30.000 Besucher werden zum „Weltkultur“-Wandertag im Harz erwartet. Es sind ganz unterschiedliche Typen. Das Wandern ist besonders bei Erwachsenen beliebt. Treffen gilt als weltweit größtes Wanderfest.

Bad Harzburg. „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“, wusste schon Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Nach dem großen deutschen Dichter ist im Harz sogar ein Wanderweg benannt. Diesen werden von Mittwoch an wohl auch etliche der 30.000 Teilnehmer des 114. Deutschen Wandertages nutzen. Denn das Mittelgebirge erwartet vom 13. bis zum 18. August Zehntausende Wanderer. Die Stadt Bad Harzburg richtet das Großereignis aus. Das jährliche Treffen gilt als weltweit größtes Wanderfest.

Das diesjährige Motto lautet: „Weltkultur erwandern – Mythen erleben“. Die fast 200 Wanderungen und Exkursionen führen etwa zum Fagus-Werk in Alfeld, das 1911 vom Bauhausgründer Walter Gropius errichtet wurde, oder zum Hildesheimer Dom. Beide Bauwerke gehören zur Unesco-Welterbeliste.

Erster Höhepunkt ist die für den 14. August geplante Ankunft einer Wandergruppe aus Oberstdorf. Der Ort in Bayern hatte 2013 den Wandertag ausgerichtet, und traditionell wird der Wimpel zur nächsten ausrichtenden Stadt weitergetragen. „Zum Festumzug am Sonntag durch die Innenstadt von Bad Harzburg werden bis zu 15.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland erwartet“, sagte der Sprecher der Organisatoren, Detlef Kaczmarek. Je nach Wetter dürfte eine ähnliche Zahl von Zuschauern kommen. Am Tag darauf wird vor der Kulisse der Kaiserpfalz in Goslar Abschied genommen. Auch die Altstadt von Goslar ist Welterbestätte.

„Der Harz gilt bundesweit als klassisches Ziel für Urlaubswanderer“, sagte Kaczmarek. „Rund 10.000 Kilometer Wanderwege locken jedes Jahr mehrere Millionen Wanderer in die Region.“

Organisiert wird das Treffen vom Deutschen Wanderverband. Er ist die Dachorganisation von bundesweit 57 Wandervereinen. Insgesamt sind dort 600.000 Menschen organisiert. Die Mitglieder betreuen und unterhalten ehrenamtlich das Wanderwegenetz, organisieren Touren oder engagieren sich im Naturschutz.

Ob am Tag oder in der Nacht, ob mit neuestem Equipment oder traditioneller Ausrüstung, ob barfuß oder nackt: Das Wandern ist besonders bei Erwachsenen beliebt. Die stundenlangen Märsche durch Wälder und Felder, über Mittelgebirge und Almwiesen haben ganz unterschiedliche Anhänger. Eine kleine Auswahl der Wandertypen:

Extremwanderer: Vorbild könnte Ex-Musiker und Extremsportler Joey Kelly sein. Er hat Deutschland in knapp 18 Tagen durchquert – zu Fuß. Ein anderes Beispiel ist „Brocken-Benno“, wie sich Benno Schmidt, 82, aus Wernigerode nennt. Er hat den Brocken, Norddeutschlands höchsten Berg, bis zum 6. August bislang 7390-mal erklommen.

Nacktwanderer: Sie berufen sich auf Natürlichkeit, möchten aber nicht fotografiert werden. Trotz Mücken, Ästen und verwunderter Zuschauer gehen sie unbeirrt ihres Weges. Nacktwanderer verzichten allerdings nicht auf Schuhe.

Nachtwanderer: Die Anhänger des Wanderns in der Dunkelheit werden etwa im Harz bei der Fledermaus-Pirsch oder auf dem Heidschnuckenweg bei Vollmond angetroffen.

Gesundheitswanderer: Zertifizierte Wanderführer leiten durch Wiesen und Wälder, und Kräuterexperten erklären, was so alles genießbar ist.

Gruppenwanderer: Meist nicht leistungsorientiert. Singend und plaudernd vertreibt er sich die Zeit. Ziel ist ein lange zuvor reservierter Tisch in einer Waldschänke nicht weit vom Parkplatz.

Webwalker: Als technisch kundiger Individualist nutzt er zur Vorbereitung seiner Touren alle Möglichkeiten des Internets, um sich Routen samt Höhenprofil berechnen zu lassen.

Geocacher: Die Augen fest auf ihr GPS-Gerät zur Satellitennavigation gerichtet, brechen sie durchs Dickicht und stolpern über so manche Baumwurzel.

Retrowanderer: Älter und meist männlichen Geschlechts. In ledernen Knickerbockerhosen und kariertem Hemd eilt er forschen Schrittes durch den Wald und erklimmt jede Höhe. Lautlos schließt er von hinten auf, nur gelegentlich verrät ihn das Klackern eines alten Spazierstocks mit feinsäuberlich aufgenagelten Blechschildchen daran.

Pilgerwanderer: Er wandert bevorzugt auf dem Jakobsweg zum Wallfahrtsort Santiago de Compostela, meist nur in Teilstrecken. Vorbild ist für manche der TV-Entertainer Hape Kerkeling, der über seine Erfahrungen ein Buch geschrieben hat („Ich bin dann mal weg“).

Durchschnittswanderer: Er ist im Schnitt 52 Jahre alt, will die Natur erleben und etwas für die Gesundheit tun. Bevorzugte Ziele sind Bayern und der Schwarzwald.