Sabine Lisicki scheiterte an Simona Halep, Angelique Kerber verlor gegen Eugenie Bouchard. Titelverteidiger Andy Murray war gegen einen Bulgaren chancenlos, Djokovic und Federer weiter.

London. Die Hoffnungen auf ein weiteres deutsches Sommermärchen im Tennis-Königreich Wimbledon endeten im Viertelfinale: Beinahe zeitgleich scheiterten Sabine Lisicki und Angelique Kerber in der Runde der besten Acht. Lisicki bekam beim 4:6, 0:6 von der Weltranglistendritten Simona Halep ihre Grenzen aufgezeigt. Kerber zahlte beim 3:6, 4:6 gegen Eugenie Bouchard den Tribut für ihr kräftezehrendes Achtelfinale gegen Maria Scharapowa.

Damit platzte auch der Traum vom ersten deutschen Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier seit 21 Jahren. Zuletzt hatten sich Steffi Graf und Anke Huber 1993 in der Runde der letzten Vier bei den French Open in Paris gegenübergestanden. Bouchard und Halep treffen am Donnerstag aufeinander. Das zweite Halbfinale bestreiten die Tschechinnen Petra Kvitova und Lucie Safarova.

Lisicki verließ den Centre Court mit gesenktem Kopf, das Lächeln, das sie anderthalb Wochen im All England Club begleitet hatte, war aus ihrem Gesicht verschwunden. 4:1 hatte die Vorjahresfinalistin in ihrem fünften Wimbledon-Viertelfinale geführt, danach jedoch eine Lehrstunde erhalten. Elf Spiele in Serie gab die 24-Jährige ab, war beinahe chancenlos.

Dabei war von ihren Schulterproblemen, die sie tags zuvor gegen Jaroslawa Schwedowa kurzzeitig geplagt hatten, nichts mehr zu spüren gewesen. Nur noch ein weißer Tapeverband erinnerte an die Behandlungspause und die 20 Doppelfehler aus dem Achtelfinale. Diesmal ließ Lisicki ihr bester Schlag nicht im Stich - dennoch verlor sie gegen eine deutlich bessere Gegnerin.

Halep jubelte ausgelassen über ihren ersten Einzug unter die besten Vier des bedeutendsten Tennisturniers der Welt. „Ich hatte einen schlechten Start, dann habe ich aber mein bestes Tennis gespielt“, sagte sie nach der 57-minütigen Demonstration ihrer Stärke. Die 22-Jährige hatte bereits in Melbourne das Halbfinale sowie in Paris das Endspiel erreicht und gilt nun als Top-Favoritin auf ihren ersten Major-Triumph.

Etwa 120 Meter Luftlinie weiter auf Court 1 wehrte sich Kerber gegen die erst 20 Jahre alte Bouchard nach Kräften. Die Weltranglistensiebte hatte noch etwas gutzumachen, nachdem sie im Achtelfinale in Paris von Bouchard mit 1:6, 2:6 gedemütigt worden war. Diesmal hielt Kerber länger dagegen, allerdings steckte ihr der 2:37-stündige Marathon gegen Scharapova offensichtlich noch in den Knochen. „Was ist das? Was ist das?“, haderte Kerber im zweiten Satz mit sich und ihrem Spiel. Von Beginn an war die 26 Jahre alte Linkshänderin, die erstmals seit Wimbledon 2012 wieder das Achtelfinale eines Grand Slams überstanden hatte, im Hintertreffen. Nur beim 1:0 im zweiten Durchgang lag Kerber in Führung.

Dem Druck, den Bouchard entwickelte, hielt sie nicht stand. Schon Fed-Cup-Kollegin Andrea Petkovic hatte in Runde drei gegen Bouchard, die Wimbledon vor zwei Jahren als Juniorin im Einzel und Doppel gewonnen hatte, nichts entgegenzusetzen gehabt. Petkovic lobte nach ihrer Niederlage die Aggressivität der kommenden Top-10-Spielerin: „Genie spielt die ersten beiden Bälle sehr gut und geht weit ins Feld rein. Wenn man die überlebt, dann geht es ein wenig besser.“

Dimitrov fegt Titelverteidiger Murray vom Platz

Bei den Männer geht der Siegeszug des Bulgaren Grigor Dimitrov weiter. Der 23-Jährige besiegte im Viertelfinale Titelverteidiger Andy Murray. Der 27 Jahre alte Schotte unterlag überraschend deutlich 1:6, 6:7 (4:7), 2:6 und verpasste damit seinen sechsten Halbfinaleinzug im All England Club.

Murray hatte im vergangenen Jahr die britische Durststrecke in Wimbledon nach 77 Jahren ohne Titel im Herreneinzel beendet. Bei der 128. Auflage der Championships in diesem Jahr war der Olympiasieger von London 2012 bislang ohne Satzverlust und mit so wenig Spielverlusten wie nie zuvor ins Viertelfinale marschiert.

Der 23 Jahre alte Dimitrow, der bereits das Vorbereitungsturnier im Londoner Queen’s Club gewonnen hatte, trifft in seinem ersten Grand-Slam-Halbfinale am Freitag entweder auf den topgesetzten Serben Novak Djokovic.

Djokovic kämpft fünf Sätzen lang, Federer fast problemlos

Djokovic hat sich zum fünften Mal nacheinander ins Halbfinale von Wimbledon gekämpft. Der Schützling des dreimaligen Champions Boris Becker setzte sich gegen den Kroaten Marin Cilic nach 3:18 Stunden 6:1, 3:6, 6:7 (4:7), 6:2, 6:2 durch. Cilic wird ebenfalls von einem früheren Wimbledonsieger trainiert, seinem Landsmann Goran Ivanisevic.

Rekordchampion Roger Federer steht zum neunten Mal im Halbfinale von Wimbledon. Der siebenmalige Titelträger setzte sich im Schweizer Duell gegen seinen Landsmann Stan Wawrinka 3:6, 7:6 (7:5), 6:4, 6:4 durch und feierte seinen 72. Sieg im All England Club. Damit überholte Federer den dreimaligen Champion Boris Becker. Nur noch US-Tennis-Legende Jimmy Connors liegt mit 84 Siegen vor dem 32-Jährigen. Federer trifft in der Runde der besten Vier am Freitag auf Milos Raonic. Der Kanadier gewann sein Match gegen den erst 19 Jahre jungen Nadal-Bezwinger Nick Kyrgios aus Australien 6:7 (4:7), 6:2, 6:4, 7:6 (7:4).

Im 16. Duell mit Australian-Open-Sieger Wawrinka gelang Federer bereits der 14. Sieg. Dabei ließ sich der vierfache Familienvater auch von seinem ersten Aufschlag- und Satzverlust des Turniers nicht aus dem Konzept bringen und verwandelte nach 2:33 Stunden seinen fünften Matchball. Federer steht zum insgesamt 35. Mal im Halbfinale eines Grand Slams - er baute seine Führung vor Jimmy Connors (31) und Ivan Lendl (28) damit aus. 17 Titel hat Rekordhalter Federer bislang bei den vier Majors gewonnen, seinen bislang letzten 2012 in Wimbledon.