Peter Graf stirbt mit 75 Jahren. Er begründete die Weltkarriere seiner Tochter Steffi. Graf galt als eine der umstrittensten Figuren im Tennisgeschäft.

Mannheim. Es war der 7. Juli 1984, als ein 15 Jahre altes, blondes Mädchen im ZDF Premiere hatte. Für einen Auftritt im „Aktuellen Sportstudio“ schlug Stefanie „Steffi“ Graf Tennisbälle über ein improvisiertes Netz. Wenige Tage zuvor hatte der Teenager in Wimbledon die Runde des besten 16 erreicht. Auf der anderen Seite des Netzes an diesem Abend im Studio: Peter Graf. Versicherungskaufmann. Gebrauchtwagenhändler. Tennistrainer. „Und der Papa kümmert sich nur um die Tochter?“, fragte Moderator Harry Valerien. Peter Graf antwortete: „Es muss sein.“

Schon in jenen Tagen vor bald 30 Jahren deutete sich an, dass die Tochter eine Ausnahmekarriere machen würde. Wenn einer es frühzeitig geahnt hat, dann Peter Graf. Schon als Tochter Steffi noch im Kindergartenalter war, so geht eine Anekdote, rückte der Papa im heimischen Wohnzimmer in Brühl das Sofa von der Wand ab und ließ Steffi mit einem abgesägten Holzschläger Tennisbälle hinüberspielen. Für 20 Schläge ohne Unterbrechung erhielt sie zur Belohnung eine Salzstange, für 50 gab es ein Vanilleeis mit heißen Himbeeren.

Peter Graf stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Sein Vater Alfons ist Beamter und leitet das Sport- und Bäderreferat Mannheim. Mutter Rosemarie nimmt sich das Leben, als Peter gerade volljährig ist. Das Gymnasium verlässt er ein Jahr vor dem Abitur, das er später nachholt. Im September 1968 heiratet er Heidi Schalk. 1969 kommt Tochter Stefanie Maria Graf zur Welt, 1971 der Sohn Michael. Erst mit 27 Jahren erlernt er das Tennisspielen, schafft es später dennoch bis in eine Regionalligamannschaft. Eines zeichnet Peter Graf aus, das nicht erlernbar scheint: Instinkt. Anfangs trainierte er Steffi noch selbst, doch rasch erkannte er, dass er Hilfe benötigte. So wurde Boris Breskvar zweiter Trainer der Nachwuchsspielerin. Manche nennen den Slowenen Steffi Grafs Entdecker. Doch eigentlich gebührt diese Bezeichnung Peter Graf. Weitsichtig engagierte er schon 1979 einen Fachmann, der sich nur um die Athletik der vielversprechenden Tochter kümmerte. Ein Novum seinerzeit.

Peter Graf war wachsam. Fordernd. Behütend. Streng. Aufmerksam. „Er war auf das Beste bedacht. Und was das Beste ist, bestimmt er“, hieß es in einem ZDF-„Sportspiegel“-Beitrag 1985. Dass der ehrgeizige Papa Graf in der Tennisszene nicht den besten Ruf genoss, war gleichwohl ein offenes Geheimnis.

Unter den Fittichen des umtriebigen Selfmade-Managers Peter Graf jedenfalls begründete Steffi in den 1980er-Jahren gemeinsam mit dem fast altersgleichen Boris Becker einen enormen Tennisboom. Sie entwickelte sich über die Jahre zu einer der populärsten und erfolgreichsten Sportlerinnen des Landes – und nicht zuletzt dank ihres Vaters zur Werbemillionärin.

Natürlich profitierte auch Graf senior von den beständig eingespielten Preisgeldern seiner über die Maße talentierten Tochter. Elf Jahre nach dem ersten Auftritt im „Sportstudio“ soll er angeblich ein Vermögen von weit mehr als 100 Millionen D-Mark angehäuft haben. In Brühl ließ das Familienoberhaupt eine Villa mit hohen Mauern auf einem weitläufigen Grundstück, dazu Tennishalle und Tennisplatz bauen.

Zum Verhängnis wurde Peter Graf, dass er – ohne das Wissen seiner Tochter – rund zwölf Millionen Mark Steuern hinterzog. Das Landgericht Mannheim verurteilte ihn deshalb zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis. Nach der vorzeitigen Entlassung aus der Haft 1998 wurde es still um ihn. Die Ehe mit Steffis Mutter Heidi ging in die Brüche. Nach der Scheidung heiratete er erneut, er beriet und trainierte Tennisspieler, öffentliche Auftritte jedoch vermied er. Am Wochenende ist Peter Graf nun zu Hause in Mannheim (Baden-Württemberg) gestorben. Er habe seit mehr als einem Jahr an Bauchspeicheldrüsenkrebs gelitten, berichtet die „Bild-Zeitung“. Peter Graf wurde 75 Jahre alt.