Reichertshofen. Erneut wurde eine Flüchtlingsunterkunft angegriffen. Diesmal in Bayern. Zuvor hatte es Proteste gegen die Unterbringung gegeben.

Unbekannte haben in Bayern einen Brandanschlag auf eine künftige Asylbewerberunterkunft verübt. An zwei Eingängen des noch leerstehenden Gebäudekomplexes in Reichertshofen im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm wurde in der Nacht zum Donnerstag vorsätzlich Feuer gelegt. „Ein fremdenfeindlicher Hintergrund ist nicht auszuschließen“, sagte Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer. Es habe in der Vergangenheit Proteste in dem Ort gegen die Unterbringung von Asylbewerbern gegeben.

Trotz des Brandanschlags die Flüchtlinge wie geplant in das Heim einziehen. „Das soll ein Signal an die Täter sein“, sagte der Landrat des Kreises Pfaffenhofen, Martin Wolf (CSU), am Donnerstag. Wenn die Renovierung länger dauere, werde sich der Einzugstermin verschieben, sagte Wolf. Im Hauptgebäude gebe es nach dem Feuer aber nur Rauch- und Rußschäden, die leicht zu beseitigen seien.

Der oberbayerische Regierungspräsident Christoph Hillenbrand betonte, die ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen müsse weitergehen. „Sie ist wichtiger denn je.“ Der Bürgermeister von Reichertshofen, Michael Franken, hofft, „dass ein Ruck durch den Ort geht nach dem Motto: Jetzt erst recht“.

Polizei hat noch keine Spur

Um 2.50 Uhr schlug ein Nachbar Alarm, weil er das Feuer entdeckt hatte. Der Gastraum eines früheren Landgasthofs brannte völlig aus, der Sachschaden beträgt mindestens 150.000 Euro. Das angrenzende Wohnhaus, in dem ab September Flüchtlinge untergebracht werden sollten, wurde weniger stark beschädigt. Schmierereien wurden nicht gefunden.

Von den mutmaßlichen Brandstiftern fehlte nach Polizeiangaben zunächst jede Spur. Eine Sonderkommission wurde gegründet.

67 Asylbewerber sollten laut Polizei in der Unterkunft eine Bleibe finden. Der Polizeisprecher sagte, ursprünglich hätten mehr als 100 Asylbewerber dort einziehen sollen. Die Zahl sei aber dann reduziert worden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Rande der Landtagssitzung in München: „Wenn es zwei Brandherde gibt, ist das ein deutlicher Hinweis auf Brandstiftung.“

Erst am Mittwoch war bekanntgeworden, dass am Wochenende auf ein Flüchtlingsheim in Böhlen bei Leipzig geschossen worden ist - gleich in zwei Nächten hintereinander. Vor etwas mehr als einem halben Jahr hatten im mittelfränkischen Vorra zwei geplante Flüchtlingsunterkünfte gebrannt. Auch in anderen Teilen Deutschlands gab es Vorfälle dieser Art.

Amnesty International fordert besseren Schutz für Flüchtlinge

Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Caliskan, äußerte sich empört. Der Anstieg rassistisch motivierter Gewalt müsse ein Weckruf für die Politik sein, sich rassistischen Ressentiments klar entgegenzustellen. Es sei beschämend, wenn sich Politiker „in einem reichen Land wie Deutschland auf eine angebliche Überforderung berufen, statt ihrer Pflicht nachzukommen und Flüchtlinge zu schützen“.

Politiker von Linken und Grünen kritisierten die bayerische Staatsregierung. „Verbales Zündeln ist Brandbeschleuniger“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn, in Berlin. „Man muss schon sehr blauäugig sein, wenn man meint, dass dieser unerträgliche Populismus rechtsaußen nicht als Aufruf zum Handeln verstanden wird.“