Berlin. Heute beginnt der Queen-Besuch. Anstrengendes Programm mit Visite in Bergen-Belsen

Sie trägt Dauerwelle, mag Hunde, liebt gelbe Rosen und trinkt vor dem Zubettgehen gerne mal einen Martini. Allüren? Fehlanzeige. Und auch als Berlin-Besucherin macht „Her Majesty“ nichts Exzentrisches, sondern das, was auch viele andere gerne machen: eine Bootsfahrt auf der Spree und später ein bisschen Small Talk auf der Gartenparty eines guten Bekannten. Bereits heute Abend kommt die Queen zusammen mit Prinz Philip nach Deutschland – legt aber erst mal die Beine hoch: Das offizielle Programm des Staatsbesuchs beginnt morgen, am ersten Abend wollen die 89-Jährige und ihr 94 Jahre alter Ehemann in ihrer Suite am Brandenburger Tor Kräfte sammeln für den dreitägigen Besuchsmarathon.

Genau 50 Jahre ist es her, dass Elizabeth II. zum ersten Mal zum Staatsbesuch in Deutschland war. Die deutsche Kanzlerin war da noch ein Kind, Premierminister David Cameron noch nicht mal auf der Welt. Heute hängt viel ab von den beiden Regierungschefs: In Europa geht seit Monaten das Gespenst des „Brexit“ um – die euroskeptischen Briten spielen offen mit dem Gedanken, die EU zu verlassen.

Am Mittwoch trifft Angela Merkel erst die Queen, dann den britischen Premier. „Wir freuen uns alle sehr“, sagt Merkel, „dass Königin Elizabeth nach Deutschland kommt.“ Sie sei eine „Zeitzeugin“ der deutsch-britischen Beziehungen. Was so viel heißt wie: „Gut, dass sie gerade jetzt kommt, wo es knirscht.“

Wäre nur das Wetter nicht so britisch! Berlin empfängt die Queen heute laut Vorhersage mit Regenschauern und lausigen 16 Grad – auch in den kommenden Tagen wird sich der Staatsgast rein meteorologisch wie zu Hause fühlen. Ob es am Ende „Cats and Dogs“ regnet, wenn Bundespräsident Joachim Gauck die Queen morgen nach der Begrüßung im Schloss Bellevue zur Bootsfahrt einlädt?

Der Rest des Tages verläuft überdacht, aber so eng getaktet, dass den Leuten vom Protokoll die Schweißperlen auf der Stirn stehen werden: Die Queen besucht Merkel im Kanzleramt, legt einen Kranz für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft nieder und fährt quer durch die Stadt zur Technischen Universität, um sich die „Queen’s Lecture“ anzuhören – eine Vorlesungsreihe, die Elizabeth bei ihrem ersten Berlin-Besuch vor 50 Jahren gestiftet hatte. Redner ist Neil MacGregor, der britische Museumsexperte, der in den nächsten Monaten das Humboldtforum im wieder aufgebauten Berliner Stadtschloss mit Ideen füllen soll. Und abends dann: Staatsbankett. Wieder mit Merkel, Gauck und Cameron.

Am Donnerstagabend soll es sonniger werden, zum Glück. Der britische Botschafter wäre „not amused“, wenn seine Gartenparty zu Ehren ihrer Majestät im märkischen Matsch versinken würde. Traditionell wird der Geburtstag der Queen, der eigentlich auf den 21. April fällt, mit Rücksicht auf das Wetter im Juni nachgefeiert – in diesem Jahr hat Sir Simon McDonald das Geburtstagskind und rund 700 Gäste in seine Residenz eingeladen.

Für die Queen ist es der fünfte Staatsbesuch in Deutschland – und wie schon beim letzten Mal vor elf Jahren übernachtet sie wieder in der 200-Quadratmeter-Präsidentensuite im Adlon. Mit Panoramablick aufs Brandenburger Tor, persönlichem Butler, gebügelten Zeitungen und Blumenschmuck in Gelb und Pastell. Die Berliner Fans allerdings werden diesmal nicht viel vom Besuch der alten Dame haben: Am zweiten Tag reist sie für mehrere Stunden nach Frankfurt, am Freitag besucht sie vor ihrem Rückflug zum ersten Mal in ihrem Leben ein ehemaliges deutsches Konzentrationslager. Es war ihr persönlicher Wunsch: 1945 hatten britische Soldaten das KZ Bergen-Belsen befreit. Sieben Jahre nach Kriegsende wurde Elizabeth Königin.