Hamburger Hotline der Techniker Krankenkasse glühte. Patienten wollen bei der Arzt-Behandlung mitreden. Dafür ist auch das Internet verantwortlich.

Hamburg. Die im Mai bekannt geworden freiwillige Brustamputation von Hollywood-Star Angelina Jolie hat auch bei deutschen Frauen für Verunsicherung gesorgt. Wie die Landeschefin der Hamburger Vertretung der Techniker Krankenkasse (TK), Maren Puttfarcken, habe die Telefon-Hotline der Kasse dauernd geklingelt. Fragen rund um das Thema erblicher Brustkrebs bewegten die Versicherten. Jolie hatte sich aus Angst vor Krebs beide Brüste abnehmen und künstlich wieder aufbauen lassen.

Die Patienten werden nach Ansicht der TK Hamburg Ärzten gegenüber zunehmend kritischer. „Das Thema Medizin und Gesundheit spielt in unserer Gesellschaft eine immer größere Rolle“, sagte Puttfarcken der Nachrichtenagentur dpa. „Wir wollen, dass die Patienten mündig werden – der Arzt muss da aber auch mitspielen.“ Dabei gehe es auch um die Honorarfrage, denn die Gerätemedizin werde besser bezahlt als die sogenannte sprechende Medizin. „Aber der Druck wird größer, die Ansprüche der Patienten steigen.“

Wenn Ärzte und Patienten gemeinsam über die Behandlungsstrategie entscheiden, koste das zwar Zeit, sagte Puttfarcken. „Aber es minimiert auch Probleme in der Behandlung.“ Zwei Drittel der Versicherten erwarten, dass sie in die Entscheidungsfindung einbezogen werden – das habe eine Studie des wissenschaftlichen Instituts der TK zum Arzt-Patienten-Verhältnis im Jahr 2010 gezeigt. „Nur sechs Prozent der Befragten haben gesagt, das soll der Arzt allein entscheiden.“

Um mitreden zu können, müssten die Patienten aber informiert sein, betonte Puttfarcken. „Es kommen immer mehr Informationen auf den Markt, von denen niemand weiß, wie belastbar sie sind – davon fühlen sich viele eher verwirrt als informiert.“ Gerade nach Internetrecherchen kämen manche Patienten mit einem wilden Informations-Sammelsurium in die Praxis: „Das führt zu großer Verunsicherung.“

Das Interesse an verlässlichen Informationen sei immens, sagte Puttfarcken. Beim Zweitmeinungstelefon, das die Kasse seit 2011 anbietet, gebe es rund 5000 Gespräche pro Jahr – dort können Patienten etwa bei einer schweren Diagnose oder vor einer Operation die zweite Meinung eines Facharztes einholen. Ausgewertet hat die TK die Zweitmeinung von Fachärzten vor Eingriffen an der Wirbelsäule – bei fast 80 Prozent der 761 Teilnehmer fanden die Mediziner eine OP nicht nötig.