Das Aufsetzen von „Philae“ auf dem Himmelskörper „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ ist zunächst gelungen. Kurz darauf ergaben sich jedoch schwerwiegende Probleme beim „Festzurren“ der Sonde an dem Kometen.

Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt ist die Landung eines Mini-Labors auf einem Kometen gelungen. Mehr als eine halbe Milliarde Kilometer von der Erde entfernt setzte das kühlschrankgroße Landegerät „Philae“ am Mittwochnachmittag auf dem Himmelskörper „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ auf.

Im Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation Esa in Darmstadt löste die Premiere im All großen Jubel aus. Manche Experten vergleichen das Ereignis mit der Mondlandung 1969. Der Komet ähnelt ein bisschen einer Quietscheente.

Das Labor war an Bord der Raumsonde „Rosetta“ zehn Jahre lang zu dem Kometen mit dem Spitznamen „Tschuri“ gereist. Am Mittwochmorgen war das Labor von seinem „Taxi“ gelöst worden.

„Rosetta“ und das Landegerät sollen den Kometen analysieren, um möglichst viel über ihn und den Beginn des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren zu erfahren. Auch Hinweise auf die Entstehung des Lebens erhoffen sich die Forscher, etwa durch den Nachweis von organischen Molekülen wie Aminosäuren. Bis zum Tag der Landung legte „Rosetta“ rund 6,5 Milliarden Kilometer im All zurück. Die Sonde war 2004 mit einer Ariane-5-Rakete von der Weltraumstation Kourou in Französisch-Guayana gestartet.

Nach der Ankunft twitterte der Roboter in mehreren Sprachen zur Erde. Auch ein Bild des Kometen wurde auf der offiziellen Seite des Projekts veröffentlicht.

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Demnach habe es einige Probleme mit den Greifharpunen gegeben, an dem die Techniker zur Zeit arbeiteten. Nach offiziellen Angaben konnte sich das Landegerät nicht an dem Kometen festzurren. Zur Zeit sei keine Aussage darüber möglich, ob „Philae“ sicher auf dem Kometen stehe oder den Kontakt verloren habe. Zudem sei die Funkverbindung schwach und lasse keine dauerhafte Analyse der Lage vor Ort zu.

Warum sind Kometen für die Wissenschaftler so interessant?

Kometen gelten als Zeitkapseln. Sie sind Botschafter aus der Entstehungszeit des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren und bestehen aus Eis, gefrorenem Gas und Staub. Die Erforschung ihrer genauen Zusammensetzung kann ein neues Licht auf die Geschehnisse in der Frühzeit von Sonne, Erde und anderen Planeten werfen. Außerdem glauben manche Forscher, dass ein Teil des Wassers auf der Erde von Kometen-Einschlägen stammt – und wahrscheinlich auch viele organische Moleküle, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Lebens gespielt haben.

Wieso galten Kometen jahrhundertelang als Unglücksboten, die Kriege, Seuchen und Hungersnöte ankündigten?

Die imposanten Expemplare unter den Schweifsternen hatten für unsere Vorfahren etwas Bedrohliches – weil sie plötzlich auftauchen, stellten sie aus damaliger Sicht die kosmische Ordnung in Frage. Heute wissen die Forscher, dass Kometen vom Rand des Sonnensystems stammen und sich ihre Gas- und Staubschweife bei der Annäherung an die heiße Sonne bilden.

Ist „Rosetta“ die erste Mission zu einem Kometen?

Nein. Forschungssonden sind bereits mehrfach nahe an Kometen vorbeigeflogen, beispielsweise am berühmten Halleyschen Kometen bei dessen bislang letzter Annäherung an die Sonne 1986. 2005 feuerte die US-Kometensonde „Deep Impact“ ein Projektil auf den Kometen Temple 1 ab. Auch Asteroiden, die wie Kometen zu den Kleinkörpern im Sonnensystem zählen, waren bereits Ziel von Raumfahrt-Missionen. Der japanischen „Hayabusa“-Sonde gelang es 2005 sogar, Bodenproben auf dem Asteroiden Itakawa zu nehmen.

Was macht die „Rosetta“-Mission dann so einzigartig?

Die am 2. März 2004 gestartete „Rosetta“ ist die erste Sonde, die einen Kometen umkreist und nicht nur an ihm vorbeifliegt. „Philae“ wiederum ist der erste Forschungsroboter, der zu einem „Ritt auf dem Kometen“ gebaut wurde.

Warum hat die Reise „Rosettas“ zum Kometen mehr als zehn Jahre gedauert?

Weil „Rosetta“ auf ihrer komplizierten Bahn mehrfach Schwung holen musste – dreimal bei Umrundungen der Erde, einmal passierte sie den Mars. Außerdem begegnete sie zwei kleinen Asteroiden. Seit ihrem Start hat „Rosetta“ mehr als 6,4 Milliarden Kilometer zurückgelegt.

Warum wurde Tschurjumov-Gerasimenko als Ziel ausgewählt?

„Rosettas“ Zielkomet war ursprünglich ein anderer: Die insgesamt rund eine Milliarde Euro teure Mission sollte zum Kometen 46P/Wirtanen führen. Doch vor dem geplanten Start im Januar 2003 gab es eine schwere Panne mit der damals neuen Version der europäischen Ariane-5-Rakete – mit der Folge, dass „Rosetta“ am Boden blieb und das Startfenster zum Kometen Wirtanen verpasste. Sozusagen als Ersatz suchten die Forscher dann als Reiseziel Tschurjumov-Gerasimenko aus, den Wissenschaftler Tschuri getauft haben.

Was wissen die Forscher über den Zielkometen?

Tschuri wurde 1969 von den Forschern Klim Tschurjumov und Svetlana Gerasimenko entdeckt. Schon die ersten „Rosetta“-Bilder zeigten, dass der Brocken von wenigen Kilometern Durchmesser aus zwei deutlich getrennten Teilen besteht – gleichsam einem „Kopf“ und einem „Körper“. Der Komet erinnert daher an ein Plastik-Entchen. Auf seiner Oberfläche gibt es steile Felsen und Brocken. Wissenschaftler haben außerdem herausgefunden, dass Tschuri unter irdischen Bedingungen streng riechen würde – nach faulen Eiern, Pferdestall und beißendem Formaldehyd.

Esa-Direktor sieht Chancen bei 50 Prozent

Der Darmstädter Esa-Direktor für bemannte Raumfahrt und Missionsbetrieb, Thomas Reiter, hat den Erfolg der ersten Kometenlandung in der Geschichte der Raumfahrt auf etwa 50 Prozent geschätzt. „Man muss sagen, es ist schon mit gewissen Risiken behaftet. Wir sagen Fifty-fifty-Chance“, sagte der Ex-Astronaut am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Der Experte der Europäischen Weltraumorganisation Esa betonte: „Man muss sehr präzise navigieren in dieser unglaublichen Entfernung.“

Rosetta, Philae, Agilkia - wo kommen die Namen her?

ROSETTA: Der Name für die Sonde „Rosetta“ wurde in Anspielung auf den Stein von Rosetta (auch: Stein von Rosette) gewählt. Mit den Inschriften darauf – in Altgriechisch, Demotisch und in Hieroglyphen – konnten erstmals die ägyptischen Hieroglyphen entziffert werden. Der Stein befindet sich heute im Britischen Museum in London.

PHILAE: Der Name des Landers „Philae“ bezieht sich auf die Nil-Insel Philae. Auf diesem Eiland war ein Obelisk gefunden worden, der in griechischer Schrift und in Hieroglyphen die Namen von Kleopatra und Ptolemäus trug und so bei der Entzifferung half. Analog dazu soll die Mission dazu beitragen, unsere kosmische Geschichte zu entschlüsseln.

AGILKIA: Der für den Lander ausgesuchte Platz auf dem Kometen ist ebenfalls nach einer Insel im Nil benannt: Agilkia. Sie wurde 1980 der neue Standort für den Tempel von Philae. Der ursprüngliche Standort – die Insel Philae – war nach dem Bau eines Staudamms überflutet worden. Den Namen für den Landeplatz auf dem Kometen wählte eine Jury in einem Wettbewerb aus 8300 Vorschlägen aus. Vorher hieß der Platz auf dem Himmelskörper schlicht und kurz „J“.