In vielen Regionen wurde Katastrophenalarm ausgelöst. Etliche Menschen vermisst. Bundeswehr hilft

Berlin. Die Hochwasserlage im Süden Deutschlands und benachbarten Ländern hat sich am Sonntag dramatisch zugespitzt. Mehrere Städte und Landkreise in Bayern und Sachsen riefen Katastrophenalarm aus. Zur Unterstützung der besonders betroffenen Regionen bereiteten die Landeskommandos der Bundeswehr in München, Dresden und Erfurt einen Einsatz vor. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte „volle Unterstützung“ der Bundesregierung zu. Nach tagelangem Dauerregen drohte der Dreiflüssestadt Passau ein neues Jahrhunderthochwasser, sagte Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD). Erwartet werde ein Pegelstand von etwa elf Metern. Das bisherige Jahrhunderthochwasser von 2002 hatte einen Pegelstand von 10,81 Metern erreicht. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) berief ein Krisentreffen mehrerer Minister ein, um über mögliche Hilfen zu beraten.

Katastrophenalarm gaben neben Passau und der Stadt Rosenheim auch die bayerischen Landkreise Miesbach, Rosenheim und Berchtesgadener Land sowie in Sachsen der Kreis Leipzig und die Städte Zwickau und Chemnitz. In Chemnitz überschritt der gleichnamige Fluss die Schwelle der Hochwasseralarmstufe 4. Für die Zwönitz galt schon die höchste Alarmstufe. In Zwickau begann die Evakuierung eines Ortsteils. Das Wasser der Mulde war dort nur noch wenige Zentimeter von der Dammkrone entfernt.

In Sachsen wurden vor allem im mittleren und westlichen Erzgebirge am Sonntag weiter erhebliche Niederschläge erwartet, teilte das Umweltministerium mit. Mittlerweile seien die Rückhalteräume einiger Talsperren nahezu ausgelastet. In Thüringen verlagert sich das Hochwasserproblem vom Westen in den Osten. Wegen kräftiger Regenfälle schwellen nun die Weiße Elster und die Pleiße rapide an.

Nach Angaben von Rettungskräften und Polizei in Baden-Württemberg trat auch der Neckar bei Tübingen über die Ufer. In Reutlingen wurden am Sonntag zwei Menschen vermisst – sie könnten in die Echaz, einem Neckarzufluss, gefallen sein. Im Nachbarort Gönningen überschwemmte die Wiezaz die Produktionsanlagen einer Firma, eine Schule und eine Turnhalle.

Auch in Sachsen-Anhalt blieb die Hochwasserlage kritisch. An den Pegeln Camburg und Naumburg an der Saale sowie Oberthau an der Weißen Elster gilt weiter die höchste Warnstufe 4. „Die Wasserstände werden eher noch weiter steigen, weil die Wassermassen aus Sachsen und Thüringen zu uns hereindrücken“, sagte Lutz Blech vom Katastrophenschutz in Naumburg.

In Baden-Württemberg waren Helfer im Südwesten des Landes nach Überflutungen und Erdrutschen am Wochenende zu mehr als 3000 Einsätzen ausgerückt. Gut 6000 Helfer etwa von der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks seien landesweit im Einsatz gewesen, bilanzierte Innenminister Reinhold Gall (SPD).

Auf weiten Strecken von Rhein, Main und Neckar wurde die Schifffahrt wegen des Hochwassers gestoppt. Am Mittelrhein wurden weitere Überschwemmungen erwartet, sodass man auch dort mit einer Einstellung des Schiffsverkehrs rechnete.

In Österreich und der Schweiz hielt das Hochwasser ebenfalls Tausende Katastrophenhelfer in Atem. In beiden Alpenländern wurden Straßen und Eisenbahnlinien überflutet oder von Hangrutschen unterbrochen. Besonders stark betroffen war der an Bayern grenzende Innkreis in Österreich. Die Ortschaft Ettenau wurde vollständig evakuiert, nachdem die Salzach über die Ufer getreten war.

In Tschechien drohte die Moldau, die Prager Altstadt zu überfluten. Ein Wochenendhaus bei Prag stürzte über dem matschigen Untergrund ein. Die Hausbesitzerin starb, wie die nationale Agentur CTK meldete. An zwei Flüssen in Böhmen wurden drei Wassersportler vermisst. Die Polizei musste die Suche nach ihnen wegen der hohen Pegelstände abbrechen. Straßen und Bahnstrecken im Süden und Westen des Landes wurden überschwemmt und deshalb gesperrt.

In den Hochwassergebieten in Niedersachsen hat sich indessen die Lage entspannt. Unter anderem in der Region Hannover liefen die Wassermassen so weit ab, dass die Aufräumarbeiten beginnen können. Allerdings wird wegen starker Regenfälle in den Einzugsgebieten der Werra und Fulda mit einem Anstieg der Weser in den kommenden Tagen gerechnet.