Steht der Haftanstalt in Landsberg ein Promi-Tourismus bevor? Neben der Familie wollen auch prominente Freunde den verurteilten Steuersünder Uli Hoeneß im Gefängnis besuchen.

Landsberg am Lech. Günter Netzer hat es fest versprochen: Er will Uli Hoeneß im Gefängnis besuchen. Die Visite in Landsberg am Lech sei eine ausgemachte Sache, sagte der Ex-Fußball-Nationalspieler dieser Tage: „Das wird garantiert passieren. Vorausgesetzt, ich komme rein.“ Auch andere Freunde wollen den wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilten ehemaligen FC Bayern-Boss besuchen. Steht dem 50 Kilometer von München entfernten Gefängnis ein Promi-Tourismus bevor? Müssen sich Weggefährten des 62-Jährigen in lange Besucherlisten eintragen, um dem bekanntesten Häftling Deutschlands beizustehen?

„Es werden alle gleich behandelt“, sagte Gefängnischefin Monika Groß vor einer Woche über ihre Insassen – bei dem von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) anschließend kritisierten Besichtigungstermin für über 150 Journalisten. Wenn dies zutrifft, wird Hoeneß nur zweimal im Monat je zwei Stunden Besuch bekommen, solange er im geschlossenen Vollzug ist, also das Gefängnis nicht verlassen darf. Dann wird er zuerst seine Frau Susi und seine beiden Kinder sehen wollen. Auch sein Bruder Dieter dürfte dazugehören.

Bis zu drei Besucher gleichzeitig sind erlaubt, wie der stellvertretende Gefängnisleiter Harald Eichinger bei dem Medientermin schilderte. Gefangener und Besucher sitzen im wenig schmucken Besucherraum hinter vergitterten Fenstern an quadratischen Holztischen. Körperkontakt ist erlaubt, doch das Wachpersonal sieht alles.

Besucher-Kontingent schnell erschöpft

Dass auch Weggefährten wie FC Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Trainer Pep Guardiola oder Kapitän Philipp Lahm bei Uli Hoeneß vorbeischauen wollen, darf vermutet werden. Damit ist das Kontingent an Besuchern aber fürs Erste erschöpft. Ob da noch Zeit für alte Bekannte wie Netzer und Co. bleibt, erscheint fraglich.

Eine Frage ist auch, wie lange Hoeneß überhaupt im geschlossenen Vollzug bleibt. Zwar versicherte Gefängnischefin Groß, dass jeder Häftling ausnahmslos die erste Zeit ohne Lockerungen hinter Gefängnismauern darben muss, anfangs in einer Zwei-Mann-Zelle. Doch fügte der für den Strafvollzug im bayerischen Justizministerium zuständige Abteilungsleiter Frank Arloth hinzu: „Es gibt Fälle, in denen jemand tatsächlich früher in den offenen Vollzug kommt.“

Normalerweise ist dies 18 Monate vor dem voraussichtlichen Haftende der Fall. Hoeneß könnte bei guter Führung nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Haft entlassen werden, also nach zwei Jahren und vier Monaten. Zieht man davon 18 Monate ab, dürfte Hoeneß nach rund 10 Monaten geschlossenem Vollzug mit spürbar gelockerten Haftbedingungen rechnen. Ausgang, Urlaub und sogar Freigang würden dazugehören. Der Freigänger kehrt nur abends in seine Zelle zurück. Tagsüber kann er in relativer Freiheit einer geregelten Arbeit nachgehen.

Baldige Verlegung nach Rothenfeld?

Vielleicht wird der prominente Häftling Hoeneß auch schon bald nach Haftantritt in die Außenstelle Rothenfeld des Landsberger Gefängnisses nahe Andechs (Landkreis Starnberg) verlegt. Der landwirtschaftliche Betrieb dient nach Angaben der Haftanstalt seit 1995 als arbeitstherapeutische Einrichtung. Hohe Mauern und Stacheldraht sucht man dort vergebens. Die Insassen können sich in dem Gelände frei bewegen.

Zwischen 10 und 15 Gefangene versorgen dort an die 1200 Rinder, Ziegen, Damwild und Geflügel oder helfen bei der Arbeit im Gemüsegarten und im Wald. Hoeneß ist gelernter Metzger. Er kennt sich als Bratwurstfabrikant mit dem Zerlegen und Verarbeiten von Nutztieren aus. Die Haftbedingungen sind dort weit weniger hart als in Landsberg – Wecken um 5.50 Uhr und „Generaleinschluss“ in die Zelle um 19.00 Uhr dürften kein Thema sein.

In dem Betrieb werden auch soziale Verhaltensweisen trainiert, die für die Wiedereingliederung der Häftlinge nach ihrer Entlassung wichtig sind. In einer Broschüre des Landsberger Gefängnisses sind die Bereiche aufgeführt, mit denen sich die Häftlinge in den Trainingseinheiten auseinandersetzen sollen. Ein Thema lautet: Geld und Schulden.

Geheimnis um Haftantritt von Hoeneß

Der Zeitpunkt des Haftantrittes von Deutschlands prominentestem Straftäter Uli Hoeneß rückt immer näher. Doch wann genau der wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte Ex-Boss des FC Bayern im Gefängnis von Landsberg am Lech einrücken muss, soll ein streng gehütetes Geheimnis bleiben. Alles hängt von einem Datum ab: der Zustellung der Urteilsbegründung.

Nach Paragraf 275 der Strafprozessordnung muss das Landgericht München II spätestens sieben Wochen nach Verkündung des Urteils den Prozessparteien die schriftliche Begründung vorlegen. Erst dann kann die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde Hoeneß die Ladung zum Haftantritt zukommen lassen. Ob das Gericht das ausführliche Urteil bereits verschickt hat, wollten am Montag weder die Verteidigung von Hoeneß noch die Staatsanwaltschaft noch das Gericht selbst mitteilen. Zuständig für die Vollstreckung der Haft ist die Staatsanwaltschaft München II. Ihr Sprecher Ken Heidenreich verwies darauf, dass Vollstreckungsverfahren stets nicht öffentlich seien.

Als sogenannter Selbststeller, der aus der Freiheit heraus und nicht aus Untersuchungshaft in die Justizvollzugsanstalt muss, dürfte Hoeneß sich selbst vor dem Gefängnistor einfinden. Die Ladung zum Haftantritt wird Hoeneß jedenfalls „binnen weniger Tage“ nach Vorlage der Urteilsbegründung zugestellt, wie Heidenreich auf Anfrage mitteilte.

Schöpft das Gericht die Sieben-Wochen-Frist voll aus, wäre der 30. April das letztmögliche Datum für die Urteilszustellung. Uli Hoeneß könnte das Osterfest noch daheim am Tegernsee bei seiner Familie feiern. Spätestens Mitte Mai dürfte es aber ernst werden für Deutschlands prominentesten Steuerhinterzieher.