Belästigt ein Mieter durch Zigarettenqualm die Nachbarn, darf ihm die Wohnung gekündigt werden. Doch die Anwältin des Rauchers hat offenbar Fehler in dem Prozess gemacht.

Düsseldorf. Friedhelm Adolfs raucht – am offenen Fenster. Soeben hat der 75-Jährige den Prozess um die fristlose Kündigung seiner Wohnung auf ganzer Linie verloren, er soll nach 40 Jahren sofort ausziehen.

Er wirkt konsterniert: „Was soll ich dazu sagen? Meine Anwältin hat wohl Fehler gemacht.“ Nun gehe es halt in die Berufung. Das Düsseldorfer Amtsgericht hat am Mittwoch der persönlichen Freiheit von Rauchern wie Adolfs klare Grenzen aufgezeigt.

Wer seinen Nachbarn den Hausflur verpestet, nicht vernünftig lüftet, auf Beschwerden und Abmahnungen nicht reagiert, sich dann im Gerichtsverfahren nicht sinnvoll verteidigt, der muss die Konsequenzen tragen – so der Tenor. Im Fall Adolfs heißt das: fristlose Räumung der Wohnung, obwohl das Rauchen darin grundsätzlich erlaubt ist.

Das Urteil sei schon ein Signal an die Vermieter, dass sie sich nicht alles gefallen lassen müssen, sagt die Anwältin der Vermieterin, Carmen Griesel. Möglicherweise werde die Vermieterin vor der Räumung aber das Berufungsverfahren abwarten.

In seiner Urteilsbegründung äußert das Gericht deutliche Kritik an der jungen Anwältin des Mieters: Weil sie der Darstellung der Vermieter-Seite nicht widersprochen habe und sich fast ausschließlich auf das Gewohnheitsrecht ihres rauchenden Mandanten gestützt habe, habe man die „unzumutbare Belästigung“ als unstreitig anzusehen.

Es sei auch gar nicht um das Gewohnheitsrecht des Rauchers gegangen, sondern darum, dass er vor etwa zwei Jahren aufgehört haben soll, seine Wohnung zu lüften, wie es sich gehört – mit Hilfe der Fenster.

Nachträglich eingereichte Schriftsätze hätten in dem Zivilverfahren nicht mehr berücksichtigt werden können: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, sagt der Volksmund. Amtsrichter Tobias Rundel drückt es vornehmer aus: Es greift die „Präklusion“.

Hätte die Anwältin die „unzumutbare Belästigung“ rechtzeitig bestritten, wie es Mieter Adolfs in zahlreichen Interviews getan hatte, hätte die Vermieterin beweisen müssen, dass eine derart gravierende Belästigung vorlag. Außerdem hätte die Hauseigentümerin nachweisen müssen, dass es nicht etwa an der undichten Wohnungstür von Adolfs gelegen habe, denn die abzudichten wäre ihre eigene Sache gewesen.

Mehrere Besucher des Hauses hatten in den vergangenen Wochen jedenfalls keine auffälligen Gerüche im Flur festgestellt und das Fenster des Mieters gekippt vorgefunden. Auch die angeblichen Beschwerdeführer unter den übrigen Mietern waren zumindest abgetaucht.

Hinter vorgehaltener Hand wird ein Jurist am Mittwoch deutlich: „Es ist schon eine Kunst, so einen Prozess zu verlieren.“ Spannend wird nun, ob die Fehler in der nächsten Instanz „geheilt“ werden können. Das Düsseldorfer Amtsgericht wies in der Urteilsbegründung aber ausdrücklich auch auf den verschärften Nichtraucherschutz und neue Erkenntnisse über die Gefahren des Passivrauchens.

Das Grundrecht des Rauchers auf freie persönliche Entfaltung kollidiere in diesem Fall mit dem des Nichtrauchers auf körperliche Unversehrtheit. Dabei habe die körperliche Unversehrtheit der Nachbarn hier eindeutig Vorrang, denn der Raucher sei in diesem Fall der Störer, befand das Gericht.

Er habe es selbst in der Hand gehabt, seiner Sucht weiter zu frönen, ohne seine Mitmenschen zu stören: Durch regelmäßiges Lüften – nach draußen.