Anklam/Stettin. Eine Überwachungskamera und ein Schuh führten die Polizei auf die Spur. Der Kidnapper lauerte vor der Schule, das Mädchen versuchte zu fliehen.
Deutsche Polizisten haben ein in Polen entführtes Mädchen in Mecklenburg-Vorpommern befreit. Wie die Polizei in Anklam mitteilte, nahmen die Fahnder den 31 Jahre alten Tatverdächtigen bei Friedland fest. Das zehnjährige Entführungsopfer war bei ihm, es war entgegen ersten Angaben am Bein verletzt. Das Mädchen sei in eine Klinik in Neubrandenburg gebracht worden, teilte die Polizei in der Nacht zum Donnerstag mit. Vermutlich habe sich das Mädchen bei einem Fluchtversuch verletzt.
"Es war ein Wettlauf mit der Zeit“, sagte der polnische Polizeisprecher Mariusz Sokolowski in Warschau über die Suche nach dem Mädchen. Nach ersten Ermittlungen soll der Mann aus Polen das Kind am Dienstag an der Bushaltestelle im westpommerschen Wolczkowo (Völschendorf) bei Police (Pölitz) ins Auto gezwungen haben, als es von der Schule kam. Die Überwachungskamera vor einem Restaurant nahe des Elternhauses hatte das Kind aufgenommen – und ein langsam vorbeifahrendes Fahrzeug.
Die Suche nach diesem Wagen führte die Ermittler auf die richtige Spur. Der Eigentümer des Fahrzeugs wurde ermittelt und gab Hinweise auf den Nutzer des Wagens – einen Mann, der schon in Großbritannien ein neunjähriges Mädchen entführt hatte und deswegen verurteilt worden war, wie Sokolowski in Warschau mitteilte.
Nachdem die polnische Polizei die deutsche Seite eingeschaltet hatte, suchte ein Großaufgebot mit 40 Polizisten, drei Hunden und einem Hubschrauber in Grenznähe. Angehörige des Mädchens hatten zuvor bei Bismark in Vorpommern einen Schuh des Kindes gefunden, etwa fünf Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Das Fluchtauto wurde gefunden, als ein Zeuge die Polizei über einen beschädigten Wagen in der Nähe von Friedland informierte.
Der Tatverdächtige versuchte, sich und das Kind im Auto zu verstecken, leistete bei der Festnahme aber laut Polizei keinen Widerstand. Es soll es sich um einen vermutlich psychisch kranken Mann handeln. Wann er nach Polen gebracht wird, ist noch unklar.
Erstmals suchte die polnische Polizei mit dem Schnellfahndungssystem „Child Alert“ nach dem Mädchen. Eine öffentliche Fahndung auf deutscher Seite habe es nicht gegeben, sagte der Polizeisprecher.
dpa