Der erste Fall einer Ebola-Infektion in Europa überrascht Mediziner. Spanische Behörden schließen weitere Fälle nicht aus. Waren die Sicherheitsvorkehrungen in der Madrider Klinik nicht ausreichend?

Madrid/Brüssel/Oslo. Nach der Ebola-Infektion einer Pflegehelferin in Spanien erwartet die EU-Kommission genauere Informationen von den dortigen Behörden. „Spanien hat sich an das Verfahren gehalten und die Kommission und die anderen Mitgliedsstaaten informiert“, sagte der Sprecher von EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg am Dienstag in Brüssel. „Unsere Priorität ist (...), genau zu erfahren, was geschehen ist“, sagte der Sprecher. Das betroffene Krankenhaus habe sich an sehr strikte Regeln halten müssen, die eine Ansteckung verhindern sollten.

Eine Pflegehelferin hatte sich in einem Madrider Krankenhaus bei der Pflege des Geistlichen Manuel García Viejo infiziert. Der Spanier hatte sich in Sierra Leone mit dem Ebola-Virus infiziert, wurde nach Madrid ausgeflogen und war dort verstorben. Die Frau betrat zweimal das Krankenzimmer in der Quarantäne-Station, einmal zur Pflege und ein zweites Mal zur Reinigung nach dem Tod des Geistlichen. Auf welche Weise sie sich das Virus zuzog, ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch völlig unklar.

Behörden schließen weitere Ebola-Fälle in Spanien nicht aus

Es ist die erste Übertragung des gefährlichen Virus innerhalb Europas. Die infizierte Pflegehelferin war nach dem Tod des Ebola-Patienten García Viejo am 25. September in den Urlaub gegangen und hatte Kontakt mit einer Reihe von Menschen. Am 30. September stellte sie bei sich leichtes Fieber fest und fühlte sich schwach. Die Mediziner maßen dem jedoch keine Bedeutung bei, weil das Fieber unter 38,6 Grad blieb und die Frau keine Ebola-Symptome aufwies.

Erst sechs Tage später wurde sie in Quarantäne genommen, als bei einem Bluttest das Ebola-Virus nachgewiesen wurde. Ein hoher Beamter des Gesundheitsministeriums räumte ein, dass die Frau früher hätte isoliert werden müssen.

Die Behörden erstellten Listen mit den Namen aller Personen, mit denen die infizierte Frau zuletzt Kontakt hatte. Dazu gehören die etwa 30 Mediziner und Pfleger, die mit ihr zusammengearbeitet hatten, sowie 22 Menschen aus ihrem privaten Umfeld und Mitarbeiter des Krankenhauses in der Madrider Vorstadt Alcorcón, in dem die Virus-Infektion festgestellt wurde. Diese Leute wurden unter Beobachtung gestellt. Der Ehemann der Pflegehelferin kam in Quarantäne.

Waren Sicherheitsvorkehrungen nicht hoch genug?

Spanische Mediziner sind überrascht und ratlos, wie es zu der Infektion der Pflegehelferin kommen konnte. Als die spanische Regierung zwei mit Ebola infizierte Geistliche aus Westafrika ausfliegen ließ, betonten die Verantwortlichen, dass das Risiko einer Übertragung minimal sei. In der Quarantäne-Station galten strengste Sicherheitsvorkehrungen. Gewerkschaften beklagten allerdings, dass die Schutzanzüge nicht den höchsten Ansprüchen genügten und die Reinigungskräfte nur in Schnellkursen in die Quarantäne-Vorkehrungen eingewiesen worden seien. „Irgendwo muss es ein menschliches Versagen gegeben haben“, sagte der Virologe Luis Enjuanes der Zeitung „El País“.

Die Spanier reagierten am Dienstag mit Besorgnis auf den Fall, es herrschte aber keine Panikstimmung. Politiker der Opposition forderten den Rücktritt von Gesundheitsministerin Ana Mato. Die Behörden wiesen darauf hin, dass die Gefahr einer Infektion gering sei, weil das Virus sich nicht durch die Luft, sondern nur über direkten Körperkontakt oder über Körperflüssigkeiten übertrage.

Medien informierten über die Virus-Krankheit. „Der erste Fall einer Ebola-Infektion in Spanien ist kein Grund zur Panik, darf aber auch nicht heruntergespielt werden“, betonte „El País“ in einem Leitartikel. „Die Panik kann man nur mit umfassender und glaubwürdiger Information bekämpfen.“

Ebola-Patientin in Norwegen soll Medikament bekommen

Inzwischen ist eine an Ebola erkrankte norwegische Mitarbeiterin der Organisation Ärzte ohne Grenzen am Dienstag zur Behandlung in Oslo angekommen. Das norwegische Fernsehen zeigte Bilder von der Ankunft eines Krankenwagens am Universitätsklinikum. Die Frau hatte sich bei einem Ebola-Hilfseinsatz in Sierra Leone mit dem Virus angesteckt – woran, war zunächst unklar. Tests am Sonntag hatten die Infektion bestätigt. Anschließend war die Frau ausgeflogen worden.

In der Osloer Klinik solle die Helferin die weltweit letzte verfügbare Dose des experimentellen Medikaments „ZMapp“ bekommen, meldete das norwegische Fernsehen unter Berufung auf den medizinischen Direktor des staatlichen Arzneimittelwerks, Steinar Madsen.

Flugreisende müssen keine Angst haben

In den drei am härtesten von Ebola betroffenen Ländern Liberia, Guinea und Sierra Leone fallen trotz verbesserter Hilfsmaßnahmen immer noch täglich Menschen Ebola zum Opfer. Insgesamt sind bei der WHO inzwischen mehr als 3400 Tote in den drei Ländern erfasst, mit über 2000 die weitaus meisten davon in Liberia.

Flugreisende müssen indes keine Angst haben, sich an Bord eines Flugzeugs mit Ebola zu infizieren. „Selbst wenn sie sich in einen Sitz setzen, auf dem ein Ebola-Kranker saß, ist eine Ansteckung höchst unwahrscheinlich“, sagt Prof. Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM). Das Virus könne außerhalb des menschlichen Körpers nicht lange überleben. Hinzukommt, dass es im Frühstadium der Erkrankung kaum übertragbar sei, sondern erst, wenn akute Symptome auftreten. Und in diesem Fall sei es wiederum sehr unwahrscheinlich, dass ein Erkrankter überhaupt an Bord einer Maschine gelassen wird.