Ein Drittel der Deutschen lässt sich im Schnitt zweieinhalb Jahre später scheiden als vor 20 Jahren – wegen der Kinder

Wiesbaden. Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Diese Lebensweisheit nehmen sich die meisten Paare vor der Hochzeit zu Herzen, und die Mehrheit geht auch aus gemeinsamen Krisen gestärkt hervor.

Doch nicht alle Partnerschaften halten ein Leben lang. Wenn das erste Baby kommt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an den Nerven zerrt, oder der Nachwuchs das Haus verlässt, dann gehen viele Ehen in die Brüche.

In Deutschland wird mehr als jede dritte Ehe geschieden. Die gute Nachricht: allerdings deutlich später als noch vor 20 Jahren. Im Jahr 2012 nahm die Zahl der Scheidungen im Vergleich zu 2011 um fast fünf Prozent ab. Ehepaare, die 2012 vor den Scheidungsrichter traten, waren im Durchschnitt 14 Jahre und sieben Monate verheiratet, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mit. 20 Jahre zuvor dauerte eine geschiedene Ehe im Schnitt 11,5 Jahre.

2003 war das Jahr mit den meisten Scheidungen in der Bundesrepublik

Der Wermutstropfen: „Das heißt auch, dass immer mehr langjährige Ehen geschieden werden“, sagt Soziologe Harald Rost vom Staatsinstitut für Familienforschung der Universität Bamberg. Da Kinder unter Trennungen der Eltern leiden, lassen sich viele Frauen erst scheiden, wenn die Kinder aus dem Haus sind. „Oft wird den Kindern zuliebe mit der Scheidung gewartet“, sagt Rost. Hinzu kommt, dass die Heranwachsenden viel länger im Elternhaus leben als früher. Sie suchen sich erst dann eine eigene Wohnung, wenn sie finanziell selbstständig geworden sind. Und das dauert immer länger, denn statt klassischer Berufsausbildung schlagen immer mehr Jugendliche den akademischen Bildungsweg ein.

Insgesamt landeten im vergangenen Jahr 179.100 Ehen vor dem Scheidungsrichter. Das waren nach der Statistik 4,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Fast die Hälfte der Paare hatte Kinder unter 18 Jahren. Das waren etwa 143.000 Jungen und Mädchen, 3,5 Prozent weniger als 2011. Die meisten Ehepartner (147.900 Paare) lebten bei ihrer Scheidung bereits ein Jahr getrennt. Bei 2300 Scheidungen waren die Eheleute noch kein Jahr zusammen. Rund 27.700 Ehen wurden nach drei Jahren Trennung amtlich beendet.

In den übrigen knapp 1300 Fällen erfolgte die Scheidung aufgrund anderer Regelungen, beispielsweise nach ausländischem Recht. Beinahe unverändert hingegen ist die Verteilung der Scheidungsinitiative; demnach stellen Frauen häufiger den Scheidungsantrag als Männer. 2012 war das in 53 Prozent der Fälle so. Vom Mann ging die Initiative in 40 Prozent der Scheidungen aus. In den übrigen Fällen stellten die Ehegatten den Antrag gemeinsam.

Der Höchstwert an geschiedenen Ehen in Deutschland wurde vor zehn Jahren verzeichnet. Im Jahr 2003 ließen sich insgesamt 231.975 Paare scheiden, also rund 53.000 Paare mehr als im vergangenen Jahr. Das Jahr mit den wenigsten Scheidungen lässt sich laut Statistischem Bundesamt auf 1992 datieren. Nur knapp mehr als 135.000 Paare entschieden sich damals für eine Scheidung. Positiv ist jedoch, dass es jährlich grundsätzlich immer mehr Eheschließungen als Scheidungen gibt. Im Jahr 2011 beispielsweise lag das Verhältnis etwa bei zwei zu eins. Insgesamt wurden 2011 in Deutschland 377.816 Ehen geschlossen – rund die Hälfte dessen (2011: 187.640) wurde laut Statistiken geschieden.

2012 wurden in Hamburg 189 Ehen weniger geschieden als 2011

Absoluter Spitzenreiter bei den Eheschließungen für das Jahr 2011 ist das entsprechend einwohnerreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen. Hier schlossen 80.829 Paare die Ehe. Die größte Veränderung seit 2003 hingegen lässt sich in Brandenburg beobachten. Dort ist die Zahl der Eheschließungen in einem Zeitraum von acht Jahren um 21,5 Prozent gestiegen (2011: 12.115).

Und wie lange halten die Ehen in Hamburg? Dort hatten die Scheidungsrichter 2012 weniger zu tun als noch in dem Jahr davor. In der Hansestadt wurden 3446 Ehen geschieden, das sind 189 weniger. 2010 wurden noch 3659 Ehen aufgelöst. Im benachbarten Schleswig-Holstein entwickelt sich der Trend ähnlich. Wurden 2012 im nördlichsten Bundesland der Republik 7113 Ehen geschieden, waren es ein Jahr zuvor noch 7431. In Niedersachsen trennten sich 2012 insgesamt 17.806 Paare. In dem Jahr davor waren es noch 18.953 – das sind 1147 Scheidungen weniger.