Dresden. Zwei Verdächtige festgenommen. Über Facebook hatten sie sich vor der Tat über die Gymnasiastin informiert

Jetzt ist es traurige Gewissheit: Die 17 Jahre alte Anneli-Marie aus Sachsen wurde von ihren Entführern getötet. Wie Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll am Dienstag mitteilte, handele es sich bei der am Montagabend auf einem Hof bei Meißen gefundenen Leiche um die seit Donnerstag vermisste Gymnasiastin. „Alle Hoffnungen und Gebete haben sich nicht erfüllt“, sagte er. „Sie wurde das Opfer eines Tötungsverbrechens.“ Zur Todesursache äußerte er sich noch nicht. Das abschließende rechtsmedizinische Gutachten stehe noch aus.

Der Tat verdächtigt werden zwei Männer im Alter von 61 und 39 Jahren, die am Montag in Dresden und in einem Ort nahe dem bayerischen Bamberg festgenommen worden waren. Der in Dresden festgenommene 61-Jährige habe ein Teilgeständnis abgelegt und schließlich auch den Hinweis auf den Fundort der Leiche gegeben. Laut „Bild“ soll der eine Täter Edelmetallhändler sein, der in Bayern wohnhafte Mann ein arbeitsloser Koch. Ihnen werden gemeinschaftlicher Mord und erpresserischer Menschenraub mit Todesfolge vorgeworfen. Die Verdächtigen wurden dem Haftrichter vorgeführt. Gegen einen sei der Haftbefehl bereits ergangen, beim zweiten werde dies zweifellos ebenso erfolgen, hieß es.

Zu den beiden Entführern hatte es mehrfach Kontakte gegeben

Hinweise auf ein Sexualdelikt liegen nicht vor. Oberstaatsanwalt Erich Wenzlich sprach von einem „Verdeckungsmord“, da die Täter bei der Entführung nicht maskiert gewesen seien und deshalb befürchtet hätten, wiedererkannt zu werden. Vermutlich hätten die Männer den Teenager schon am Freitag, einen Tag nach der Entführung, getötet. Klar ist auch, dass die Entführer ihr Opfer nicht zufällig ausgewählt hatten. Mindestens einer der beiden habe die junge Frau vermutlich vom Sehen gekannt, sagten die Ermittler. Außerdem hätten sie sich vor der Entführung bei Facebook über ihr Opfer informiert. Ihr Motiv sei sicher auch Habgier gewesen, sagte Staatsanwalt Erich Wenzlick.

Die Ermittler gehen von eher schlecht vorbereiteten Tätern aus. Es sei davon auszugehen, dass die beiden Männer nach den ersten Kontakten zur Familie der 17-Jährigen nicht weitergewusst hätten. Nach Erkenntnissen der Polizei lauerten die Männer der Gymnasiastin auf, als sie am Donnerstagabend den Hund der Familie mit dem Fahrrad ausführen wollte. Sie brachten Anneli in ihre Gewalt und verfrachteten sie in ein Auto.

Mit dem Handy des Mädchens hätten sie dann unmittelbar den Vater über die Entführung informiert und 1,2 Millionen Euro Lösegeld verlangt. Im Hintergrund habe der Vater seine Tochter schreien gehört. „Dabei handelte es sich vermutlich um das letzte Lebenszeichen“, sagte Kroll. Mehrfach habe es danach Kontakt zu den Entführern gegeben. So wurde in einem Anruf gedroht, dass die Familie Anneli nicht wiedersehen werde, wenn sie das Geld nicht bezahle. Eine für Freitagmittag geforderte Lösegeldübergabe mittels Onlinetransfer scheiterte an technischen Hürden. „Das ist eine Sache der Unmöglichkeit in dieser Höhe“, sagte Kroll.

An der Suche nach der Unternehmerstochter waren 1200 Beamte beteiligt. Sie durchsuchten Gebäude im Gebiet Klipphausen südlich von Meißen. Neben den zahlreichen Beamten waren auch ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera und Hunde im Einsatz. Aus der Bevölkerung hatte es zudem 50 Hinweise gegeben.

In einem offenen Brief hatten die Eltern am Wochenende den vermuteten Entführern noch versichert, „dass wir die angezeigten Forderungen erfüllen werden, um unser Kind bald in die Arme nehmen zu können“. Nach Angaben der Ermittler hatte dies aber keinen Einfluss mehr auf den tragischen Verlauf. Es habe keine Chance gegeben, sie zu der Zeit noch lebend zu finden. Der Hund war unversehrt gefunden worden.

Ein Tatverdächtiger ist wegen Brandstiftung und Betrug aktenkundig

Auf die Spur der Täter hätten auch DNA-Spuren des 39-Jährigen unter anderem an dem Fahrrad des Mädchens geführt. Der Mann sei bereits aufgrund anderer Delikte in einer Datenbank erfasst. Er sei außerdem wegen Brandstiftung und Versicherungsbetrugs aktenkundig. Das Sexualdelikt liege dabei länger zurück als die anderen Delikte. Rechtskräftig verurteilt sei er nicht.

Im Fall Anneli ist die Arbeit für die Fahnder noch nicht vorbei. „Die Ermittlungen beginnen jetzt erst richtig“, sagte Kroll am Dienstag in Dresden.