Schwanebeck/Potsdam. Kleintransporter fährt auf der A 10 Richtung Hamburg auf einen Sattelzug

Esteban Engel

Ein schrecklicher Unfall im Wochenendverkehr: Ein Kleintransporter mit acht Bulgaren prallt im Norden von Berlin auf der Autobahn A 10 ungebremst an einem Stauende auf einen Sattelschlepper. Drei Männer und drei Frauen sind auf der Stelle tot. Der Fahrer und ein weiterer Reisender überleben schwer verletzt. Sie werden mit Hubschraubern in Spezialkliniken geflogen und noch am Abend operiert. Ihr Leben hängt an einem seidenen Faden.

Vielleicht war der Fahrer abgelenkt,auch ein technischer Defekt ist möglich

Ein erschütterndes Bild bietet sich den Rettungskräften, als sie am Nachmittag in der prallen Sonne auf dem Autobahndreieck Barnim anrücken. Der vordere Teil des Kleintransporters ist völlig zerfetzt und hat sich fast bis zur Hälfte unter den Lastwagen geschoben. Bis zur Unkenntlichkeit verformte Fahrzeugteile und Habseligkeiten der Insassen liegen verstreut auf der Fahrbahn. Später werden die Feuerwehrleute die Taschen und Kleider der Opfer einsammeln und in große Plastiksäcke packen.

Der Fahrer überlebt den Unfall möglicherweise, weil er den Wagen nicht ganz frontal auf das Heck des Lkw fahren lässt, sondern das Steuer wohl in letzter Sekunde noch herumreißt. Doch die Reaktion kommt zu spät. Der Transporter verkeilt sich im linken Ende des Sattelschleppers aus dem Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt. Viel mehr kann die Autobahnpolizei am Abend zu dem Unglück aber nicht sagen. Vielleicht war der Fahrer abgelenkt oder müde, auch ein technischer Defekt ist möglich.

Eins aber ist gewiss: „2,5 Kilometer vor der Unfallstelle auf Berliner Territorium hat es in einem Baustellenbereich des nördlichen Berliner Rings einen Liegenbleiber gegeben. Deshalb hat sich ein Rückstau gebildet“, sagt Thomas Nöring, Leiter der Autobahnpolizei der Polizeidirektion Ost. Sachverständige sollen die Ursache klären.

Nur eine Stunde später kommt es am Ende der kilometerlangen Autoschlange, die sich hinter der Unfallstelle gebildet hat, zu einem weiteren Auffahrunfall mit vier Fahrzeugen. Die Feuerwehr bringt zwei weitere Schwerverletzte in Krankenhäuser.

Wer genau im Kleinbus unterwegs war, konnte die Polizei wenige Stunden nach dem Unglück nicht sagen. Es könnte sich um Arbeiter, Erntehelfer oder Touristen handeln. Spekulationen, wonach eine der toten Frauen schwanger gewesen sein soll, kann der Leiter der Autobahnpolizei am Abend nicht bestätigen.

In Deutschland leben seit Jahren viele Bulgaren. Seit 2014 können sie ohne Einschränkungen in Deutschland arbeiten. Sieben Jahre nach dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien zur Europäischen Union (EU) gilt für sie die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das Statistische Bundesamt rechnete zu Jahresbeginn deshalb mit einem verstärkten Zuzug. Besonders viele Ostdeutsche, die zu DDR-Zeiten gerne Urlaub an der bulgarischen Schwarzmeerküste gemacht haben, werden von dem Unfall berührt sein.