Untersuchung der Universität Freiburg: Schleswig-Holsteiner und Hamburger sind sehr zufrieden

Freiburg. Die Menschen im Norden Deutschlands sind glücklicher als die Bevölkerung im Süden des Landes. Die zufriedenste Region ist Schleswig-Holstein, gleich dahinter folgen der Stadtstaat Hamburg und die beiden niedersächsischen Regionen. Das sind Ergebnisse einer statistischen Untersuchung im Auftrag der Deutschen Post. Für den „Glücksatlas 2013“ haben Wissenschaftler der Universität Freiburg 3000 Interviews geführt und statistische Daten analysiert, um die Lebenszufriedenheit in 19 deutschen Regionen zu messen.

„Das gute Abschneiden von Schleswig-Holstein ist eigentlich unerklärlich“, kommentiert Untersuchungsleiter Bernd Raffelhüschen das Ergebnis. Schleswig-Holstein sei eines der ärmsten Bundesländer, die Gesundheitsversorgung sei bei Weitem nicht so gut wie etwa im benachbarten Hamburg, und ähnlich verhalte es sich auch mit dem Kulturangebot. Objektive Rahmenbedingungen und subjektives Empfinden klafften auseinander, sagt der Professor für Finanzwissenschaft. Für das gute Gefühl in Bezug auf das eigene Leben müsse die norddeutsche Mentalität verantwortlich sein – oder andere Faktoren, die Statistiker nicht erklären können. Die Analyse, die dritte dieser Art seit 2011, nutzt Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP), in dessen Rahmen seit 1984 regelmäßig eine Gruppe von 20.000 Personen befragt wird.

Am unglücklichsten sind demnach die Menschen in den fünf ostdeutschen Bundesländern, und dort ganz besonders in Brandenburg. Nachdem die Zufriedenheit der Bevölkerung in den ostdeutschen Regionen seit 2006 gewachsen war und sich dem westdeutschen Niveau angenähert hatte, haben sich die Unterschiede zwischen den west- und ostdeutschen Regionen im vergangenen Jahr wieder vergrößert, ergab die Befragung.

Zwischen den westdeutschen Regionen sind die Unterschiede in der Wahrnehmung der eigenen Lebensqualität nicht sehr ausgeprägt: Die Zufriedenheitswerte liegen bei den Regionen im Mittelfeld der Rangliste so eng beieinander, dass Unterschiede zwischen Rang vier und zehn nach Aussage der Forscher kaum messbar sind.

Auf Gesamtdeutschland bezogen stellen die Forscher fest, dass die Lebenszufriedenheit der Deutschen – die sich selbst für Miesepeter halten – seit 2011 stabil bleibt. „Wir sind eigentlich komplett zufrieden“, sagt Raffelhüschen. In den kommenden Jahren dürfte die Zufriedenheit sogar noch zunehmen, weil die Babyboomer sich dem Rentenalter näherten. Tendenziell würden Menschen ab 55 größeres Glück empfinden als in den Jahrzehnten zuvor. Nur in der Jugend sei das Glücksempfinden ähnlich ausgeprägt. Langfristig dürfte die Zufriedenheit aber wieder absacken, weil mit sehr hohem Alter der schlechtere Gesundheitszustand und Pflegebedürftigkeit die Lebensqualität stark minderten.

Zum ersten Mal haben die Wissenschaftler auch die Zufriedenheit von Migranten untersucht. Ergänzt wurde die Studie dafür durch eine zusätzliche repräsentative Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach. Das Ergebnis: Menschen, die zugewandert sind, sind tendenziell etwas weniger zufrieden mit ihrem Leben als Einheimische; die Kinder von Zuwanderern hingegen sind etwas zufriedener als der Bevölkerungsschnitt. Im Schnitt sind Migranten zufriedener als der Bevölkerungsdurchschnitt in Ostdeutschland.

Entscheidende Faktoren für die empfundene Lebensqualität sind offenbar Deutschkenntnisse und die eigene wirtschaftliche Lage. Migranten, die ihre eigene Sprachkompetenz sehr hoch einstufen, sind tendenziell zufriedener. Diese Faktoren können auch die Unterschiede zwischen den Generationen erklären. Negativ beeinflusst wird die Lebenszufriedenheit der Zuwanderer durch Diskriminierung. Migranten, die sich benachteiligt fühlen, sind deutlich unglücklicher. Die türkischstämmige Bevölkerung berichtete überdurchschnittlich oft von solchen Erfahrungen.

In vielen Aspekten ist die Zufriedenheit unter allen Migranten jedoch ausgeprägter als in der Gesamtbevölkerung: 41 Prozent der Migranten meinen, dass es ihnen heute finanziell besser geht als vor fünf Jahren; in der Gesamtbevölkerung sind es nur 26 Prozent. Und während nur 45 Prozent der Bevölkerung mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Lage tendenziell zufrieden ist, liegt der Anteil mit 49 Prozent unter Zuwanderern etwas höher. Als Migranten gelten in der Studie Personen, die nach dem Jahr 1949 nach Deutschland gezogen sind, deren Kinder und alle hierzulande geborenen Ausländer.