Urteil im Prozess um das Schiffsunglück vor drei Jahren mit 32 Toten

Grosseto. Gestern Abend ist im italienischen Grosseto einer der aufsehenerregendsten Prozesse der vergangenen Jahre zu Ende gegangen. Angeklagt war Ex-Kapitän Francesco Schettino, als Hauptverantwortlicher der Havarie des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ vor der Insel Giglio. Er wurde zu 16 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Schettino selbst war bei dem Urteilsspruch nicht anwesend. Er habe Fieber, erklärten seine Anwälte.

Bei der Kollision des Schiffes mit 4200 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord mit einem Felsen waren am 13. Januar 2012 insgesamt 32Menschen ums Leben gekommen, darunter zwölf Deutsche. Schettino war unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 26Jahren und drei Monaten gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Schettino selbst hatte im Prozess seiner Besatzung die Hauptschuld an der Tragödie gegeben. Er warf seiner Crew vor, ihn nicht rechtzeitig und umfassend über die drohende Gefahr informiert zu haben. Es gilt als wahrscheinlich, dass Schettino Berufung gegen das Urteil einlegen wird.

Der „Costa Concordia“-Kapitän hatte sein Schlusswort im Prozess schluchzend abgebrochen. Vor den drei Richtern wiederholte er am Mittwoch, er solle zum alleinigen Sündenbock für das Unglück gemacht werden. Er sei in den Medien falsch dargestellt worden. „An diesem 13. Januar bin auch ich zum Teil gestorben. Es ist schwierig, das ein Leben zu nennen, was ich lebe.“ Schettino sagte, er solle für wirtschaftliche Interessen geopfert werden, dafür solle sein Kopf rollen. Dann brach der54-Jährige in Tränen aus, sagte noch „das reicht“ und konnte nicht weitersprechen. Die Verhandlung fand in einem Theater in Grosseto statt, um Angehörigen von Opfern oder Überlebenden die Möglichkeit zu geben, den Prozess zu verfolgen.

Die Nebenkläger forderten am Mittwoch erneut, auch die Reederei Costa Crociere vor Gericht zu stellen. Sie hatte sich vor Beginn des Prozesses mit der Justiz gegen Zahlung einer Strafe auf eine Einstellung des Verfahrens geeinigt. „Costa ist schuldig, das Leben von mehr als 4000 Menschen in die Hände dieses Mannes gelegt zu haben“, erklärte die französische Überlebende Anne Decré.

Auch seine Verteidigung warf der Staatsanwaltschaft vor, Schettino zum Sündenbock zu machen. Nicht nur der Kapitän, auch andere Besatzungsmitglieder hätten Fehler begangen, sagte Anwalt Donato Laino. Die Staatsanwaltschaft habe sich in ihrer Anklage auf eine Person konzentriert, aber nicht auf Fakten. Auch technische Mängel müssten in Betracht gezogen werden.

Schettino hatte die „Costa Concordia“ nahe an Giglio heranfahren lassen. Dabei rammte sie ein Riff, das den Rumpf aufriss und Wasser eindringen ließ. Das große Schiff bekam Schlagseite. Obduktionen ergaben, dass die meisten Opfer an Bord ertranken oder bei einer chaotischen, verspätet eingeleiteten Evakuierung in den Tod sprangen.

Die Staatsanwaltschaft bezeichnete Schettino als „unbesonnenen Idioten“. In italienischen Medien war vielfach von „Kapitän Feigling“ die Rede gewesen. Die Verteidigung sprach in ihrem Schlussplädoyer von einem Unfall. Erst Ereignisse, nachdem das Schiff auf das Riff gelaufen sei, hätten „zum Tod dieser armen Menschen“ geführt. Das entsprach Schettinos bisheriger Linie. Der Kapitän hatte erklärt, wegen der Kollision sei niemand umgekommen, sondern wegen Problemen, die nicht unter seiner Kontrolle gewesen seien. So habe ein Steuermann seine Befehle vor und nach der Kollision vermasselt und einige Seeleute hätten nicht fließend Englisch oder Italienisch beherrscht, die Arbeitssprache auf dem Schiff. Fünf weitere Mitarbeiter des Schiffseigners schlossen Prozessvereinbarungen ab. Keiner kam in Haft.