Silvia von Schweden hat versucht, Berichte über die Vergangenheit ihres Vaters zu beeinflussen. In einem neuen Buch wird die gebürtige Deutsche als weltfremd und manipulativ dargestellt.

Stockholm. Sie hatte sich so auf den „Herbst des Lebens“ gefreut, auf jene Jahre, in denen sie, von Enkelkindern umgeben, ihr Leben genießen könnte. Doch nun gibt es wieder Ärger für Königin Silvia von Schweden, die im Dezember ihren 70. Geburtstag feiert.

In einem neuen Buch („Das Geheimnis der Königin“, Johan Åsard, Ordfront-Verlag) wird die gebürtige Deutsche als weltfremd und manipulativ dargestellt. Und zum größten Teil hat sie sich diesen Ärger selbst zuzuschreiben. Hintergrund ist wieder einmal das braune Familiengespenst. Schon 2002 war bekannt geworden, dass Silvias 1990 verstorbener Vater Walther Sommerlath bereits 1934 Mitglied der NSDAP geworden war. Eine Reihe von TV-Dokumentationen in den Jahren 2010 bis 2012 zeigte außerdem, dass Walther Sommerlath als junger Deutsch-Brasilianer die Arisierung in Deutschland für seine Zwecke ausgenutzt hatte. Über eine Zeitungsanzeige fand er den Berliner Juden Efim Wechsler, der seine gut gehende Fabrik wegen der Nazis aufgeben musste. Wechsler bekam eine Kaffeeplantage in Brasilien, Sommerlath die Fabrik, die dann später sogar Kriegsmaterial produzierte. Erst nach dem Krieg kehrte Sommerlath mit Familie nach Brasilien zurück.

So weit, so schlecht. Wahrscheinlich würde in Schweden heute kaum noch jemand über diesen wunden Punkt in der Geschichte der Familie Sommerlath sprechen, wenn die Königin sich anders verhalten hätte. Eine einzige bedauernde Äußerung mit dem Hinweis darauf, dass sie das alles nicht gewusst habe, hätte ausgereicht, um die Gemüter zu beruhigen. Aber Silvia wollte es anders. Sie begann mit eigenen Nachforschungen, sie zog hinter den Kulissen die Fäden, die ihr zur Verfügung standen.

Der Journalist Johan Åsard, der auch für die TV-Dokumentation verantwortlich ist, schildert in seinem neuen Buch auch, wie die Königin versucht hat, Einfluss auf seine Arbeit zu nehmen. Bereits im Dezember 2010 – kurz nach der Ausstrahlung der ersten Dokumentation – schrieb sie einen privaten Brief an Jan Scherman, Chef des TV-Senders TV-4, der die Sendungen ausstrahlte. Was sie wohl nicht ahnte: Scherman war so entsetzt über die versuchte Einflussnahme, dass er den Originalbrief umgehend an die Presse weitergab. Auch in Åsards Buch ist das Schriftstück nachzulesen. „Heute ist das Lucia-Fest. Möge ihr Licht stärker sein als alle dunklen, bösen Kräfte. Es ist nicht leicht, schlucken zu müssen, dass man in der TV-Sendung mit Adolf Eichmann verglichen wird. (…) Mit freundlichen Grüßen, Silvia.“ Der Brief war absurd, niemand hatte in der Sendung auch nur annähernd Walther Sommerlath oder sogar die Königin mit Eichmann verglichen. Allerdings hatte sich Silvia zur NSDAP-Mitgliedschaft ihres Vaters sehr unglücklich geäußert. „Es war eine Maschinerie. Wenn man nicht dafür war, war man dagegen.“ In einer Nachrichtensendung hatte Autor Rafael Seligmann darauf hingewiesen, dass das Wort „Maschinerie“ die Verantwortung des Einzelnen verkleinere. Mit der gleichen Argumentation habe sich auch Eichmann verteidigt.

Silvias Brief verärgerte die Schweden. Aber es blieb nicht nur bei diesem einem Brief. 2012 wurde die Dokumentation für einen TV-Preis in Las Vegas nominiert. Über verschiedene Kanäle bekam Åsard ein Dokument in die Hände. Die Königin hatte die Mail verschickt, und im angehängten Dokument wurden alle angeblichen Fehler der TV-Dokumentation aufgelistet.

Eine von der Königin in Auftrag gegebene Untersuchung habe ein ganz anderes Bild gezeigt. Der Hintergrund: Silvia hatte 2010 den Historiker Erik Norberg mit eigenen Nachforschungen beauftragt. Die Resultate wurden laufend in mehreren Sprachen auf der Webseite des Hofes veröffentlicht und können dort bis heute nachgelesen werden. Demnach hat Sommerlath zwar die jüdische Fabrik übernommen, gleichzeitig aber Wechsler mit diesem Geschäft auch das Leben gerettet. Aus dem Nazi-Vater wurde plötzlich ein Held. Dass Wechsler nur sehr wenig Geld für seine Fabrik bekommen hatte, dass er das Visum nach Brasilien auch ohne Sommerlaths Hilfe erhalten hatte – all das zählt in Silvias Untersuchung nicht.

Insgesamt soll Silvia mehr als 20 Briefe verschickt haben, viele nahmen Bezug auf die Soziologin Eva Blay, die Sommerlaths Verhalten in den 30er-Jahren kritisch gegenübersteht. Aber anstatt sich an die Brasilianerin persönlich zu wenden, schrieb Silvia Briefe an einflussreiche Personen, die mit Blay Kontakt aufnehmen sollten. Blay: „Die Tochter von Herrn Sommerlath hat auf verschiedene Weise versucht, Druck auf mich auszuüben. Ich sollte meine Informationen ,korrigieren‘“.

Das schwedische Königshaus hat sich bisher noch nicht zu den neuen Vorwürfen geäußert. Informationschef Bertil Ternert sagte nur, dass man das Buch noch nicht erhalten habe und es erst kommentieren könne, wenn man es gelesen habe.