Mexiko-Stadt. Die Methoden der Gangster: durch einen Tunnel, mit Laken oder einem Panzerspähwagen

Ein Motorrad auf Schienen bringt die Erde weg aus dem Tunnel unter dem Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano. Als das unterirdische Bauwerk fertig ist, kann der mexikanische Drogenbaron Joaquín Guzmán, genannt „El Chapo“, einfach hinausspazieren. Und seine Wärter gucken im wahrsten Sinne des Wortes in die Röhre. Wie bei Guzmáns Flucht sind manchmal Schaufeln und Geduld gefragt, manchmal helfen aber auch ausgeklügelte Pläne, brachiale Gewalt oder einfach Raffinesse.

Ein wegen Bandendiebstahls einsitzender Mann kratzt im August 2004 in der als besonders sicher geltenden JVA Mannheim mit seinem Essbesteck den Mörtel von der Zellenwand und stemmt einen Stein aus der Mauer. Aus seinem Bettgestell baut er sich eine Leiter – und weg ist er.

Filmreif ist im Mai 2014 auch die Flucht von zwei Insassen des Gefängnisses Berlin-Moabit. Nachdem sie Gitterstäbe durchgesägt haben, seilen sie sich mit Hilfe von Bettlaken und Handtüchern ab, überwinden eine meterhohe Mauer sowie einen Drahtzaun und suchen das Weite. „Wenn ich es nicht selber gesehen hätte, ich hätte es gar nicht geglaubt“, staunt Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) über den „sehr klugen Plan“ der „sehr sportlichen und begabten“ Männer.

„Frechheit siegt“, denkt sich wohl im Mai 2013 ein Dieb im Dresdner Gefängnis und verschwindet: Er gibt sich als ähnlich aussehender Zellennachbar aus, der entlassen werden soll – und geht unter den Augen des Wachpersonals aus dem Tor. Nur wenige Tage später zeigt ein Häftling am Tor der JVA Bochum einfach eine Besuchermarke vor und spaziert seelenruhig hinaus.

Ein Zettel mit einem Smiley und dem Gruß „Habt einen schönen Tag“ ist alles, was Wärter im Gefängnis Dannemora im US-Bundesstaat New York in der Zelle zweier Mörder finden. Mit Werkzeug, das nicht aus der Gefängniswerkstatt kommt, sägen und bohren sie sich im Juni 2015 den Weg in die Freiheit. Später wird ein Wärter festgenommen, der ihnen Tiefkühlhack gebracht hat – mit Sägeblättern darin.

Mit brachialer Gewalt wird im Juli 2013 ein Gangster der „Pink Panther“-Juwelenräuberbande in der Schweiz befreit. Komplizen des Mannes durchbrechen mit Autos die Umzäunung der Strafanstalt Orbe bei Lausanne, klettern mit Leitern über den letzten Sicherheitszaun und schießen mit Maschinenpistolen um sich. „Es handelt sich eher um einen Einmarsch als um einen Ausbruch“, sagt Béatrice Métraux von der Regierung des Kantons Waadt. Verletzt wird bei der spektakulären Aktion niemand. Das geschockte Gefängnispersonal muss allerdings psychologisch betreut werden.

Ähnlich martialisch verläuft im Oktober 2007 die Flucht von Belgiens „Ausbrecherkönig“ Nordin Benallal. „Die sahen aus wie die Jungs vom Spezialkommando der französischen Polizei“, beschreibt der Chef einer Helikopterfirma bei Brüssel die schwer bewaffneten und mit kugelsicheren Westen ausgerüsteten Männer. Sie zwingen einen Piloten, zum Gefängnis zu fliegen. Als der Hubschrauber dort während des Hofgangs zur Landung ansetzt, hängen sich aber Häftlinge an die Kufen und bringen ihn zum Absturz. In dem Chaos nehmen Benallal und ein Komplize zwei Wächter als Geiseln und entkommen.

Ein gestohlener 18 Tonnen schwerer Panzerspähwagen walzt im April 1993 während des Hofgangs im hessischen Schwalmstadt vier eiserne Pforten des Gefängnisses einfach platt, bevor das Fahrzeug in den Hof rollt. Ein dreifacher Mörder springt auf den Panzer – und schon geht es rückwärts vom Gelände. Das äußere Gefängnistor „knickt wie ein Streichholz ein“, sagt der stellvertretende JVA-Leiter damals.