London. Zehntausende mussten auf Busse und Züge umsteigen. Grund des Streiks: Ab September sollen fünf Linien auch am Wochenende nachts fahren.

Ein Streik bei der U-Bahn hat in der Metropole London für ein Verkehrschaos gesorgt. Zehntausende waren am Donnerstag auf Busse, Züge und die Stadtbahn Overground angewiesen, weil die 270 Stationen der „Tube“ geschlossen blieben. Vor allem in der Rushhour waren die Schlangen an Bushaltestellen lang und die Bahnsteige überfüllt. Zusätzlich verschärfte die Lage ein weiterer Streik beim Schnellzug-Betreiber First Great Western.

Bei schönem Wetter kündigten daher viele Londoner in sozialen Netzwerken an, zu Fuß zu gehen oder das Rad zu nehmen. Andere klagten über Probleme, ein freies Taxi zu finden. Auch die Straßen waren noch verstopfter als sonst. „Wir haben gerade für 300 Meter etwa 20 Minuten gebraucht“, sagte ein Tourist aus Berlin, der mit seiner Frau in einem roten Doppeldeckerbus unterwegs war. „Nur noch jeder dritte oder vierte Bus nimmt überhaupt noch jemanden mit.“

Seit Mittwochabend streikten vier Gewerkschaften, der Ausstand soll 24 Stunden dauern und am Donnerstagabend enden. Schon am frühen Mittwochabend waren viele Bahnen überfüllt gewesen, weil die Menschen es vor Beginn des Streiks noch nach Hause schaffen wollten. Die Nahverkehrsgesellschaft Transport for London (TfL) rechnete auch für Freitagmorgen noch mit Störungen.

U-Bahnen fuhren nicht mal im Notverkehr

Anders als bei den meisten Streiks fuhren die U-Bahnen nicht einmal im Notverkehr, sondern waren komplett lahmgelegt. Um das Chaos so klein wie möglich zu halten, waren 200 zusätzliche Busse unterwegs. Die Londoner U-Bahn, die 1863 eröffnet wurde und damit die älteste der Welt ist, bereitet Pendlern oft Probleme, etwa mit Signalstörungen. Pro Tag zählt der Betreiber bis zu vier Millionen Fahrten von Londonern und Touristen.

Grund für den aktuellen Tarifkonflikt ist, dass die Angestellten der „Tube“ ab Mitte September auf fünf von elf Linien am Wochenende auch nachts arbeiten sollen. Sie wollen dafür besser bezahlt werden, es geht ihnen aber nach eigenen Angaben auch um Arbeitszeitregelungen. Bisher müssen Nachtschwärmer in London den Bus nehmen. Londons Bürgermeister Boris Johnson nährte am Donnerstag Zweifel am pünktlichen Start der Nachtlinien: „Ich bin nicht so besessen von dem Datum“, sagte er. „Wir werden das diesen Herbst hinkriegen.“

Die britische Regierung, Bürgermeister Johnson und der Betreiber der London Underground (LU) haben den Streik als ungerechtfertigt und unnötig bezeichnet. LU-Chef Mike Brown sagte, das Unternehmen habe „alle Kraft aufgeboten“, um ein faires Angebot zu machen. Niemand müsse mehr arbeiten als vorher. Nach einer Übergangszeit könnten sich die Fahrer aussuchen, ob sie nachts arbeiten wollten. Zudem habe man eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich zwei Prozent und einen Bonus angeboten. Am Freitag soll weiter verhandelt werden.

Auch im Londoner Vorort Wimbledon, wo derzeit die Wimbledon Championships stattfinden, ging es am Donnerstag anders zu als sonst: Wo sich sonst schon früh am Morgen lange Schlangen vor den Sicherheitskontrollen gebildet hatten, konnten Tennisfans am Vormittag ohne zu warten die Zuschauerränge ansteuern. Sie hätten zwei Stunden von der Innenstadt zum Turnier gebraucht, sagten Fans der Nachrichtenagentur PA. (dpa)