Hamburg . Utta Danella starb schon im Juli, wie erst jetzt bekannt wurde. Sie war eine der erfolgreichsten deutschen Schriftstellerinnen

„Ich habe noch nie ein Buch von Rosamunde Pilcher gelesen, geschweige denn einen Film von ihr gesehen“, sagte Utta Danella 2002 in einem Interview. „Ich weiß gar nicht, was die Deutschen immer mit ihr wollen, die schreibt doch, wie ich gehört habe, reinen Herzschmerz. Deshalb finde ich den Vergleich mit ihr eine Unverschämtheit!“ Doch genau wie Rosamunde Pilcher hat auch Utta Danella ihre Karriere auf Liebe, Herzschmerz und Kitsch aufgebaut.

Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Utta Danella, die eigentlich Utta Denneler hieß, Anfang Juli im Alter von 95 Jahren in München gestorben.

43 Romane hatte sie geschrieben mit Titeln wie „Vergiss, wenn du lieben willst“, „Morgen ist die Ewigkeit“ oder „Das Familiengeheimnis“. Mehr als 70 Millionen ihrer Bücher wurden weltweit verkauft, so wurde sie zu einer der kommerziell erfolgreichsten deutschen Schrift­stellerin­nen des 20. Jahrhunderts. Mehr als 30 ihrer Romane wurden fürs Fernsehen verfilmt, als gefühlvolle Melodramen und dramatische Liebesgeschichten.

Bereits im Alter von 14 Jahren schrieb sie heimlich ihren ersten Roman

Wenn „Plötzlich ist es Liebe“, „Liebe im September“, „Wachgeküsst“ oder „Sturm am Ehehimmel“ im Fernsehen liefen, wollten sehr viele Zuschauer dabei sein. „Die Psychologie muss stimmen“, sagte sie über ihr Erfolgsrezept. „Bei mir reden die Menschen, wie sie wirklich reden. Landschaften spielen eine große Rolle – ich liebe Holstein, Sylt, die Hamburger Gegend.“ Bereits mit 14 Jahren hatte sie heimlich ihren ersten Roman fertig. Nach dem Abitur in Berlin besuchte sie ein paar Vorlesungen, musste das Studium allerdings aus Geldmangel aufgeben und schrieb für Radio und Zeitungen Artikel. Ihr erstes Buch („Alle Sterne vom Himmel“) hatte 1000 Seiten. Damit es erscheinen konnte, verlangte der Verleger von ihr, ihn um die Hälfte zu kürzen. Der Durchbruch kam 1960 für die 34-Jährige mit ihrem vierten Roman „Stella Termogen oder die Versuchungen der Jahre“, der als „Schicksalsroman“ bezeichneten Lebensgeschichte einer zwischen den Weltkriegen geborenen Frau, die heftig um ihr Glück im Leben kämpfen muss. 100.000 Exemplare verkauften sich in Rekordzeit.

In Danellas Romanen „verfallen“ Männer jungen Frauen, werden „scheue Mädchen“ einem Wechselbad der Gefühle unterworfen oder treibt Einsamkeit zwei (noch) Unwissende aufeinander zu. Mit ihren Geschichten voller Liebe und Schmerz, gepaart mit jeder Menge Drama, prägte Danella jahrzehntelang die deutsche Unterhaltungsliteratur, deren andere erfolgreiche Vertreter Johannes Mario Simmel, Heinz Konsalik und Sandra Paretti hießen. Dank zahlreicher Sonderausgaben beläuft sich die tatsächliche Werkanzahl der Starautorin auf über 230 Pu­blikationen.

Danella galt als „Königin der Gefühle“. Für manche Leser schrieb sie schlichtweg Kitsch, „Schmonzetten“. Andere nahmen ihre Bücher zur Hand, wenn sie schöne Stunden verbringen und auf ein Happy End hoffen wollten. Danella selbst bezeichnete Erich Kästner („Emil und die Detektive“) als ihren größten Lehrmeister. Ihr Lieblingsautor war Erich Maria Remarque („Im Westen nichts Neues“). Neben Unterhaltungsromanen verfasste Utta Danella auch Erzählungen sowie Sachbücher und Kinder- und Jugendbücher. Auch übersetzte sie ins Deutsche, so Romane der US-Autorinnen Margaret Bell Houston und Gwen Bristow.

Mindestens ein Jahr lang schrieb sie an jedem Roman, in dessen Handlung sie jeweils einen zeitgeschichtlichen Hintergrund einbettete. Sehr häufig war das der Zweite Weltkrieg, die Zeit zwischen den Kriegen, auch die Studentenbewegung. Die Romane spielen auf der Flucht, auf dem Land, unter Adligen, Fabrikanten, Künstlern. Ein plötzlicher Tod zerbricht Familien. Freundschaften enden enttäuschend, alles nur denkbare Schicksalhafte entfaltet sich in ihren Romanen mit großer Wucht, führt dazu, dass die Protagonisten an ihren Aufgaben beinahe zu zerbrechen drohen. Aber eben nur beinahe. Denn sie sind stark, wollen nicht untergehen und gewinnen schließlich.

Utta Danella konnte auf eine eiserne Disziplin zurückgreifen, von der sie durch nichts abzubringen war. Sie war Preußin, Berlinerin, obwohl in Leipzig geboren: „Wenn ich arbeite, bin ich der einsamste Mensch unter Gottes Sonne“, sagte sie. Neben dieser Disziplin galt für sie aber auch: „Schreiben ist für mich Freiheit.“ Mit dem Schreiben fing sie „immer erst ab 17 Uhr an, da bin ich am muntersten“.

Liebhaber hatte sie „sehr viele“, „bei 25 hab ich aufgehört zu zählen“

Überhaupt führte sie ein munteres Leben. „Wenn ich alles schreiben wollte, was ich erlebt habe, wären das allein schon 20 Romane“, sagte sie. Bis 1970 war sie fast 20 Jahre lang verheiratet. Mit ihrem Mann war sie nach München gezogen, die Rolle der treu sorgenden Ehefrau lag ihr jedoch nie.

Ihren ersten Roman tippte sie heimlich auf dem Dachboden, denn sie wollte sich vor ihrem Mann nicht bloßstellen. Kinder wollte sie nicht: „Ich bin in der Nazizeit aufgewachsen, wo es fast Pflicht war, Kinder zu gebären. Da beschloss ich: Mit mir nicht!“ Auf die Frage „Bedauern Sie es, keine Enkel zu haben?“ antwortete sie: „Um Gottes Willen! Enkel will ich erst recht keine.“

Liebhaber hatte sie „sehr viele, bei 25 hab’ ich aufgehört zu zählen“. Die große Liebe hat sie aber nur einmal erlebt. Im Alter ging sie mit Männern nur noch ins Theater oder in die Oper. „Es gibt einen Freund, aber ich brauche den nicht immer. Ich sitze jetzt hier in meinem Sessel, die Sonne scheint – und da ist kein Mann, der mir dazwischenquatscht. Herrlich!“, sagte sie. Utta Danella war weitaus pragmatischer als ihre Heldinnen. Sie war kein Herzchen, sie war eine Karrierefrau.