Tief unter der Erde hat es in der Kali-Grube Unterbreizbach in Thüringen eine Gasexplosion gegeben. Sieben Bergleute waren nach einer mächtigen Druckwelle eingeschlossen – nur vier konnten gerettet werden.

Unterbreizbach/Kassel. ine Gasexplosion in einer Thüringer Kaligrube hat drei Bergleuten in 700 Metern Tiefe das Leben gekostet. Die Kumpel im Alter von 24, 50 und 56 Jahren seien wahrscheinlich erstickt, sagte ein Werkssprecher nach dem Unglück am Dienstag. Bei einer Sprengung war Kohlendioxid explosionsartig in großer Menge freigesetzt worden und hatte eine mächtige Druckwelle ausgelöst. Vier Bergleute konnten gerettet werden.

Zwei von den Überlebenden hatten sich in einen Schutzraum geflüchtet, die beiden anderen konnten noch zu einem anderen Ausgang aus der Grube in Unterbreizbach gelangen, sagte Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU) der Nachrichtenagentur dpa.

Die Grube gehört dem Kali- und Steinsalzproduzenten K+S (Kassel). Es handelt sich wahrscheinlich um das schwerste Grubenunglück seit 1989 in Deutschland. Damals starben im hessischen Heringen drei Bergleute. Staatsanwaltschaft und Bergamt ermitteln zu der Unglücksursache in Unterbreizbach.

Nach Angaben von Reinholz hat es sich bei den sieben Bergleuten um ein Vorauskommando nach der Sprengung gehandelt, wie es in der Grube gängige Praxis sei. Die Sprengung war eine Sohle tiefer 900 Meter unter der Erde erfolgt. Die Grubenfeuerwehr sei mit schwerer Atemschutztechnik im Einsatz gewesen und habe bei der Rettung der Männer auf dem Weg zu dem Schutzraum die Toten gefunden.

Das Unternehmen sprach nach dem Unglück den Hinterbliebenen sein Beileid aus. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) reagierte mit großer Betroffenheit und Trauer: „Mein ganzes Mitgefühl gilt den Angehörigen der drei Bergleute, die heute ihr Leben verloren haben.“ Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, erklärte: „Die Öffentlichkeit hat vielfach verdrängt, dass auch heutzutage Bergbau immer noch mit einem Risiko verbunden ist.“ Vize-Regierungschef Christoph Matschie (SPD) sagte, er hoffe, dass schnell aufgeklärt werden könne, wie es zu der Gasexplosion und damit zu dieser schrecklichen Tragödie kommen konnte.

Nach Unternehmensangaben konnten die drei toten Bergleute wegen des Gases in den unterirdischen Hohlräumen zunächst nicht aus der Grube geborgen werden. Mitglieder der Grubenfeuerwehr hatten verzweifelt über Stunden nach den drei Männern gesucht. Zu ihnen bestand nach der Explosion, die sich gegen 13.00 Uhr beim Abbau von Kali-Salzen ereignete, kein Kontakt mehr, wie K+S-Sprecher Michael Wudonig sagte. Die Druckwelle beförderte eine gewaltige Staubwolke durch den Schacht an die Oberfläche. Laut dem Umweltminister war durch die Sprengung eine riesige Gasblase im Gestein geöffnet worden.

Die vier geretteten Kumpel wurden ärztlich betreut. Zwei von ihnen waren nach Unternehmensangaben am Dienstagabend noch in Behandlung.

Gefahr für den kleinen Ort Unterbreizbach mit seinen etwa 3800 Einwohnern bestand nach Unternehmensangaben durch die Gasexplosion nicht. Die Region im Südwesten Thüringens nahe der Landesgrenze zu Hessen ist seit Jahrzehnten vom Kali-Bergbau geprägt. Kurz vor der Wiedervereinigung hatte sich in der inzwischen stillgelegten Kali-Grube Merkers ein heftiger Gebirgsschlag ereignet.

Die Bergwerke Unterbreizbach und Merkers in Thüringen sowie die Schachtanlagen wurden nach der Gasexplosion am Mittag geräumt. Alle Betriebsfeuerwehren waren im Einsatz. Verarbeitungsanlagen über Tage blieben unversehrt. Die Polizei sperrte eine Bundesstraße in der Nähe.

Kaliumdüngemittel – kurz: Kali – ist für die Landwirtschaft wichtig. Kalium ist nicht künstlich herstellbar, sondern muss mit großem Aufwand gewonnen werden.

Nach seinem Wissen habe es zuletzt vor etwa 50 Jahren eine ähnlich starke Druckwelle durch freigesetztes Kohlendioxid in einem Kali-Bergwerk gegeben, sagte der Unternehmenssprecher. Das Gas ist durch den Gebirgsdruck im Kalisalz gebunden. Kleinere Ausbrüche gehörten zum Bergwerksalltag, erläuterte ein Fachmann aus dem Thüringer Umweltministerium.

Das zum DAX-Konzern K+S AG (Kassel) gehörende Unternehmen K+S Kali GmbH beschäftigt im Kali-Revier Werra nach eigenen Angaben 4370 Mitarbeiter, davon etwa 1000 auf Thüringer Seite.

So funktioniert der Kaliabbau

Im hessisch-thüringischen Kalirevier wird unter anderem Kalium abgebaut, neben Stickstoff und Phosphor einer der wichtigsten Nährstoffe zur Düngung von Pflanzen. Um Kali zu gewinnen, muss es aus dem Gestein unter Tage gelöst werden. Dazu werden zunächst Löcher ins Gestein gebohrt. Dort wird zum Ende der Schicht der Arbeiter Sprengstoff zur Explosion gebracht. Die nächste Schicht bringt das abgesprengte Gestein mit Radladern auf Förderbänder in die Fabrik, wo es aufbereitet wird. Sowohl bei der Einfahrt in das Bergwerk als auch im Abbaugebiet wird genau kontrolliert, wer sich dort aufhält. Gesprengt wird erst, wenn alle draußen sind.

Insgesamt sechs Kali-Bergwerke hat der Kali-Konzern K+S in Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Insgesamt sind in Deutschland laut K+S rund 33 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit der Kaliindustrie verbunden.