20 Jahre kämpfte Chris Beck mit den Navy Seals in Irak und Afghanistan. Jetzt will er seine „eigentliche Identität“ leben

New York. Navy Seal Team 6 – es ist die härteste Truppe, die die US-Armee zu bieten hat. Die Eliteeinheit kämpfte im Irakkrieg, in Afghanistan und sorgte vor allem für Schlagzeilen, als sie im Mai 2011 den Al-Qaida-Terrorchef Osama Bin Laden in einer mittlerweile von Hollywood verfilmten Undercover-Aktion auf seinem Anwesen in Pakistan tötete. Nur die Allerbesten schaffen es in diese Spezialeinheit. Und bisher sind es nur Männer.

Einer der Top-Soldaten war Chris Beck. Mehr als 20 Jahre lebte er in der geheimnisumwitterten Welt der Navy Seals. Er kämpfte in Afghanistan und wurde mehrfach für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Beck hatte sich einen Jugendtraum erfüllt. Und das, obwohl er schon als Teenager das Gefühl hatte, in einem falschen Körper zu leben. Chris Beck wollte eigentlich kein beinharter Typ werden, sondern ein Mädchen. Nach seinem Ausscheiden im Jahr 2011 und nur wenige Monate vor der Bin-Laden-Aktion erfüllte er sich seinen Wunsch: Aus Chris Beck wurde Kristin Beck – eine 46 Jahre alte Frau.

„Ich lege meinen Deckmantel ab und zeige der Welt meine eigentliche Identität als Frau“, schreibt Kristin Beck in einer Biografie, die an diesem Sonnabend unter dem Titel „Warrior Princess“ in den USA erscheint. Das Cover des Buches zeigt dabei noch den alten, männlichen Beck in Kampfuniform, zotteligen Haaren und dunkler Sonnenbrille. Einen Navy Seal, der an 13 Geheimaktionen und sieben Kriegseinsätzen teilgenommen haben soll.

Doch von dem einstigen kampferprobten Elitesoldaten, der zweimal verheiratet war und zwei Söhne hat, ist heute zumindest äußerlich nicht mehr viel geblieben. Auf Bildern sieht man jetzt Kristin Beck, eine attraktive Frau mit langen gepflegten Haaren, Frauenkleidern und Make-up.

„Es war nicht einfach eine Fantasie von Chris. Er wollte schon immer ein Mädchen sein“, sagt die Psychologin Anne Speckhard, Koautorin der Memoiren. Jahrelang habe Beck seine Sexualität wie bei einem Lichtschalter einfach ausgeknipst. Er habe als Krieger funktioniert und seine Bedürfnisse durch Kampfsätze unterdrückt. „Im Grunde genommen hat Chris asexuell gelebt“, sagt Speckhard. Sie ist davon überzeugt, dass Beck auch als Frau zu den Navy Seals gegangen wäre. Bisher ist die Truppe allerdings nur für Männer offen.

Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Militärdienst wagte Beck auch öffentlich den mutigen Schritt. „Es war genau die richtige Zeit“, schreibt er in seinem Buch. „Mein Körper sollte mich auch endlich als Frau zeigen.“ Beck, ein begeisterter Football-Spieler und Motorradfahrer, startete mit seiner Transformation. Der einstige Kriegsheld ließ sich mit einem Laser die Haare aus dem Gesicht und an den Beinen entfernen, trug Frauenkleider und Make-up. Und er begann mit einer Hormonbehandlung, die am Ende zum ultimativen Schritt führen soll – die operative Geschlechtsumwandlung.

Gegenüber seinen ehemaligen Kameraden outete er sich auf seiner Webseite. „Endlich Schluss mit all den Verstellungen“, schrieb er dort. „Ich bin aber immer noch dieselbe Person, mit der gleichen Lebenserfahrung und den gleichen Ansichten.“ Seine Ex-Kollegen dachten zunächst an einen Witz. Doch dann stellten sie sich voll hinter die mutige Entscheidung.

„Du gehörst zu unserem Team“, schreibt einer seiner Kameraden. „Daran wird sich nie etwas ändern. Ich werde immer ein Bier mit dir trinken, egal an welchem Ort und egal was du anziehst.“ Und ein anderer sagt: „Ein Seal zu sein ist hart. Doch dieser Schritt ist viel härter.“ Beck, der heute in Tampa (US-Staat Florida) lebt und Kriegsveteranen hilft, sagt, er wolle anderen Mut machen, damit auch sie ein erfülltes Leben führen können. „Dieses Buch“, schreibt Beck, „ist all den Außenseitern, Aktivisten und Unterdrückten gewidmet, die jeden Tag mit ähnlichen Problemen wie ich kämpfen.“