Manfred Rommels Schwabenstreiche – zum Tod des großen Stuttgarter Oberbürgermeisters

Manfred Rommel, der 22 Jahre lang OB, also Oberbürgermeister, von Stuttgart war, eine lange und eine wichtige Zeit für die Schwabenmetropole, die Hauptstadt zwischen Wald und Reben, die Stadt zwischen Fildern und Daimler-Benz, hat sie zu dem gebracht, was die günstigste und wichtigste Eigenschaft der Schwaben sein kann: neben ihrer Sparsamkeit (auch als Geiz verschrien) und neben ihrer selbstbewussten Unfähigkeit, hochdeutsch zu sprechen, stattdessen jenes Honoratioren-Schwäbisch, das Bundespräsident Heuß wie Ministerpräsident Lothar Späth, CDU-Rebell Heiner Geißler bis Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann beherrschen. Rommel hat Stuttgart zu der liberalen Toleranz gebracht, die „Papa Heuß“ bei der Wiederbewaffnung den neuen Soldaten zurufen ließ: „Nun siegt mal schön.“

Diese Toleranz gipfelt in dem schwäbischen Kernsatz, der eine Debatte gütig und geduldig mit einem Kompromiss beendet: „So isch’s na au wieder!“ – was heißt, auch die Gegenseite hat ein Recht, recht zu behalten.

Rommel, Sohn des legendären Afrikakorps-Feldmarschalls Erwin Rommel, des „Wüstenfuches“ Hitlers, der, als er sich beim Attentat 1944 gegen seinen „Führer“ stellte, zum Selbstmord gezwungen wurde, Manfred Rommel, der anfangs im lieben Spott das „Wüschtenfüchsle“ genannt wurde, war ein großer, ausgleichender, toleranter Schwabe. Als der Stuttgarter Schauspieldirektor Claus Peymann 1977 in provozierender Manier zum Sammeln für den Zahnersatz von Ulrike Meinhof aufrief, widersetzte sich Rommel – gegen die eigene CDU – hinsichtlich Peymanns Entlassung. Er sorgte dafür – wieder gegen allen Widerstand in den eigenen Reihen –, dass die RAF-Terroristen im „Deutschen Herbst 1977“ ein Gemeinschaftsbegräbnis und ein gemeinsames Grab bekamen. Kurzum, er war in aufgeregten Zeiten ein Mann des beruhigenden Ausgleichs, eben des „So isch’s na au wieder!“.

Ich liebte ihn allein schon wegen zweier Aussprüche, die voller schwäbischer Weisheit sind. Der eine lautet: „Mensch, geh in dich und bleibe dort!“ Der zweite, noch schwäbisch-weiser, betrifft das Verhältnis zwischen Zeitungsjournalisten und dem Fernsehen. Der geht so: „Solange man mit einem Fernsehapparat keine Mücke totschlagen kann, so lange kann der Fernseher die Zeitung nicht ersetzen.“ Wahrscheinlich hat er, schwäbisch, von der „Muck“ gesprochen, die sowohl Fliege wie Mücke ist. So isch’s na au wieder!

Hellmuth Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt