Der „Tatort: Der Inder“ verzettelt sich auf seinen verschiedenen Zeitebenen

Es ist ein Qualitätsmerkmal vieler „Tatorte“, dass gesellschaftlich relevante Themen aufgegriffen werden. Das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ ist für einen „Tatort“ prädestiniert. Meint man. Bis man „Der Inder“ gesehen hat.

„Stuttgart 21 ist das Beste, was dieser Stadt passieren kann“, sagt Architekt Busso von Mayer, der auf dem Bahnhofsgelände eine Art städtebauliches Utopia geplant hatte. Das Projekt platzte, Immobilienbetrug, von Mayer sitzt im Knast. Das ist Ausgangspunkt des Stuttgarter „Tatorts: Der Inder“, in dem die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) sich mühen, den Mord am Ex-Staatssekretär Dillinger (Robert Schupp) aufzuklären. Dillinger wird auf einem Waldparkplatz erschossen, als er sich zum Joggen bereit macht. Kurz zuvor hat er vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags ausgesagt, der sich mit Mauscheleien beim Bahnhofsbau befasst.

Man setzt auf Authentizität, was die Geschichte aber nicht schlüssiger macht

„Was ist bloß los in dem Land?“, fragt Rupert Heinerle, der es eigentlich wissen müsste, schließlich ist der Ex-Ministerpräsident kürzlich aus dem Amt gejagt worden. „Es wird verdammt einsam, wenn man abgewählt ist“, jammert er stattdessen. Und taucht fortan nicht mehr auf. Die Handlung spielt kurz nach dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg. Der Film (Buch und Regie: Niki Stein) setzt auf Authentizität, zeigt (fiktive) Pressekonferenzen, Sitzungen und Nachrichtensendungen. Das alles macht die Geschichte jedoch nicht schlüssiger, die Architekt von Mayer in Teilen retrospektiv im Gefängnis dem Kommissar erzählt.

Die Erzählung rumpelt über mehrere Zeitebenen hinweg, als gelte es den Stuttgarter Bahnhofsvorplatz neu zu planieren. So wird Architekt von Mayer (glänzend: Thomas Thieme) während der 90 Minuten gleich zweimal aus der Haft entlassen, was nicht zwingend der Wahrheitsfindung dient. Mayer hatte sein Projekt mit finanzieller Unterstützung des indischen Investors Mantal geplant. Leider stellte sich dieser als Hochstapler heraus, woraufhin er sich zügig vermutlich ins heimatliche Indien absetzte. Im weiteren Verlauf der Handlung jedenfalls spielt Mantal – man ahnt es – keine Rolle. Weshalb dieser „Tatort“ auch überaus schlüssig „Der Inder“ heißt ...

Die Handlung entwickelt sich in erwartbaren, wenn auch nicht immer nachvollziehbaren Schritten – flankiert von der (natürlich) attraktiven Staatsanwältin Emilia Alvarez (Carolina Vera). Alles kulminiert in einem Finale, in welchem Kommissar Lannert eine derart himmelschreiende Naivität entwickelt, dass man ihn spontan seines Dienstausweises entledigen müsste.