Die vermisste malaysische Passagiermaschine soll laut einem Medienbericht nach dem Abbruch des Radarkontakts noch vier Stunden unterwegs gewesen sein. Flog sie unentdeckt Richtung Pakistan?

Kuala Lumpur. Es wird immer mysteriöser. Bei der Suche nach dem verschwundenen Flugzeug in Südostasien ist wieder eine Spur im Sande verlaufen: Verdächtige Trümmerteile, die ein chinesischer Satellit am Sonntag aufgenommen hatte, seien nicht mehr zu finden gewesen, sagte der Chef der malaysischen Zivilluftfahrt, Azharuddin Abdul Rahman, in Kuala Lumpur am Donnerstag. Das „Wall Street Journal“ meldete unter Berufung auf US-Luftfahrt- und Geheimdienstexperten, die Maschine sei noch vier Stunden nach dem letzten Radarkontakt weitergeflogen. Die Triebwerke hätten so lange noch automatisch Daten übermittelt. Bislang hieß es, es habe keine automatischen Mitteilungen von der Maschine gegeben. Der malaysische Verkehrsminister Hishammuddin Hussein widersprach dem Bericht des „Wall Street Journal“.

Aus Peking kam zu den Trümmerteilen südlich von Vietnam eine andere Mitteilung. Die schwimmenden Objekte stammten nach chinesischen Erkenntnissen nicht von dem verschollenen Flugzeug, erklärte eine Sprecherin von Chinas Luftverkehrsbehörde (CAAC): „Wir haben bestätigt, dass sie mit dem Flugzeug nichts zu tun haben.“ Wie die Experten zu dem Schluss gekommen sind, sagte die Sprecherin nicht.

Abstruse Theorien zum Verschwinden des Flugzeugs

Die chaotische Informationslage und die vielen widersprüchlichen Aussagen haben international Kritik an den malaysischen Ermittlern ausgelöst. Chinas Regierungschef Li Keqiang verlangte, dass die Suche verstärkt werde. An Bord waren 154 chinesische Staatsbürger. Die Koordination der Bemühungen aller Seiten müsse ausgeweitet werden, sagte er zum Abschluss der Jahrestagung des Volkskongresses vor der Presse. „Solange es nur einen Funken Hoffnung gibt, werden wir die Suche nach dem Flugzeug nicht aufgeben.“

Die Malaysia Airlines-Maschine mit 239 Menschen an Bord verschwand am frühen Sonnabend eine Stunde nach dem Start zwischen Malaysia und Vietnam vom Radar und ist seitdem spurlos verschwunden.

Piloten können Sender manuell ausschalten

Flog sie aber noch Stunden, wie es das „Wall Street Journal“ berichtet? Völlig unklar an diesem Szenario wäre, wieso die Piloten sich nicht meldeten, und weshalb die Maschine nicht auf Radarbildern zu sehen war. Nach Angaben der Zeitung kann der Pilot alle nötigen Sender manuell ausschalten – US-Terrorexperten schlössen die Theorie nicht aus, dass jemand ins Cockpit eindrang, berichtete die Zeitung.

Nach Angaben des „Wall Street Journal“ funken Triebwerke automatisch Daten, die bei der routinemäßigen Wartung ausgewertet werden. Auch von Flug MH370 seien solche Daten aufgefangen worden. Das widerspricht allen bisherigen Beteuerungen der Ermittler. Das System zur Übermittlung der Daten werde vom Triebwerk-Hersteller, in diesem Fall Rolls-Royce, bereitgestellt, schreibt die Zeitung.

Die Daten legten nahe, dass die Boeing 777 insgesamt fünf Stunden in der Luft war – vom Radar verschwand sie etwa eine Stunde nach dem Start, hieß es in dem Bericht des „Wall Street Journal“ weiter. Dies könnte bedeuten, dass die Maschine mit 239 Menschen an Bord nach dem letzten Kontakt mit der Flugüberwachung noch hunderte Kilometer weiterflog.

Die Wall Street Journal-Reporter fragten bei Rolls-Royce nach. „Wir beobachten die Situation und unterstützen Malaysia Airlines weiterhin“, sagte ihnen ein Mitarbeiter von Rolls-Royce nach dem Bericht lediglich. Informationen seien ausschließlich von den Ermittlern zu erwarten. Malaysia Airlines äußerte sich nicht dazu. In vier Flugstunden hätte die Boeing noch 3500 Kilometer fliegen können, bis zur pakistanischen Grenze, wie die Zeitung schreibt.

Wurde das Flugzeug doch entführt?

US-Antiterrorspezialisten überprüften die Möglichkeit, dass einer der Piloten oder ein anderer Insasse des Flugzeugs die Maschine an einen unbekannten Ort entführt haben könnte, hieß es im „Wall Street Journal“ weiter. Zuvor seien möglicherweise die Transponder zur automatischen Sendung von Flugdaten abgeschaltet worden, um der Radarüberwachung zu entgehen. Die Ermittler verfolgten die Theorie, dass die Maschine umgeleitet worden sei, „um sie später für einen anderen Zweck zu nutzen“.

Der malaysische Verkehrsminister Hussein widersprach der Annahme, die Maschine sei womöglich noch mehrere Stunden weitergeflogen: „Diese Informationen sind ungenau“.

Malaysia Airlines ändert Flug-Kennung

Nach dem mysteriösen Verschwinden ihrer Boeing 777-200 ändert Malaysia Airlines ab sofort die Kennung ihres Flugs aus der Hauptstadt Kuala Lumpur nach Peking. Die Verbindung habe ab dem 15. März die Nummer MH318, teilte die Airline am Donnerstag mit. Bislang lautete die Flugnummer MH370. „Unsere Gedanken und Gebete bleiben bei den Familien unserer Kollegen und der Passagiere von MH370“, erklärte die Fluggesellschaft.

Bereits in den vergangenen Tagen hatten widersprüchliche Meldungen über Funde und mögliche Flugrouten für Verwirrung gesorgt. Tatsache ist, dass es auch am Donnerstag – fünf Tage nach dem Verschwinden der Maschine – weiter keine stichhaltigen Hinweise auf ihren Verbleib und das Schicksal der Insassen gab.

Zuvor hatten die malaysischen Behörden ihr Vorgehen bei der Suche nach dem Passagierflugzeug verteidigt. Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein sprach von einem noch nie dagewesenen Fall und einer komplizierten Suchaktion, die mehrere Staaten sowie 43 Schiffe und 39 Flugzeuge auf einem Seegebiet von fast 93.000 Quadratkilometern umfasse.