Jeffreys Bay. Raubfisch verfing sich während des Wettbewerbs in der Fußleine. Australier schrie und trat um sich, blieb unverletzt

Die Szene dauert nur wenige Sekunden, und doch stockt Zuschauern der Atem – so gefährlich nah kommt der Hai dem Surfer Mick Fanning. Der 34-jährige Fanning wirft gerade noch einen Blick über die linke Schulter, als direkt hinter ihm eine große Haiflosse aus dem Wasser taucht. Fanning befindet sich im Finale eines internationalen Wettbewerbs der World Surf League (WSL) vor der Küste Südafrikas. Vor dem Fernsehgerät erlebt seine Mutter diese Schrecksekunden live mit.

In einem Internetvideo ist zu sehen, wie sich der Australier der Länge nach auf sein Surfbrett drückt und verzweifelt versucht, mit den Füßen paddelnd dem Raubfisch zu entkommen. Doch schon kurz danach wird er zurück ins Meer geworfen, dann verdeckt eine Welle die Sicht auf ihn. Als er wieder zu sehen ist, krault er ohne sein Surfbrett davon, blickt sich immer wieder um und winkt einem der Jetskis zu, die ihm zur Hilfe eilen und ihn schließlich an Bord nehmen.

Wenig später erzählt er einem Reporter, wie er die Haibegegnung erlebt hat: „Der Hai verfing sich in meiner Fußleine. Ich schrie und trat um mich. Ich habe nur die Rückenflosse gesehen. Ich rechnete damit, dass er mich beißen würde und schlug auf seinen Rücken ein.“

Ob er die Zähne des Hais gesehen habe, will der Interviewer wissen. „Ich habe nur seine Rückenflosse gesehen“, antwortet Fanning noch außer Atem. Er habe dem Hai auf den Rücken geschlagen, berichtet er und lacht kurz. Und schüttelt nur Sekunden später ungläubig den Kopf. Es sieht aus, als könne er selbst noch nicht wirklich fassen, was ihm da widerfahren ist.

Vermutlich war es einfach Glück im Unglück, dass der Australier sich an diesem Wettkampftag nicht allein auf dem Wasser, sondern mitten in dem Wettstreit befand. Kaum eine halbe Minute verging zwischen dem Auftauchen des Raubfischs und dem Eintreffen der Helfer, die den Profi in Sicherheit brachten.

Fannings Mutter Elizabeth Os­borne war zu Hause, als der Wettbewerb im Fernsehen lief, wie sie dem australischen Sender ABC berichtete. „Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Ich dachte, wir haben ihn verloren.“

Sie habe sofort an ihren anderen Sohn Sean denken müssen, der vor fast 17 Jahren bei einem Autounfall gestorben sei.

Jedes Jahr gibt es in Südafrika durchschnittlich sechs Hai-Angriffe auf Menschen, wie die Naturschutz- und Forschungsorganisation Sharks Board vor einiger Zeit berichtete. Neben Südafrika fanden die häufigsten Hai-Attacken nach Zählung des Naturkundemuseums in den USA (Florida, Kalifornien und South Carolina) sowie in Australien statt.

Mick Fanning jedenfalls dürfte der Zwischenfall nicht davon abhalten, wieder aufs Surfbrett zu steigen, zitierte ABC dessen Manager Ronnie Blakey. Auch wenn der Angriff den Profi erschüttert habe, sei dieser insgesamt gesehen in einer großartigen Position, seinen vierten Weltmeister-Titel in Angriff zu nehmen, sagte Blakey.

Die World Surf League ließ es nach dem Hai-Angriff übrigens ruhiger angehen. Sie brach den Wettkampf ab. Fanning und sein Konkurrent Julian Wilson bekamen beide die gleiche Punktanzahl für die Rangliste.