London . Im Südatlantik werden Münzen im Wert von fast 50 Millionen Euro entdeckt. Der 100 Tonnen schwere Schatz besteht aus indischen Rupien.

Ein britisches Bergungsteam hat einen neuen Tiefseeweltrekord aufgestellt. Taucher des Unternehmens Deep Ocean Search (DOS) haben Silbermünzen im Wert von 47 Millionen Euro aus 5150 Meter Tiefe vom Meeresboden des Südatlantik gehoben. Zum Vergleich: Das Wrack der „Titanic“ liegt „nur“ 3800 Meter unter der Wasseroberfläche. „Die Emotionen im Boot waren greifbar, und als wir dann die ersten Münzen nach oben brachten, wurden sie noch intensiver“, sagte die Meeresforscherin Maeva Onda. Die Hebung des Schatzes erwies sich komplizierter als gedacht. Der hohe Druck, die Temperaturen und die vielen Tauchvorgänge in großer Tiefe stellten das erfahrene DOS-Team vor Probleme.

Der 100 Tonnen schwere Schatz besteht aus indischen Rupien, mit denen 1942 die britische Kriegskasse aufgebessert werden sollte. Der 8034-BRT-Dampfer „City of Cairo“, der die Geldkisten geladen hatte und ohne Kriegsschiffgeleit von Bombay nach England unterwegs war, geriet am 6. November 480 Seemeilen südlich von Napoleons Verbannungsinsel St. Helena ins Fadenkreuz eines deutschen U-Bootes der „Gruppe Eisbär“. Das U-68 jagte ein Torpedo in den Schiffsrumpf. Bevor er den Feuerbefehl für das vernichtende zweite Torpedo gab, ließ der Kommandant, Kapitän Karl-Friedrich Merten, jedoch 20 Minuten verstreichen, um den mehr als 300 Passagieren und Besatzungsmitgliedern Zeit zu geben, sich mit den sechs Rettungsbooten in Sicherheit zu bringen. Nur sechs Personen gingen mit der „City of Cairo“ unter.

Das Schiff mit dem Silberschatz galt lange als unauffindbar

Wenige Wochen vorher hatte Karl Dönitz als Befehlshaber der U-Boote ein kategorisches Rettungsverbot für Überlebende torpedierter Schiffe erlassen. Mehr konnte Merten für die Menschen von Bord der „City of Cairo“ also nicht tun. Er nannte ihnen noch die Koordination ihrer Position, wies die Richtung zur nächsten Küste und verabschiedete sich in fehlerlosem Englisch: „Good night. Sorry for sinking you“ (Gute Nacht. Tut mir leid, Sie versenkt zu haben).

51 Tage vergingen, bis auch das letzte Rettungsboot aufgegriffen wurde. Insgesamt überlebten nur 104 Passagiere und Mannschaftsangehörige, von denen einer, ein 3. Offizier, auf der Heimfahrt erneut torpediert wurde und umkam.

Aber Mertens humanes Verhalten wurde anerkannt. „Von einem netteren Mann hätten wir gar nicht versenkt werden können“, lobte ein Überlebender Jahre später auf einem Treffen in England, zu dem auch der Veteran aus Germany eingeladen war. Merten, dessen U-Boot 1944 von den Amerikanern versenkt wurde, starb 1993 im Alter von 87 Jahren.

Das Schiff mit dem Silberschatz galt als unauffindbar, bis das DOS-Team unter Leitung des Engländers John Kingsford 2011 auf einer Meeresbodenfläche von der doppelten Größe Londons etwas Verdächtiges entdeckten. Unter einer Schlamm- und Treibsanddecke von mehreren Metern Dicke machten die Taucher schließlich den in zwei Teile geborstenen Schiffsrumpf aus. Im September 2013 gelang es ihnen, die Kisten mit den in Sackleinen verstauten Münzen sowie den Propeller des zweiten U-68-Torpedos zu bergen. Erst jetzt erteilte das zuständige Verkehrsministerium dem Bergungsunternehmen die Erlaubnis, die Öffentlichkeit zu informieren.

Die Silbermünzen sind inzwischen eingeschmolzen und zu einem nicht genannten Preis verkauft. Den Erlös teilten sich das britische Schatzamt (Finanzministerium) und Deep Ocean Search.