Der Fall eines Rauchers, über den sich Mieter beschwerten, wird in Karlsruhe verhandelt. Eine Typologie der Störenfriede

Karlsruhe. Er ist bundesweit bekannt: Raucher Friedhelm Adolfs machte seinen Nachbarn das Leben so schwer, dass seine Vermieterin ihm kündigte. An diesem Mittwoch wird sein Fall vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. Der Prozess enthält an sich schon genügend Details, um Gemüter zu bewegen: Adolfs ist mit 76 Jahren nicht mehr der Jüngste, er ist Witwer und er wohnt seit mehr als 40 Jahren in seiner Wohnung. In dem Haus war er bis zu seiner Pensionierung Hausmeister. Die Hauseigentümerin möchte Adolfs wegen der Geruchsbelästigungen aus dessen Parterrewohnung haben. Ihr Vorwurf: Der Raucher lüfte nicht, sodass der Qualm in das Treppenhaus ziehe. Andere Mieter hätten sich bereits über den Gestank im Flur beschwert.

Aber seine Nachbarn kann man sich eben nicht aussuchen. Manche lärmen, müllen und manchmal müffeln sie auch – die anderen Hausbewohner sind deshalb häufig Quelle des Ärgers. Eine Typologie der nervigen Nachbarn:

Der Raucher

Im Sommer hat er Hochsaison, aber auch Minusgrade können ihn nicht wirklich stoppen. Der Raucher hat in seiner Wohnung einen Lieblingsort: den Balkon. Dumm für Nachbarn, die frische Luft schnappen oder ihre Wäsche lüften wollen. Legt der Raucher keinen Wert auf Frischluft, kommt der Dunst noch dicker – nämlich durchs Treppenhaus. Raucher Adolfs war deshalb fristlos gekündigt worden. Er selbst hatte aber vorgetragen, 15 Zigaretten am Tag und damit „nicht exzessiv“ zu rauchen. Zwar sei Rauchen in den eigenen vier Mietwänden generell erlaubt, entschied das Düsseldorfer Landgericht dann im Juni. Doch im Fall Adolfs sahen die Juristen eine Grenze überschritten. Das Gericht wertete es als „schwerwiegenden Pflichtverstoß“, dass der Witwer nicht gelüftet und seine vollen Aschenbecher nicht geleert habe. Nun wird in Karlsruhe verhandelt.

Die Familie mit Schreikind

Wenn der kleine Lars-Ole nachts nicht schlafen kann, trifft das nicht nur seine Eltern. Wer die Wohnungen über, unter und neben dem Kinderzimmer gemietet hat, bleibt von nächtlichen Tränen, den Auswirkungen erster Zähne und Tobsuchtsanfällen nicht verschont. Das Problem: Anders als bei den Freunden lauter Musik kann man Kleinkinder nicht einfach bitten, etwas leiser zu drehen. Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, bringt es auf den Punkt: „Wenn Kleinkinder oder Säuglinge nachts schreien, hat man als Nachbar schlicht und ergreifend Pech.“

Die Partytiere

„Heute wird es etwas lauter“ ist ihr Standardspruch – meistens eilig auf einen Zettel im Hausflur gekritzelt. In der Praxis bedeutet das: Hämmernde Bässe die ganze Nacht, knallende Türen und lautes Juchzen. Auf die Bitte der Nachbarn, ob man etwas leiser sein könne, gibt es oft diese Antwort: „Feiert doch einfach mit!“

Die Liebenden

Die schriftliche Ankündigung „Heute wird es etwas lauter“ haben einzelne Nachbarn schon mit „So lange es nicht so laut ist wie deine Freundin heute Nacht...“ kommentiert. Egal ob Juchzen, Schreien, Stöhnen oder minutenlanges Rumsen des Bettes an die Hauswand – wer ein Liebespaar nebenan hat, der hat es auch oft mit einer Lärmquelle nebenan zu tun. Läuft es zwischen den beiden nicht mehr so rosig, wird es auch nicht stiller: Dann fliegt schon mal Geschirr – oder im Extremfall der Fernseher aus dem Fenster.

Der Möchtegern-Hauswart

Kaugummi-Papier im Treppenhaus oder Plastikflaschen im Biomüll? Nicht mit ihm. In fast jedem Mietshaus gibt es einen, der aufpasst – und notfalls bei jedem Nachbarn einzeln klingelt und fragt, wer den Müll wieder in die falsche Tonne gestellt hat. Besonders ausgeprägt ist dieser Typus bei den sparsamen und reinlichen Schwaben, sie argumentieren gleich mit Geld. Beliebte Drohgebärde auf Flur-Aushängen: „Die Mehrkosten zahlen wir alle!“

Die Klette

„Möchtest du mal auf ein Glas Wein rüberkommen?“, „Hast du zufällig noch Eier?“ und „Wäre ein Hof-Fest mit allen nicht schön?“ Die Klette sucht keinen Ort zum Wohnen, sie sucht neue Freunde. Wer sie zum Nachbarn hat, sollte sich auf dem Balkon lieber in die hinterste Ecke verziehen – hat sie einen erst gesichtet, bleibt man nicht lange allein.

Die Breitmacher

Die Größe der Wohnung ist nicht jedem ausreichend genug. Also wird mehr Raum in Beschlag genommen: Jeden Zentimeter Flur vor der eigenen Tür nutzt er aus. Schuhe stapeln sich bergeweise auf der Fußmatte, daneben stehen Pflanzen, gern auch ein Fahrrad und im Winter natürlich der Holzschlitten. „Grundsätzlich endet die Wohnung an der Tür“, mahnt Mieterbund-Geschäftsführer Ulrich Ropertz: „Da kann nicht jeder seinen Claim abstecken.“