, die mehrere Wochen in Anspruch nehmen werden“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, Lorenz Haase, am Mittwoch.

Vom Augenschein her ist das Mädchen klar identifiziert, das DNA-Ergebnis steht aber noch aus. „Der wissenschaftliche Nachweis fehlt noch“, sagte Haase. Indes gebe es auch nach der rechtsmedizinischen Untersuchung keine Anhaltspunkte dafür, dass Anneli sexuell missbraucht wurde. In den Haftbefehlen für die 39 und 61 Jahre alten Tatverdächtigen werde zwar davon ausgegangen, dass die Gymnasiastin erdrosselt wurde. „Es kommen aber auch andere Möglichkeiten in Betracht“, erklärte Haase. Die "Bild“-Zeitung hatte zuvor unter Berufung auf den Staatsanwalt von „Strangulation mit einem Gurt“ geschrieben.

Nach tagelanger intensiver Suche war am Montagabend die Leiche gefunden worden – in einem Dreiseithof in Lampersdorf im Landkreis Meißen nahe Annelis Wohnort. Der Jüngere der Tatverdächtigen, ein gebürtiger Schwabe, hatte bis vor Kurzem mit Frau und zwei Kindern dort gewohnt.

Den Tatverdächtigen werden gemeinschaftlicher Mord und erpresserischer Menschenraub mit Todesfolge vorgeworfen. Der Ältere hatte sich zur Tat geäußert, er will das Mädchen aber nicht getötet haben. Der Jüngere, der in einem Ort nahe Bamberg in Bayern gefasst wurde, schweigt bisher.

Wie die Ermittler so schnell auf die Spur der Täter kamen

„Dilettantisch“ nennt die Polizei das Vorgehen der Entführer. Die Männer sollen die junge Frau getötet haben, als ihnen nichts anderes mehr einfiel. Weil sie viele Spuren hinterlassen haben, gerieten sie danach schnell ins Visier der Ermittler.

Den Durchbruch hat eine DNA-Spur am Fundort des Fahrrades der entführten Anneli gebracht. Das hatten die Täter zurückgelassen, als sie die Gymnasiastin am vergangenen Donnerstag in ihr Auto zerrten. Hätten sie das nicht getan, wäre der Tatort nicht bekannt gewesen, wäre die Spurensuche wohl erheblich schwieriger geworden, erklärte Peter Guld vom Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Ein Abgleich der gefundenen Spuren mit den Datenbanken der Polizei ergab schließlich einen Treffer: Die DNA des 39-Jährigen war gespeichert. „Wir hatten ab Sonntag, 11.18 Uhr, einen potenziellen Tatverdächtigen“, sagte Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll. In vielen Fällen dauert solch ein Abgleich recht lange. Geht es wie bei Anneli um Leben und Tod, bekommt die Auswertung aber Priorität.

Als die Ermittler erst einmal wussten, nach wem sie suchen müssen, wurden sie sehr schnell fündig. Das Handy des 39-Jährigen wurde vier Stunden später in Bayern geortet. Außerdem kam die Polizei durch die Auswertung der Daten und Observationen dem zweiten Täter auf die Spur, dem 61-Jährigen aus Dresden. Beide wurden festgenommen, einer gab später den entscheidenden Hinweis, wo Annelis Leiche zu finden ist.

Der Jüngere war für die Polizei kein Unbekannter. Wegen Ermittlungen wegen Brandstiftung, Versicherungsbetrug und auch wegen eines Sexualdelikts war er aktenkundig.

Die Entführer sind nicht zufällig auf Anneli gekommen, was bei einer Entführung nach Auskunft von Experten aber auch ungewöhnlich wäre. „Wir wissen auch, dass täterseitig die Möglichkeit genutzt wurde, sich über Facebook anzuschauen, wen man denn da so vor sich hat“, sagte Polizeichef Kroll. Was genau die Entführer in dem Netzwerk über ihr Opfer erfahren haben, ließ er offen.