Nach dem Mord an zwei britischen Touristen wächst die Empörung über die stümperhaften Ermittlungen in Thailand. Hat die Polizei die Bluttat unschuldigen Wanderarbeitern angehängt und diese gefoltert?

Bangkok. Zwei britische Urlauber werden in Thailand ermordet, mitten in der Nacht an einem Touristenstrand. Hunderttausende Besucher sind stets in Thailand unterwegs und schockiert, Reiseveranstalter sind unruhig, Diplomaten alarmiert. Die Tat verbreitet Angst und Schrecken, doch rücken die stümperhaften Polizeiermittlungen nun immer mehr ins Rampenlicht. Haben die Beamten unter dem Druck, schnell Schuldige zu finden und Thailands Ruf als sicheres Touristenland zu retten, arme Wanderarbeiter aus Myanmar zu Sündenböcken gemacht?

„Wie die Ermittlungen gelaufen sind, das ist höchst peinlich für die Polizei“, räumt ein ranghoher Beamter in Bangkok ein. „Aber wir haben alle einen Maulkorb bekommen und dürfen uns nicht äußern.“ Die offizielle Version von Polizeisprecher Krissana Patanacharoen ist diese: „Klar war die Polizei unter Druck, die Schuldigen zu finden, und ich verstehe, dass die Leute die Polizeiarbeit in Frage stellen, aber ich garantiere, dass wir nicht die Falschen festgenommen haben.“

Hannah W., 23, und David M., 24, sind jeweils mit Freunden in Thailand im Urlaub. Sie lernen sich auf Koh Tao im Golf von Thailand kennen. Die Insel ist nicht weit von Koh Phangan, wo Touristen jeden Monat alkohol- und drogenreiche Vollmond-Partys feiern. Die beiden gehen am 14. September erst mit Freunden in die AC Bar und später allein zum Strand. Dort werden sie am nächsten Morgen tot gefunden, ihre Köpfe mit einer Gartenhacke eingeschlagen.

Mord-Geständnisse durch Folter erpresst?

Erst führt die Polizei der Presse einen Freund von David als Verdächtigen vor, dann Wanderarbeiter, dann rennt ein Schotte um sein Leben, weil, wie er ängstlich berichtet, ein Barbesitzer auf Koh Tao ihm den Mord anhängen will. Ein Taxifahrer sagt Reportern, die Polizei habe ihm Geld versprochen, wenn er zwei Männer belastet. Dann präsentiert die Ermittler plötzlich zwei 21-Jährige aus Myanmar als Täter. Sie müssen das Verbrechen unter dem Blitzlichtgewitter der Presse am Tatort nachstellen. Inzwischen sagen sie, die Polizei habe ihre Geständnisse mit Folter erpresst.

Der Fall beschäftigt schon die Menschenrechtsorganisation Amnesty International: „Die Behörden müssen eine unabhängige und transparente Untersuchung einleiten, um Vorwürfe von Folter und Misshandlung zu prüfen“, fordert Asien-Direktor Richard Bennett.

Empörte Bürger starten eine Online-Petition mit der Forderung nach internationalen Ermittlern. Bis Mittwoch hat sie mehr als 45.000 Unterschriften. „Die stümperhaften Ermittlungen machen Einheimischen und Ausländern große Sorge“, schreibt Initiator Christopher Harkins.

„Touristen sind sicher in Thailand“

„Das Image Thailands steht auf dem Spiel“, sagt James Neilson, der in Südthailand einen Bootsverleih betreibt. „Die Regierung hat die Chance zu zeigen, dass sie alles unter Kontrolle hat – hoffentlich verpasst sie die Chance nicht.“

Weitere Touristeneinbußen wären eine Katastrophe für Thailand. Das Geschäft mit Besuchern macht rund zehn Prozent der Wirtschaft aus. Aber wegen politischer Unruhen und dem Militärputsch im Mai gab es in diesem Jahr schon einen Einbruch. Nach fast 27 Millionen Gästen 2013 kamen in den ersten acht Monaten zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Die meisten Besucher kommen aus Asien, aber auch fast 750.000 aus Deutschland.

„Touristen sind sicher in Thailand“, versichert der Sprecher des Tourismusministeriums, Narit Kanchanopat. „Das war ein bedauernswerter Einzelfall.“ Auf Koh Tao sei die Reaktion der Gäste aber spürbar: Es seien abends deutlich weniger Leute in den Kneipen unterwegs. Einen Imageschaden fürchtet er nicht. Zudem werde die Sicherheit erhöht: „Wir werden auf Koh Tao mehr Straßenlaternen installieren und 13 zusätzliche Überwachungskameras“, sagt er.