Mexiko feiert die Festnahme wichtiger Drogenbosse als Erfolg im Kampf gegen die Kartelle. Doch Sicherheitsexperten befürchten jetzt eine neue Welle der Gewalt.

Mexiko-Stadt. Den mexikanischen Ermittlern sind zwei dicke Fische ins Netz gegangen. Anfang vergangener Woche nahmen Marineinfanteristen nahe der Grenze zu den USA den Chef des Drogenkartells „Los Zetas“ fest. Wenige Tage später stellten Soldaten im Westen des Landes einen Anführer des Kartells Jalisco Nueva Generación.

Die Festnahme von Zetas-Boss Miguel Ángel Treviño Morales ist der bislang schwerste Schlag gegen das organisierte Verbrechen seit Amtsantritt von Präsident Enrique Peña Nieto. „Los Zetas“ gelten derzeit als mächtigstes Kartell in Mexiko und weiten ihren Einfluss stetig aus.

Während die mexikanische Regierung die jüngsten Festnahmen als Erfolg feiert, warnen Sicherheitsexperten bereits vor einer Eskalation der Gewalt. Das Machtvakuum an der Spitze der Verbrecherorganisationen könnte sowohl die internen Machtkämpfe, als auch die Auseinandersetzungen zwischen den Kartellen anheizen, wie Analysten des Beratungsunternehmens Stratfor schreiben.

Bislang war es den Zetas gelungen, Wechsel an der Führungsspitze einigermaßen reibungslos über die Bühne zu bringen. Die Gründungsmitglieder des Kartells waren ehemalige Mitglieder einer Spezialeinheit der mexikanischen Streitkräfte, die an Hierarchien und Gehorsam gewöhnt waren.

Nachdem der damalige Chef Heriberto Lazcano im Oktober vergangenen Jahres von Sicherheitskräften erschossen worden war, rückte Treviño als erster Capo ohne militärischen Hintergrund an die Spitze der Zetas.

Noch sei unklar, wer die Gruppe nun zusammenhalte, heißt es in der Stratfor-Analyse. Es müsse sich erst zeigen, ob Treviños Bruder und wahrscheinlicher Nachfolger Omar den Respekt der desertierten Elitesoldaten genieße.

Der mexikanische Sicherheitsexperte Jorge Fernández Menéndez rechnet mit einer Spaltung der Zetas. Die Gruppe hatte ihren Einflussbereich in den vergangenen drei Jahren extrem schnell ausgedehnt, mittlerweile reicht er von der US-Grenze im Norden bis Guatemala im Süden.

Offenbar ist es bei der Expansion nicht gelungen, die klaren Befehlsstrukturen aufrecht zu erhalten. Bereits vor Treviños Festnahme gab es Hinweise auf interne Konflikte. „Ich glaube, sie werden nicht länger in der Lage sein, als große Gruppe mit zentralen Strukturen zu operieren“, sagt Fernández Menéndez. „Wir werden eine „Balkanisierung“ der Zetas sehen. Es wird die Zetas von Coahuila, die Zetas von San Luis Potosí und die Zetas von Tamaulipas geben.“

Ein vorübergehend führungsloses Kartell könnte zudem Begehrlichkeiten bei konkurrierenden Gruppen des organisierten Verbrechens wecken, schreiben die Experten des Monitoring-Projekts Insight Crime.

Das renommierte Nachrichtenmagazin „Proceso“ geht davon aus, dass das Sinaloa-Kartell und das Golf-Kartell den Zetas nun die Kontrolle über ihren Stammsitz Nuevo Laredo streitig machen werden. Die Grenzstadt zu den USA gilt als wichtige Schmuggelroute für Drogen und Waffen.

Mit 72,85 Morden je 100.000 Einwohner ist Nuevo Laredo nach Angaben der mexikanischen Stiftung „Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden“ bereits jetzt die achtgefährlichste Stadt der Welt. Sollte die Stadt nun zum Schlachtfeld der Kartelle werden, dürfte Nuevo Laredo in der Liste noch weiter aufsteigen.