Der Juli 2013 wird in Deutschland laut Meteorologen als einer der zehn wärmsten in die Geschichte eingehen. Im südbadischen Rheinfelden wurde am Sonnabend sogar ein Europarekord registriert.

Berlin/Hamburg/Offenbach. Deutschland hat das heißeste Wochenende des Jahres erlebt – zwar gab es keine neue Höchsttemperatur, dafür aber einen europaweiten Hitzerekord. Mehr als 40 Grad – wie zunächst erwartet – wurde es nirgends. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) teilte jedoch mit, dass am Sonnabend im südbadischen Rheinfelden mit 38,6 Grad die höchste Tagestemperatur in ganz Europa gemessen worden sei.

Am Sonntag schwitzten und ächzten die Menschen vor allem im Süden und Osten der Republik erneut bei Temperaturen über 30 Grad – im Norden und Westen war es nach zum Teil heftigen Gewittern etwas kühler. Laut DWD ist am Montag leichte Entspannung in Sicht – es soll sich auf verbreitet 25 bis 28 Grad abkühlen, am Mittwoch sind dann aber schon wieder 30 Grad möglich.

Historische Höchstwerte: Als Höchstwert seit Beginn der Messungen gibt der DWD 40,2 Grad an – gemessen im Juli 1983 in Gärmersdorf (bayerische Oberpfalz) sowie im August 2003 in Karlsruhe und Freiburg (Baden-Württemberg). Der private Wetterdienst Meteomedia will im August 2003 in Perl-Nennig (Saarland) sogar 40,3 Grad gemessen haben. Eines scheint gesichert: Der Juli 2013 wird laut Meteorologen als einer der zehn wärmsten in Deutschland in die Geschichte eingehen.

Unwetter: : In Teilen Süddeutschlands gab es am Sonntag heftige Unwetter. In Mittelfranken (Bayern) seien am Abend bei starkem Wind und Regen zahlreiche Bäume entwurzelt worden und auf Straßen gekippt, herumliegende Äste hätten den Verkehr behindert, sagte ein Polizeisprecher in Nürnberg. „Wir haben bereits ein weit überdurchschnittliches Einsatzaufkommen.“ Bereits am Nachmittag hatten heftige Unwetter im Südwesten gewütet. Nach Angaben des DWD war vor allem der Großraum Stuttgart betroffen. In Sekundenschnelle braute sich etwa in Tübingen ein Hagelsturm zusammen. Hagelkörner so groß wie Tischtennisbälle kamen wie Geschosse vom Himmel herab. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen blitzte und donnerte es bereits am Sonnabend.

Waldbrände: Ein wahrscheinlich von einem Blitz ausgelöstes Feuer in einem Bergwald in Bayern – am Thumsee bei Bad Reichenhall – hielt die Feuerwehr in der Nacht zum Sonntag in Atem. Erst am Morgen bekam sie den Brand mit Hilfe von drei Löschhubschraubern in den Griff. Eine Fläche von etwa 25 Hektar war betroffen. Wegen der schwierigen Lage des Brandorts an einem Steilhang rief das Landratsamt Berchtesgadener Land am Sonntagmittag Katastrophenalarm aus. Verletzt wurde niemand.

Verformte Gleise: Auf einer S-Bahn-Strecke im Osten von München verformte die Hitze am Sonntag die Gleise. Ein Zugverkehr auf dem betroffenen Abschnitt sei nicht mehr möglich, teilte die Bahn mit. Eine derartige Verformung komme äußerst selten vor. „Die Lokführer der Deutschen Bahn sind besonders sensibilisiert dafür, derartige Gleislagefehler zu erkennen und sofort zu melden“, erklärte die Bahn. Eine Gefahr für Bahnreisende auf anderen Strecken gebe es aber nicht. Die Bahn kontrolliere die Gleise regelmäßig.

Probleme bei der Bahn: Ein brennender Baum in der Oberleitung stoppte am Sonnabend einen Intercity-Zug (Oldenburg-Leipzig) fast vier Stunden lang in der Nähe von Hude bei Oldenburg. Weil die Oberleitung für das Löschen aus Sicherheitsgründen abgeschaltet wurde, mussten rund 170 IC-Fahrgäste gut zwei Stunden ohne Klimaanlage ausharren. Die Zug-Türen blieben dabei die ganze Zeit geschlossen. Auch in Baden-Württemberg bei Bruchsal mussten IC-Reisende von Stuttgart Richtung Sylt zeitweise ohne Kühlung auskommen – Feuer an einer Spülmaschine löste einen Großeinsatz der Feuerwehr aus. „Während des knapp zweistündigen Einsatzes war die ICE-Strecke zwischen Stuttgart und Mannheim in beiden Richtungen gesperrt“, sagte eine Bahnsprecherin.

Trinkwasser: Ausgerechnet an den heißesten Tagen des Jahres konnten mehrere Hundert Bewohner von Andechs bei München das Leitungswasser in ihrer Gemeinde nicht trinken, nachdem im Brunnen Bakterien entdeckt worden waren.

Kontrastprogramm: In der gut gekühlten Skihalle in Oberhof (Thüringen) tummelten sich am Sonnabend Hobbylangläufer. Knapp zwei Dutzend Freizeitsportler in Langlaufkluft zog es in die Halle, die sonst hauptsächlich Trainingsstätte für Wintersportler ist. Das sei schon eine körperliche Herausforderung, sagte der technische Leiter Uwe Albrecht. „In der Halle minus vier Grad, draußen fast 40…“

Nachbarländer: In Frankreich rissen Windböen ein Festzelt in Joinville-le-Pont bei Paris um – etwa 30 Menschen wurden verletzt. Bei Bordeaux stürzte in Pauillac der Glockenturm der Stadt auf ein anliegendes Haus. Dabei wurde die 70 Jahre alte Bewohnerin schwer verletzt. In Nantes weiter nördlich wurde ein Postbote vom Blitz getroffen. Der 46-Jährige schwebte zunächst in Lebensgefahr. In Belgien trieben Unwetter in der Nacht zum Sonntag Besucher bei zwei Musikfestivals aus ihren Zelten. Heftiger Wind riss auch Bäume und Stromleitungen um. In Österreich wurde der Temperaturrekord am Sonntag nur knapp verfehlt worden. Der staatlichen Wetterdienst meldete für Ybbs in Niederösterreich und für Bad Goisern in Oberösterreich 39,2 Grad gemessen worden. Etwas heißer war es allerdings im Juli 1983, als der bislang höchste Wert von 39,7 Grad verzeichnet wurde.

Europa: Auch die Balkanländer stöhnten: In Belgrad herrschten bereits vormittags mehr als 30 Grad. Bulgarien erließ ein Lkw-Fahrverbot, damit die Brummis nicht den aufgeweichten Asphalt noch mehr beschädigen. In vielen großen Städten stellten die Behörden Tankwagen mit Trinkwasser zur Verfügung. In der Slowakei brach der Asphalt auf den Autobahnen D1 und D2 stellenweise auf. In Polen eilten unterdessen viele an die Strände. Der Fernsehsender TVN24 titelte online: „Sturm auf die Ostsee – Wer zwängt sich noch rein?“