Bald 65 und er ist immer noch kein König. Jetzt vertritt Prinz Charles die Queen beim Commonwealth-Gipfel auf Sri Lanka. Das Volk würde lieber Sohn William als Thronfolger sehen.

London. Für Millionen Menschen läutet der 65. Geburtstag einen neuen Lebensabschnitt ein. Das trifft auch auf Seine Königliche Hoheit Charles Philip Arthur George zu, seines Zeichens Prinz von Wales, Graf Chester, Herzog von Cornwall, Herzog von Rothesay, Graf Carrick, Herr der Inseln, Prinz und Großvogt von Schottland. Ihm freilich beschert der Stichtag, in seinem Fall Donnerstag, 14. November, nicht den Ruhestand, sondern einen Prüfstand – den TÜV auf die Throntauglichkeit.

Seine bald 88-jährige Mutter, die Queen, ist seit ihrem 60. Dienstjubiläum im Sommer 2012 sichtlich gealtert. Sie geht langsamer und gebeugter, als es ihre mit fast 102 Jahren verstorbene Mutter je tat. Prinzgemahl Philip wird im Juni 93 und kränkelt. Mehr und mehr royale Pflichten wälzt der Hof deshalb auf die nächsten Generationen ab. So kommt es, dass sich der Erstgeborene am Wiegenfest fernab in Colombo (Sri Lanka) auf eine Art Eignungstest vor 53 Staats- und Regierungschefs vorbereiten muss, statt bei Champagner und Richard-Wagner-Konzert mit 250 „engen Freunden“ im Buckingham-Palast zu feiern. Denn zum ersten Mal seit mehr als vier Jahrzehnten lässt sich Königin Elizabeth II. beim Gipfeltreffen der Commonwealth-Länder am 15. und 16. November vertreten – durch den Thronfolger.

Der Hof dementierte, dass Charles in der Krönung eine „Inhaftierung“ sieht

Charles’ Verschiebung des Geburtstagsdinners (Kleiderordnung: Abendgarderobe) auf den 21. November bestätigt sein Pflichtbewusstsein; als Beweis, dass er König kann, reicht es nicht. Und hinter dieser Ungewissheit steht die immer noch offene Frage, die Prinzessin Diana 1995 in ihrem berühmten Interview stellte, ob er den „Top-Job“, wie sie es nannte, überhaupt begehrt. Mag sich das Profil des Queen-Ältesten in der aktuellen „Time“-Ausgabe nach den Worten des „Guardian“ auch wie „ein potenziell starkes Publicity-Stück für Charles“ lesen – sein unsicheres Lächeln auf dem Titelfoto und die Schlagzeile „Der verlorene Prinz“ wirken eher wie eine Anspielung auf die Selbstzweifel, die den Queen-Ältesten sein ganzes bisheriges Leben geplagt haben.

Kaum lag das auf den 4. November 2013 datierte „Time“-Heft an Englands Kiosken, veröffentlichte die britische TV-Moderatorin Selina Scott ihre Erinnerungen an eine Reportagereise mit Charles 1991. „Oft komme ich mir vor wie total in einer Falle gefangen“, schüttete er ihr damals sein Herz aus. Diese Woche, 22 Jahre danach, sah sich der Hof veranlasst zu dementieren, dass der Thronfolger seiner Krönung wie einer „Inhaftierung“ entgegensieht, was „Vertraute“ angeblich behaupten. Doch selbst Catherine Mayer, die für ihre Titelgeschichte in dem US-Nachrichtenmagazin den Prinzen und mehr als 50 Leute seiner engen Umgebung interviewt hat, kommt zu dem Schluss: „Davon, auf die Krone zu brennen, ist er weit entfernt.“

Die Mehrheit der Bevölkerung würde ohnehin einen Thronverzicht von Charles zugunsten seines Sohnes William, 31, vorziehen. Letzten Endes liegt die Entscheidung jedoch nicht bei den Untertanen. Und womöglich nicht einmal bei ihm selbst, wie er 2012 einräumte: „Bald läuft mir die Zeit davon, und wenn ich nicht aufpasse, werde ich das Gras von unten riechen.“