Das Chaos bei der Bahn in Mainz weitet sich immer mehr aus, mehr Züge fallen aus, auch an anderen Orten. Mitarbeiter aus dem Urlaub zu holen, ist jedoch schwierig.

Mainz. Die Bahntochter DB Netz hat deutschlandweite Probleme bei Stellwerken eingeräumt – nicht nur am Mainzer Hauptbahnhof. „Wir haben bundesweit eine angespannte Situation, das ist richtig“, sagte der Vorstandschef der DB Netz AG, Frank Sennhenn, am Montag im ARD-Morgenmagazin. „Wir sind dabei, alle Stellwerke, bei denen wir ähnlich kritische Situationen haben, nach Kräften abzusichern.“

Das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof weitete sich am Montag noch aus, weil nun auch tagsüber Züge ausfallen oder rechtsrheinisch umgeleitet werden. Pendler im ganzen Rhein-Main-Gebiet sind davon betroffen. In dieser Woche gilt für Regionalzüge Stunden- statt Halbstundentakt, nur wenige Fernzüge halten im Hauptbahnhof.

Der Grund: Rund die Hälfte der Fahrdienstleiter im Mainzer Stellwerk sind krank oder in Urlaub. Die Bahn hat mit den Mitarbeitern bereits gesprochen. Doch zunächst war unklar, ob sich die Lage entspannt.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring forderte die Bahn auf, den Urlaub der Mitarbeiter angesichts der Probleme zurückzustellen. „Der Eisenbahnverkehr muss gewährleistet werden. Das hat Vorrang“, sagte das Bahn-Aufsichtsratsmitglied der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Montag).

Chef darf niemanden aus Ferien holen

Zum Abbrechen ihres Urlaubs können sie allerdings nicht einfach verpflichtet werden. Arbeitnehmer müssen ihren Urlaub auch in einer Notsituation der Firma nicht abbrechen. Der Chef dürfe seine Mitarbeiter unter keinen Umständen zurück in den Betrieb holen, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Das gilt nicht nur für Urlaub, der bereits angetreten ist. Hat der Chef den Urlaub etwa für den nächsten Monat bereits genehmigt, dürfe er das nicht mehr rückgängig machen. „Wenn der einmal festgelegt ist, dann gilt das auch.“

In der Praxis kämen Arbeitnehmer oft zurück in den Betrieb, wenn Not am Mann ist, hat Oberthür beobachtet. Vor allem von einer Führungskraft erwarte der Arbeitgeber in der Regel durchaus, dass sie ihren Urlaub abbricht, wenn sie in der Firma dringend gebraucht wird. Der Arbeitnehmer sollte mit seinem Chef dann aushandeln: Wann bekomme ich die Urlaubstage stattdessen? Übernimmt der Chef auch die Stornierungskosten für gebuchte Reisen? Bekomme ich andere Extras für meine entgangenen Ferien?

Gipfel zu den Personalproblemen am Mittwoch

Der DB Netz-Chef stellte eine mögliche Lösung in Aussicht. „Wir werden jetzt noch Prüfungen vornehmen“, sagte Sennhenn. Er gehe davon aus, dass die Bahn an diesem Dienstag (13.8.) mehr sagen könne. Der Manager machte aber deutlich, dass keine Fahrdienstleiter verpflichtend aus dem Urlaub geholt würden. „Das kann nur auf freiwilliger Basis geschehen.“

Zu den Personalproblemen haben die Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für Mittwoch in Frankfurt ein Spitzengespräch vereinbart. Daran werden auf Bahnseite Personalvorstand Ulrich Weber und die Personalchefs der Geschäftsbereiche teilnehmen, wie eine Bahnsprecherin am Montag in Berlin sagte.