Frankfurt/Oberursel. Das traditionsreiche Radrennen um Frankfurt wurde abgesagt. Das verdächtige Pärchen nutzte denselben Sprengstoff wie berüchtigte Islamisten.

Die Gefahrenlage ist nach Einschätzung der Polizei noch zu hoch: Nach dem Bombenfund im hessischen Oberursel ist das für Freitag geplante internationale Radrennen um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt abgesagt worden. Hinweise auf eine eventuelle Gefährdung der Bevölkerung hätten diesen drastischen Schritt notwendig gemacht, erklärte das hessische Landeskriminalamt (LKA) am Donnerstagabend in Wiesbaden. Wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ist gegen ein verdächtiges Ehepaar Haftbefehl erlassen worden. Das erklärte die Präsidentin des hessischen Landeskriminalamts, Sabine Thurau, am Donnerstagabend in Wiesbaden.

Die Absage des Rennens sei „ein ganz schwerer Schritt auch für die Polizei gewesen“, sagte Thurau. Es gehe jedoch darum, das Leben und die Gesundheit der Zuschauer und der Sportler zu schützen. Es sei nach wie vor unklar, ob das Ehepaar alleine gehandelt habe. Das bei dem Ehepaar sichergestellte Material sei geeignet, eine Vielzahl von Menschen zu töten oder zumindest schwer zu verletzen.

Die beiden Verdächtigen waren am Donnerstagmorgen festgenommen worden. Die Behörden gehen von einem islamistischen Hintergrund aus. Ein geplantes mögliches Anschlagsziel ist derzeit nicht eindeutig erwiesen. „Allerdings gab es deutliche Überschneidungen von Streckenverlauf des Radrennens und Bewegungsprofil der festgenommen Personen“, hieß es in der Mitteilung des LKA. Aufgrund der Tatsache, dass zum akutellen Zeitpunkt noch zu viele Fragen offen seien, gehe die Sicherheit unbedingt vor.

Im Keller des laut Ermittlern salafistisch geprägten Ehepaares in Oberursel wurden eine funktionsfähige Rohrbombe, Waffenteile und Munition gefunden. „Nach alldem, was wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt, haben wir ein Anschlagsgeschehen verhindert“, sagte der Polizeipräsident für Westhessen, Stefan Müller, am Donnerstag in Wiesbaden.

Mann entlang der Rennstrecke beobachtet

Der Mann, ein 35-jähriger Deutschtürke, sei in den vergangenen Tagen auf Parkplätzen und im Wald entlang der Radrennstrecke von Oberursel auf den Feldberg beobachtet worden. Deshalb habe sich die Polizei in der Nacht zum Donnerstag zum Zugriff entschlossen, sagte der Leiter der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Albrecht Schreiber. Mehrere Hundert Polizisten durchkämmten am Donnerstag den Wald an der Strecke des Radsport-Klassikers, fanden aber bis zum Nachmittag nichts.

„Der Beschuldigte unterhielt Verbindungen zur Extremisten-Szene im Rhein-Main-Gebiet“, sagte Schreiber. Im hessischen Landtag sprach Innenminister Peter Beuth (CDU) von einem salafistischen Hintergrund des Paares. „Die Verdachtsmomente bestehen auch gegen die Frau“, sagte Polizeipräsident Müller über die 34-jährige Türkin. Das Paar habe Ende März in einem Frankfurter Baumarkt eine größere Menge Wasserstoffperoxid gekauft. „Der Einkauf erfolgte unter Angabe falscher Personalien.“ Eine Mitarbeiterin des Baumarkts habe die Polizei informiert. Der Kauf der Chemikalie in einer bestimmten Menge ist meldepflichtig.

Nachts ab 4.00 Uhr sei die Wohnung des Ehepaares durchsucht worden. „Es war bekannt, dass zwei Kleinkinder in der Wohnung sind. Denen ist bei dem Zugriff nichts passiert“, sagte Müller. In dem Keller fanden sich nach Angaben Schreibers neben der Rohrbombe 100 Schuss scharfer Munition, Teile eines Sturmgewehrs G3 und eine Übungsgranate für eine Panzerfaust. Neben drei Litern Wasserstoffperoxid fand sich auch Aceton. In Mischung mit Salzsäure entstehe daraus hochexplosiver Sprengstoff, sagte Schreiber.

Verbindungen zur Sauerland-Gruppe

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Frankfurt hatte der 35-Jährige vor Jahren Verbindung zur islamistischen Sauerland-Gruppe gehabt. Müller wollte sich mit Blick auf die laufenden Ermittlungen nicht dazu äußern. Vier Mitglieder der Sauerland-Gruppe waren 2012 wegen der Planung von Terroranschlägen verurteilt worden.

Im Rhein-Main-Gebiet gibt es eine sehr aktive salafistische Szene. Am Frankfurter Flughafen ereignete sich 2011 der bislang einzige islamistische Terroranschlag in Deutschland. Dabei ermordete ein 22-jähriger Islamist mit Wurzeln im Kosovo zwei US-Soldaten und verwundete zwei Soldaten lebensgefährlich.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte den Polizeieinsatz. „Die heutige Festnahme in Hessen ist Beleg für die effektive Arbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern“, sagte de Maizière in Berlin. Das Vorgehen zeige: „Wir sind wachsam und wir sind wehrhaft.“ Es gebe auch eine gute Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum, in dem alle relevanten Informationen der Sicherheitsbehörden zusammengeführt und bewertet würden. Der Chef der Innenministerkonferenz der Länder, Roger Lewentz (SPD), sandte eine Gratulation nach Hessen, dass es „gelungen ist, einen Terroranschlag zu verhindern“. (HA/dpa)