16 Wärter sollten schlichten. Sechs davon wurden bei der Schlägerei in dem Jugendgefängnis in Adelsheim verletzt. Nun werden Forderungen laut, dass mehr Stellen geschaffen werden müssen.

Adelsheim/Stuttgart. Nach der Massenschlägerei im Jugendgefängnis Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis) mit mehreren verletzten Beamten warnen die Gewerkschaft und Politiker vor Kürzungen im Justizressort. Der Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), Alexander Schmid, sorgt sich um die Sicherheit der Bediensteten – und fordert die Schaffung von Hunderten Stellen. Die Opposition warnt vor einem Abbau von Jobs.

„Es war immer unsere Position, dass weitere personelle Einsparungen im Justizbereich zulasten der Aufgaben gehen“, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke am Dienstag. „Die Vorfälle in Adelsheim zeigen, dass wir mit dieser Einschätzung richtig liegen.“

Auch CDU-Justizexperte Karl Zimmermann (CDU) sieht keinen Spielraum für Einsparungen. „Wo soll denn noch gekürzt werden?“, fragte er. „So kann es im Bereich der Justiz nicht weitergehen.“ Ressortchef Rainer Stickelberger (SPD) nahm er in Schutz. Er müsse nur die Sparvorgaben von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) umsetzen.

Sechs Wärter wurden bei der Schlägerei verletzt

In der vergangenen Woche waren zwei Gruppen von Häftlingen aufeinander losgegangen. 16 Beamte schritten ein und wollten schlichten. Sechs wurden so schwer verletzt worden, dass sie dienstunfähig sind.

Aus dem Ministerium von Rainer Stickelberger (SPD) hieß es, derzeit würden keine Einsparungen im Justizvollzug erwogen. Der Vorfall in Adelsheim sei bisher einmalig. Er werde jetzt analysiert. Erst dann solle über mögliche Konsequenzen nachgedacht werden. Eine Möglichkeit sei, den Hofgang künftig in getrennten Bereichen stattfinden zu lassen.

Selbst 16 Beamte konnten die Häftlinge nicht abschrecken

BSBD-Chef Schmid hatte nach dem Vorfall gesagt, es treibe viele der Bediensteten um, wie es nun weitergehe: „Vor allem die Frage: „Wie sicher bin ich an meinem Arbeitsplatz?““ Er vermutet, wie auch die Anstaltsleitung, einen Machtkampf unter den Insassen. „Offene Rechnungen mussten wohl geklärt werden.“ Es könne dabei um Drogen oder auch um Vergeltung für Beleidigungen gegangen sein. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Mosbach erklärte, die Vernehmungen der Beteiligten hätten bislang noch nicht begonnen.

Für Schmid ist vor allem erschreckend, dass die Lage auf dem Hof trotz 16 Beamten vor Ort derart eskalieren konnte. „Normalerweise dienen so viele Beamte als Abschreckung. Dass die Gefangenen sich diesmal davon nicht beieindrucken ließen, ist für viele Kollegen bedrückend“, betonte Schmid, der selbst in der Justizvollzugsanstalt in Konstanz arbeitet. „Man musste immer damit rechnen, Opfer eines Übergriffs zu werden. Und jetzt erst recht.“

Waffen waren bei der Auseinandersetzung laut Schmid wohl nicht im Spiel. Die zehn Haupttäter im Alter von 18 bis 20 Jahren wurden in andere Gefängnisse verlegt.

Südwesten auf untere drei Plätze hinsichtlich Personalausstattung

In Adelsheim hatte ein Häftling vor einigen Jahren eine Justizbeamtin von hinten angegriffen, mit Schlägen und Tritten massiv attackiert und sie zu Boden geschlagen.

Zu glauben, dass bei sinkenden Gefangenenzahlen auch Kapazitäten bei den Bediensteten frei würden, sei ein Trugschluss, erklärte Schmid. Schon seit Jahren rangiere der Südwesten bundesweit auf den unteren drei Plätzen, was die Personalausstattung angehe. „Bald wird es einer der letzten zwei sein“, sagt Schmid, da in Bayern 200 neue Stellen für Justizvollzugsbeamte geschaffen werden sollen. Um das Bundesniveau zu erreichen, müssten laut dem Gewerkschafter 370 neue Stellen im Land geschaffen werden.

Das Ministerium betonte, dass es zu keiner Zeit eine so gute Personal-Gefangenen-Relation gebe wie derzeit. Das Verhältnis liegt demzufolge bei 73,5 Bediensteten zu 100 Inhaftierten. Mit den anderen Flächenländern befinde man sich bei der Personalausstattung zudem in etwa auf einem Level.

In Adelsheim sind fast 340 Menschen untergebracht. Die Zahl der Gefangenen im Südwesten sinkt laut Schmid stetig. „2013 waren es durchschnittlich 7128, zehn Jahre vorher lag die Zahl noch bei mehr als 8600.“