Kreativ und bunt statt groß und protzig: Die Berliner Modewoche ist stolz auf ihr besonderes Image. Bei den Laufstegschauen am Brandenburger Tor zeigen bis zum Freitag rund 50 Designer ihre Entwürfe.

Berlin. Berlin eröffnet diese Woche das Modejahr. Zum Auftakt der viertägigen Mammutveranstaltung zeigte der aus Laos stammende Designer Hien Le eine radikal puristische Kollektion für den kommenden Herbst und Winter – raffinierte Schnitte, weichfallende Stoffe, klare Linien, ohne Knopf, Kragen oder Schnalle. Bei den Farben dominierten dunkles Türkis, Rost und das hautfarbene Nude. Ein Hingucker ist das neue Riesen-Karo für Damen und Herren.

Vor den großen Schauen für Frauenmode in New York und London, Mailand und Paris sind bei der 14. Ausgabe der Berlin Fashion Week von Dienstag an (14. bis 17. Januar) erstmals die Entwürfe für den kommenden Herbst und Winter zu sehen. Doch statt den internationalen Mammut-Events hinterherzuhecheln, besinnt sich die quirlige Bundeshauptstadt immer mehr auf ihre eigentliche Stärke: Mehr denn je stehen junge, kreative Designer im Mittelpunkt, die mit innovativen Ideen die Trends für morgen und übermorgen setzen.

„Berlin, the place to be for fashion“, sagt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in seinem Grußwort – Berlin, ein Muss für die Modewelt. Neben den traditionellen Laufstegschauen am Brandenburger Tor gibt es ein Dutzend Einzelmessen mit unterschiedlichem Profil, zahlreiche Showrooms und natürlich jede Menge Partys, Events und Medienveranstaltungen. Insgesamt werden rund 2500 Aussteller und 250.000 Besucher erwartet.

Guido Maria Kretschmer zählt als feste Größe

Neben Hien Le sind feste Größen auch Labels wie Kaviar Gauche, Kilian Kerner, Lala Berlin, Perret Schaad, Patrick Mohr, Marcel Ostertag, das deutsch-französische Designer-Duo Augustin Teboul sowie der frischgebackene Bestsellerautor und „Shopping Queen“-Juror Guido Maria Kretschmer. Mit besonderer Aufmerksamkeit dürfen die letztmaligen Publikumslieblinge von Achtland rechnen.

Nicht dabei sind erneut die großen Namen Hugo Boss, Rena Lange und Escada. Dafür geben bei den insgesamt 50 Schauen im Modezelt am Brandenburger Tor elf Designer ihr Debüt. Dazu gehören etwa die eineiigen Zwillinge Sandra und Anja Umann (Label: Umasan), die mit ihrer veganen und nachhaltigen Mode bei einem Wettbewerb des Senats die Chance zu einem der begehrten Runway-Auftritte gewonnen haben.

Ebenfalls neu am Start: das schwedische Label Filippa K und die aufstrebende russische Designerin Alena Akhmadullina, für die das Magazin „Elle“ eigens eine „Nuit Privée“ in der Russischen Botschaft organisiert. Der offiziellen Kampagne der Fashion Week gibt das für seine sexy Zahnlücke bekannte Model Georgia May Jagger ein Gesicht – Tochter von Jerry Hall und Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger. Das Düsseldorfer Modelabel Sava Nald hat die inzwischen 77-jährigen Kessler-Zwillinge Alice und Ellen für den Catwalk gewonnen.

Bei den begleitenden Mode-Messen, die vor allem für die Einkäufer interessant sind, verteidigt die „Bread & Butter“ am ehemaligen Flughafen Tempelhof ihre Position als Platzhirsch. Wo zu Zeiten des Kalten Krieges die Rosinenbomber landeten, zeigen jetzt unter dem Motto „Ich bin ein Berliner“ rund 600 Aussteller angesagte Straßen-, Sport- und Jeans-Mode.

Auch Publikum willkommen

Messechef Karl-Heinz Müller sorgte schon im Vorfeld mit seiner Ankündigung für Aufsehen, die Veranstaltung vom Sommer an nicht nur für Fachbesucher, sondern auch für das Publikum zu öffnen. „Einige haben behauptet: Ich bin verrückt geworden! Ich sage: Der Markt ist ver-rückt“, erklärte Müller. Schließlich bestimmten immer mehr gut informierte Konsumenten und Lifestyle-Blogger die Kaufentscheidung.

Zum besonderen Berlin-Image gehört auch der Schwerpunkt Öko-Mode: Erneut ist umweltbewusste und nachhaltige Produktion ein wichtiger Teil des Messeprogramms. Der Lavera Showfloor, der Greenshowroom und die Ethical Fashion Show etwa widmen sich ausschließlich diesen Themen. Sie wollen gerade angesichts der jüngsten Skandale in der Textilindustrie zeigen, dass „grüne“ Mode alles andere als langweilig und hausbacken sein kann.

Das Land Berlin freut sich über das bunte Angebot. Jede Fashion Week bedeutet nach Angaben von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von rund 120 Millionen Euro.