Gut eine Woche nach dem ESC-Sieg gibt Conchita Wurst ihr erstes Konzert. Bei ihrem Auftritt in Wien will die Politik vom Glanz der Dragqueen profitieren. „Es wird eindeutig versucht, Conchita Wurst politisch zu vereinnahmen“, so ein Parteienforscher.

Wien. Am Ende war es wohl sogar für Conchita Wurst zu theatralisch: Gut eine Woche nach ihrem triumphalen Sieg beim Eurovision Song Contest gibt die Dragqueen ihr erstes Konzert, verzichtet jedoch auf den angedachten historischen Auftritt auf dem Kanzleramtsbalkon in Wien. Das sei den wirklich wichtigen Menschen vorbehalten, sagt sie – 1972 jubelten hier unzählige Menschen der österreichischen Skilegende Karl Schranz zu.

Wurst hat darauf keine Lust: „Ich will am liebsten in die Menge“, sagt sie. Für die rund 10 000 Fans auf dem Wiener Ballhausplatz gibt sie dann unter anderem den Celine-Dion-Song aus dem Katastrophendrama „Titanic“, „My Heart Will Go On“, zum Besten. Ihren Song von Kopenhagen, „Rise Like A Phoenix“, stimmt sie gleich zweimal an.

Conchita Wurst und die Politik

Die Zurückhaltung der bärtigen Dragqueen gegenüber dem offiziellen Österreich könnte noch einen anderen Grund haben. Nach einer Woche Conchita-Wahnsinn geht es längst auch um die Frage, wie sich Prominente und Amtsträger zur neuen „Königin von Österreich“ positionieren.

„Es wird eindeutig versucht, Conchita Wurst politisch zu vereinnahmen“, meint der Parteienforscher Thomas Hofer. Eine Woche vor der Europawahl wolle die Politik teilweise den Hype nutzen und etwas vom Glanz der Dragqueen abbekommen. Österreichs Kanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigt sich beim Wurst-Empfang im Kanzleramt begeistert: Auf das, was sie in Dänemark erreicht habe, sei ganz Österreich stolz, sagt er.

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) sieht in Conchitas Sieg bereits einen Auftrag an die Politik: „Es ist unsere Aufgabe, mit Hilfe dieser starken Stimme gesellschaftspolitisch zu mehr Respekt beizutragen“, meint er. Das betreffe nicht nur Heterosexuelle gegenüber Homosexuellen, sondern grundsätzlich Mehrheiten gegenüber Minderheiten.

„Es wird versucht, Themen hochzuziehen, die schon lange auf der Agenda einzelner Parteien standen“, stellt Parteienforscher Hofer fest. Statt dem Desaster der Hypo Alpe Adria bestimmt nun Conchita Wurst die Debatten in der Alpenrepublik kurz vor der EU-Wahl.

Wurst hofft auf eine besser Welt

Die will vom parteipolitischen Klein-Klein jedoch wenig wissen: Der Auftritt am Kanzleramt gelte in allererster Linie den Fans, sagt Conchita-Manager René Berto. Vor zwei Jahren trat Wurst alias Tom Neuwirth (25) noch in Werbespots der österreichischen Grünen auf. Nun sei die Botschaft eher in Richtung internationaler Weltpolitik gerichtet, betont Berto. Und Wurst selbst genießt in erster Linie den Auftritt vor den Regenbogenfahnen schwenkenden Besuchern mit angeklebten Conchita-Bärten in Wien: „Mir bedeutet es unheimlich viel, zu spüren, dass ich nicht alleine bin“, ruft sie gerührt. Sie habe Hoffnung auf eine Zukunft ohne Hass und Diskriminierung. Und dies solle der Welt auch im kommenden Jahr beim ESC präsentiert werden.