Offenbach. Wetterkapriolen bei uns. In anderen Teilen der Welt wächst die Angst vor Klima-Phänomen

Schauer und Gewitter haben Deutschland erst einmal kräftig heruntergekühlt – die große Hitze könnte aber noch einmal zurückkommen. „Eine neue Hitzewelle ist denkbar“, sagte gestern Meteorologe Simon Trippler vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. In den kommenden Tagen erwartet der DWD zwar erst mal Gewitter an vielen Orten in Deutschland. Ende August, Anfang September könnten aber erneut Höchstwerte von mehr als 30 Grad erreicht werden.

Außergewöhnlich wäre das nicht: So wurden am 20. August 1974 in Dresden schon einmal 39,8 Grad gemessen. „Selbst wenn solche hohen Temperaturen diesmal nicht auf dem Zettel stehen, werden wir uns wahrscheinlich im Bereich der heißen Tage bewegen“, sagte Trippler. Im September könnte ebenfalls die 30-Grad-Marke geknackt werden.

Die Gewitter brachten in Deutschland in den vergangenen Tagen etwa zehn Grad niedrigere Temperaturen und dazu Unfälle und schwere Schäden etwa durch Blitzeinschläge.

Auch in vielen Teilen Italiens vermiesten Sturm und Gewitter Feriengästen das Wochenende. In Polen verursachte ein Gewittersturm in der Nacht zu gestern schwere Schäden, riss Bäume um und deckte Dächer ab.

Rund 130.000 Haushalte waren vorübergehend ohne Strom. Im Großraum Stuttgart regnete es so stark wie in den vergangenen fünf bis zehn Jahren nicht mehr. Allein in einer Stunde fiel mehr Regen als sonst im ganzen Monat.

In Sachsen überschlug sich auf der A4 bei Zwickau ein Auto wegen Aquaplanings: ein 47-Jähriger starb, seine Frau, 43, und seine Tochter, 17, wurden als Mitfahrer schwer verletzt. In mehreren Bundesländern setzten Blitze Dächer in Brand. Eine Frau wurde in Laupheim (Baden-Württemberg) durch einen Stromschlag verletzt.

Am gestrigen Sonntag setzte sich der Regen in vielen Teilen Deutschlands fort. Dennoch sei der Wasserbedarf nach der langen Trockenheit weiter hoch, sagte ein DWD-Meteorologe in München: „Das Niederschlagsdefizit kann so schnell nicht ausgeglichen werden.“

Doch nicht nur wir in Deutschland müssen Wetterkapriolen ertragen. Höhere Temperaturen im Pazifik sorgen in Südostasien für Dürren und Waldbrände. Experten warnen: Es könnte noch schlimmer werden als in der verheerenden Saison 1997/1998. Denn bereits Millionen tote Krabben bedecken Strände in Kalifornien. Ausgemergelte Seelöwenbabys stranden dort in großer Zahl. In Indonesien brennen Tropenwälder. Experten machen dafür das Klimaphänomen El Niño verantwortlich – die Erwärmung des Oberflächenwassers im tropischen Pazifik. Das passiert alle paar Jahre und bringt Wind und Wetter in weiten Teilen der Erde massiv durcheinander. Dieses Mal sind die Prognosen besonders alarmierend.

„Wir rechnen mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit, dass El Niño in diesem Jahr stärker wird als 1997/1998“, warnt Hilda Carr vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (EZMW). Schon die damaligen Ereignisse galten als folgenschwerster El Niño in 100 Jahren. Die Bilanz: Massive Ernteausfälle, 33 Milliarden Dollar Schaden weltweit und 23.000 Todesfälle durch Katastrophen. Zu allem Überfluss fiel die Dürre auch noch mit der Finanzkrise in Asien zusammen. Nahrungsmittelknappheit stürzte Millionen Menschen ins Elend.

El Niño stellt die gewöhnlich vorherrschenden Wetterbedingungen im äquatornahen Pazifik auf den Kopf. Winde treiben die feuchte Luft nicht wie sonst nach Australien und Südostasien, sondern vermehrt nach Osten – an die amerikanische Westküste.

Eine Hiobsbotschaft ist El Niño aber vor allem für die Tropenwälder. Die Gefahr ist groß, dass ab September, Oktober unkontrollierte Brände Millionen Hektar Naturwald auf Sumatra und Borneo vernichten.