Dressur, Springreiten, Übungen mit Lanze und Säbel: Der moderne Pferdesport hat seine Ursprünge im Militär. Das zeigt sich auch bei den Deutschen Meisterschaften der Kavallerie in Gotha.

Gotha. Hufgeklapper ertönt entlang der Straße an dem kleinen Flüsschen in Hörselgau bei Gotha. Vier Reiter in etwas unmodern wirkenden Uniformen nähern sich der Brücke, halten schließlich an und beraten das weitere Vorgehen. Einer der aus der Schweiz stammenden Männer, vermutlich der Anführer, gibt ein paar Kommandos und sitzt schließlich ab, während zwei Soldaten ihre Pferde über die Brücke führen und sich dort einen Überblick verschaffen.

Die Szene ist Teil der Patrouillenprüfung für die 2. Internationalen Deutschen Meisterschaften der Kavallerie, die an diesem Freitag in Gotha begannen. Weitere Disziplinen sind Dressur- und Springreiten sowie besondere Prüfungen mit Lanze und Säbel. Am Sonnabend ist zudem ein Zapfenstreich (Retraite) vor dem Gothaer Rathaus geplant. 54 Freunde historischer Uniformen aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert nehmen an dem dreitägigen Reitwettbewerb auf der alten Galopprennbahn Boxberg teil.

„Wir haben alle einen Vogel“, sagt Gerhard Milewski vom Deutschen Kavallerieverband, der das Turnier mit organisiert. Dennoch sei dies kein Kasperletheater, fügt der Unternehmer hinzu. „Es ist nicht so, dass wir einmal im Jahr zu Karneval einreiten.“ Viele Verbandsmitglieder seien ehemalige Kavalleristen oder noch aktiv in der Armee ihres Landes. So wie Ulrich Lehmann, Zweiter bei den Olympischen Spielen in Montreal 1976 in der Dressur. „Wir sind wie lebende Zinnsoldaten“, versucht er, sein Hobby zu beschreiben. Jetzt reitet er nicht mehr mit, unterstützt seine Mannschaft aber nach Kräften.

Oder Udo Schrötter aus Dornheim, der nicht über die Pferde zur Kavallerie kam, sondern über seinen „Fetisch“ Uniform. Der Mann mit den lachenden Augen ist auch Mitglied des Vereins historischer Uniformen und lief im Oktober 2013 bei der nachgestellten Völkerschlacht bei Leipzig mit, als 6000 Akteure den Kampf mit Napoleon nachstellten.

Der Kavallerieverband versucht seit drei Jahren, die Tradition und Geschichte der Reiterei wieder erlebbar zu machen. „Wir sind noch ganz am Anfang“, räumt Schrötter ein, dem man anmerkt, dass es am Vorabend spät geworden ist.

Die Patrouillenübung gleich am ersten Wettkampftag ist dabei vor allem körperlich anstrengend. Die Reiter müssen wie in einem Manöver das Gelände überprüfen oder feindlichen Einheiten ausweichen – so wie es zu Zeiten der berittenen Aufklärung noch während des Ersten Weltkrieges abgelaufen wäre. Mittlerweile übernehmen solche Aufgaben Spähpanzer oder Flugzeuge, sagt Wilfried Fauer, Reservist bei der Bundeswehr und Richter beim Meisterschaftsturnier.

Eine der Aufgaben ist eben auch die Brücke in Hörselgau: Wurde sie mit Sprengstoff präpariert? Gibt es Wachen? Können schwere Fahrzeuge über sie den Fluss überqueren? Das Schweizer Team löst die Prüfung perfekt. Während der Anführer bereits die Brücke begutachtet und keinen Sprengstoff findet, kehrt einer der vorgeschickten Soldaten zurück und meldet Feindberührung. „Eine verdächtige Person, unbewaffnet.“

Auch die erneute Überprüfung mit einem Fernglas zeigt keine bedrohliche Lage. „Zivilist, mit rotem Käppi, keine Gefahr“, heißt die zweite Meldung an den Gruppenführer, der nun die Breite und Länge der Brücke notiert. „Volle Punktzahl“, lobt Richter Rudolf Rüter.

Etwas ratlos bleibt Rüter allerdings kurz darauf beim ungarischen Team zurück. Die als Nádasdy-Husaren verkleideten Männer nähern sich zügig der Flussübergang – und reiten einfach leicht grinsend weiter, ohne auf den Menschenpulk am Rande zu achten. „Sie wollten wohl Zeit aufholen“, sagt Rüter achselzuckend. Das Spiel muss eben auch Spaß machen, sonst geht es nicht.