Mit der Lola werden die Besten der Filmbranche ausgezeichnet. Ein radikaler Thriller ist großer Favorit. Auch Til Schweiger wird geehrt.

Berlin. Klarer Favorit bei der Verleihung des 65. Deutschen Filmpreises: Mit gleich sieben Nominierungen geht der Echtzeit-Thriller „Victoria“ am Freitagabend ins Lola-Rennen. Experimentell, radikal und atemberaubend spannend - das sind die Attribute von Sebastian Schippers 140 Minuten langem, in einer einzigen langen Kameraeinstellung gedrehtem Berliner Bankräuber-Film. Bei der Berlinale musste sich der Überraschungscoup des Festivals noch mit einem Nebenpreis für die beste Kamera begnügen. Das könnte sich bei der glamourösen Lola-Gala im Berliner Palais am Funkturm ändern.

Mit „Elser - Er hätte die Welt verändert“ ist zwar ein weiterer Film sieben Mal nominiert. Oliver Hirschbiegels Drama über das Hitler-Attentat fehlt allerdings in der Königskategorie Bester Film. Insgesamt haben sechs Regiearbeiten Chancen auf die Lola für den besten Spielfilm.

Um die Lola für den besten Schauspieler konkurrieren „Elser“-Darsteller Christian Friedel, Frederick Lau aus „Victoria“ und Hanno Koffler („Härte“). Als beste Schauspielerin muss sich „Victoria“-Darstellerin Laia Costa gegen Nina Hoss („Phoenix“) und Katharina Marie Schubert („Ein Geschenk der Götter“) behaupten.

Neben „Victoria“ sind zwei sehr politische Filme für den Hauptpreis nominiert: In Burhan Qurbanis größtenteils in Schwarz-Weiß gedrehtem Drama „Wir sind jung. Wir sind stark.“ geht es um die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992. Giulio Ricciarelli erzählt in seinem bewegenden Film „Im Labyrinth des Schweigens“ die Vorgeschichte der Auschwitz-Prozesse in Frankfurt/Main. In Deutschland hat eine Viertelmillion Zuschauer den Film gesehen. International wurde das Drama in mehr als 50 Länder verkauft, zuletzt fand es in Frankreich großen Zuspruch.

Lola-Chancen hat auch der mit knapp 800 000 Zuschauern ebenfalls erfolgreiche Computerhacker-Thriller „Who am I - Kein System ist sicher“ von Baran bo Odar, mit Tom Schilling und Elyas M’Barek in den Hauptrollen. Ein großer US-Filmkonzern sicherte sich bereits die Rechte für ein amerikanisches Remake des Cyber-Krimis. Weitere Lola-Kandidaten sind die herrlich zynische Unternehmensberater-Satire „Zeit der Kannibalen“ von Johannes Naber und Edward Bergers Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „Jack“ über zwei vernachlässigte Kinder.

Der gerade im Kino gestartete Favorit „Victoria“ erzählt von der Spanierin Victoria (Laia Costa), die in einem Berliner Club vier Jungs kennenlernt. Sie verliebt sich in den charismatischen Sonne (Frederick Lau). Gemeinsam lassen sie sich auf ein mörderisches Vorhaben ein. Die Kamera ist den Figuren dabei immer dicht auf den Fersen, die Erzählung entwickelt so einen ungeheuren Sog.

Der von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) vergebene Filmpreis ist mit Preisgeldern in Höhe von insgesamt knapp drei Millionen Euro die höchstdotierte Kulturauszeichnung Deutschlands. Über die Gewinner entscheiden die 1700 Mitglieder der Deutschen Filmakademie - die an der Kinokasse erfolgreiche Filme wie die von Matthias Schweighöfer, Til Schweiger oder in der Vergangenheit Bernd Eichinger meist ignorieren.

Schweiger, der seine Filme wie den jüngsten Publikumshit „Honig im Kopf“ zuletzt gar nicht mehr eingereicht hatte, kommt jetzt trotzdem zu Lola-Ehren: Er erhält den undotierten Preis für den „besucherstärksten Film des Jahres“. Schweigers Alzheimer-Tragikomödie „Honig im Kopf“ haben knapp 7 Millionen Kinogänger gesehen.

Die Gala zum 65. Filmpreis moderiert Schauspieler Jan Josef Liefers. Eine Preisträgerin steht bereits fest: Kostümbildnerin Barbara Baum - sie kleidete die Schauspieler von Fassbinder-Filmen wie „Die Ehe der Maria Braun“ und „Berlin Alexanderplatz“ ein - nimmt die Ehren-Lola entgegen. Die Verleihung wird am selben Abend um 22.45 Uhr zeitversetzt im ZDF ausgestrahlt. (dpa)