Tunis . Der Islamische Staat hat sich zur blutigsten Attacke in Tunesien seit Djerba 2002 bekannt. Derweil wurden neun Verdächtige festgenommen.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zu dem Terroranschlag in Tunis bekannt. Die Extremisten veröffentlichten dazu am Donnerstag im Internet eine Audio- und Textbotschaft. Darin benannten sie zwei „Ritter“, die den Angriff am Mittwoch ausgeführt hätten. Die Bluttat sei „der erste Tropfen eines Regengewitters“. Tunesische Sicherheitskräfte hätten es nicht vermocht, die Attentäter zu stoppen, „bis ihre Munition alle war“. Auch die Dschihad-Beobachterplattform Site berichtete über die Videobotschaft.

Derweil haben Sicherheitskräfte neun Verdächtige festgenommen. Vier von ihnen ständen in einer direkten Verbindung zu der Tat, erklärte das tunesische Präsidialamt am Donnerstag lokalen Medienberichten zufolge. Fünf weitere Verdächtige sollen demnach Kontakt zu ihnen gehabt haben.

Terroristen haben am Mittwoch in Tunis eines der meistbesuchten Museen Tunesiens gestürmt und 25 Menschen getötet, darunter 20 ausländische Touristen. 47 Menschen wurden verletzt. Unter den Toten befanden sich laut Ministerpräsident Habib Essid fünf Japaner, vier Italiener, zwei Kolumbianer, zwei Spanier und zwei Tunesier. Es handelt sich um die tödlichste Attacke auf Zivilisten in dem nordafrikanischen Land seit 13 Jahren.

Jeweils eines der weiteren Opfer stamme aus Australien, Polen und Frankreich, sagte Essid weiter. Die Nationalität eines toten Ausländers wurde nicht veröffentlicht.

Zwei Attentäter wurden beim Sturm auf das Nationalmuseum von Bardo getötet, nach zwei bis drei Komplizen lief die Fahndung. Die Terrormiliz Islamischer Staat zeigte sich im Internet hocherfreut über die Attacke und rief die Tunesier auf, „ihren Brüdern zu folgen“, wie Rita Katz, eine Sprecherin der Gruppe Site, mitteilte. Die Organisation beobachtet Webseiten von Extremisten und Dschihadisten weltweit.

Tunesiens Präsident Beji Caid Essebsi sagte in einer Fernsehansprache, das Land befinde sich „in einem Krieg gegen den Terror“. Er fügte hinzu: „Diese barbarische Minderheitengruppe wird uns nicht ängstigen, und der Kampf gegen sie wird andauern, bis sie vernichtet ist.“

UN verurteilt Anschlag

Mehrere Länder und die Vereinten Nationen verurteilten den Terroranschlag. Der Weltsicherheitsrat zeigte sich empört über die Tat, machte jedoch auch klar, dass Terrorismus Tunesien auf dem Weg zur Demokratie nicht aufhalten werde.

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bestätigte den Tod von drei Japanern sowie drei Verletzte. Vor Reportern sagte er in Tokio, ihm sei bewusst, dass von fünf Getöteten aus Japan ausgegangen werde. Einige der Namen seien jedoch deckungsgleich.

Frankreichs Präsident François Hollande sprach von zwei toten Franzosen. Ein weiterer von insgesamt sieben Verletzten aus seinem Land befinde sich in einem ernsthaften Zustand, erklärte Hollande.

Die Attentäter stürmten am Mittwoch vor dem Bardo-Museum in militärähnlichen Uniformen und Sturmgewehren aus einem Fahrzeug. Sie schossen Touristen nieder, die aus Bussen stiegen. Anschließend nahmen sie im Inneren des Gebäudes Geiseln. Zwei der Angreifer wurden bei einem Schusswechsel mit Sicherheitskräften getötet.

Der Fernsehsender Wataniya zeigte Bilder von maskierten Anti-Terror-Polizisten, die Dutzende Touristen in Sicherheit brachten. Viele ältere Ausländer waren zu sehen, wie sie in Panik davonrannten. Bei einigen der Ausländer handelte es sich um Passagiere des Kreuzfahrtschiffs „Costa Fascinosa“, das in Tunis vor Anker lag. Die Reederei teilte in der Nacht mit, 14 Passagiere seien nicht zurück an Bord gekehrt.

Das tunesische Parlament kam am Mittwochabend zusammen, um Schritte für den Kampf gegen Terrorismus voranzubringen. Als die Attacke stattfand, hatten die Abgeordneten gerade über ein Anti-Terror-Gesetz debattiert.

Stunden nach dem Ende des Anschlags strömten Tausende Tunesier auf die Avenue Habib Bourguiba, einem der Hauptschauplätze der Arabischen Revolution. Dort hielten sie eine nächtliche Zusammenkunft ab und riefen „Freies Tunesien“. Die Tat ist die tödlichste Attacke in Tunesien, seit ein Al-Kaida-Kämpfer 2002 auf der Insel Djerba vor der historischen Al-Ghriba-Synagoge einen Sprengsatz gezündet hatte. Damals starben 21 Menschen, vor allem deutsche Touristen.

Das Motiv der Täter blieb zunächst unklar, doch Tunesien kämpft seit Jahren mit islamistischem Terror - wenn auch nicht in dem Ausmaß anderer Länder. Das Bardo-Museum beherbergt die größte archäologische Ausstellung Tunesiens und besitzt eine der umfangreichsten Sammlungen römischer Mosaike weltweit. Es liegt nahe dem tunesischen Parlament, rund vier Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Das Parlamentsgebäude wurde nach dem Angriff evakuiert, das Museum von Sicherheitskräften umstellt.