Berlin. Flugzeugabsturz: Lufthansa bestreitet, Luftfahrtamt Informationen vorenthalten zu haben

Vor dem Absturz der Germanwings-Maschine mit 150 Toten wusste das Luftfahrtbundesamt (LBA) nach eigener Darstellung nichts über die medizinische Vorgeschichte des Co-Piloten. Man sei vom Flugmedizinischen Zentrum der Lufthansa nicht „über die abgeklungene schwere Depressionsphase“ bei Andreas L. informiert worden, teilte die Aufsichtsbehörde der „Welt am Sonntag“ mit. Daraufhin wies die Lufthansa den Verdacht zurück, Informationen zurückgehalten zu haben: Das Unternehmen komme seinen Informationspflichten gegenüber dem LBA nach, betonte ein Sprecher der Germanwings-Mutter.

Das Luftfahrtbundesamt hatte nach eigenen Angaben bis zur Akteneinsicht beim Flugmedizinischen Zentrum der Lufthansa nach dem Absturz „keinerlei Informationen“ über die medizinischen Hintergründe bei L. Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf eine EU-Verordnung berichtete, müssen Flugmediziner in Fällen schwerer Krankheiten wie Depressionen das LBA als Aufsichtsbehörde einschalten – allerdings gelte dies erst seit April 2013.

Andreas L. hatte 2009 als Flugschüler die Lufthansa-Verkehrsfliegerschule über eine „abgeklungene schwere depressive Episode“ informiert, wie die Germanwings-Mutter vor einer Woche einräumte. Seit Inkrafttreten der neuen Verordnung unterzog sich der Co-Pilot nach Informationen der „Welt am Sonntag“ noch zwei Tauglichkeitsprüfungen, 2013 und 2014.

Wie das Bundesamt mitteilte, wurde in L.s Fall das Flugtauglichkeitszeugnis 2009 vom Flugmedizinischen Zentrum der Lufthansa in Frankfurt ausgestellt und dem LBA übermittelt. „Dieses Vorgehen entsprach der Rechtslage“, so das LBA. Bei der Katastrophe vom 24. März besaß L. nach Lufthansa-Angaben „ein voll gültiges Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1“.

Über die Osterfeiertage trafen erneut Angehörige am Absturzort ein

Nach „Spiegel“-Informationen durchsuchten Ermittler in der vergangenen Woche mehrere Arztpraxen, die der Co-Pilot konsultiert haben soll. Andreas L. suchte demnach Fachärzte für Neurologie und für Psychiatrie auf.

Der 27-Jährige wird verdächtigt, den Kapitän des Fluges 4U 9525 ausgesperrt und die Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich zum Absturz gebracht zu haben. Am Osterwochenende trafen erneut Angehörige der Opfer in der Unglücksregion ein. Die Präfektur berichtete von rund 50 Verwandten und Bekannten. Die meisten der 150 Getöteten stammten aus Deutschland und Spanien.

Polizei und Gendarmerie sicherten weiter die Absturzstelle. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Marseille wurden zahlreiche Handys gefunden. Die Auswertung der Daten ist aber wegen des Zustands der Telefone nicht gesichert. In Kürze soll damit begonnen werden, große Wrackteile von der Unglücksstelle abzutransportieren.

Die Katastrophe beschäftigte auch Kirchenvertreter in ihren Osterpredigten. Der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann rief dazu auf, den Glauben im Alltag trotz Unglücken und Krisen nicht zu verlieren. Oft sei es schwer, daran festzuhalten, etwa im Hinblick auf den Absturz des Germanwings-Flugzeugs. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, sagte: „Trotz allem bleiben uns nur hilflos wirkende Worte, Taten, Gesten – und fragend klagende Gebete.“

Nachdem es bei einer anderen Germanwings-Maschine auf der Flugroute Köln–Venedig zu einem Zwischenfall gekommen war, beschäftigten sich Experten weiter mit der Fehlersuche. Die Inspektion der Maschine dauerte nach Germanwings-Angaben vom Montag noch an. Die Instrumente im Cockpit des Airbus vom Typ A319 hatten einen Ölverlust angezeigt, ein Triebwerk wurde abgeschaltet. Der Kapitän entschied daraufhin, die Maschine in Stuttgart zu landen und die Warnung überprüfen zu lassen.