Mit gigantischer Wucht fegt ein Tornado über eine Kleinstadt im US-Bundesstaat Oklahoma. Viele Menschen sterben, unter ihnen Grundschulkinder. Präsident Obama spricht von einer historischen Katastrophe.

Washington. Ein gewaltiger Tornado hat im US-Bundesstaat Oklahoma mindestens 24 Menschen in den Tod gerissen und eine Schneise der Zerstörung hinterlassen. Unter den Opfern des Sturms, der am Montag mit über 300 Kilometern pro Stunde durch die Region um die Kleinstadt Moore fegte, seien auch neun Kinder, sagte die gerichtsmedizinische Sprecherin Amy Elliot. Rettungskräfte suchten im Katastrophengebiet am Dienstag nach weiteren Opfern. Präsident Barack Obama sprach von „einem der zerstörerischsten Tornados in der Geschichte“. Aus aller Welt kamen Beileidsbekundungen – auch von Kanzlerin Angela Merkel und Papst Franziskus.

Der Sturm hatte nach Angaben der nationalen Wetterbehörde die höchste Stufe auf der in den USA gebräuchlichen Skala. Es habe sich um einen Sturm der Stärke EF5 mit Geschwindigkeiten von 320 Stundenkilometern gehandelt. Zunächst hatte die Behörde von der zweithöchsten Stufe EF4 auf der erweiterten Fujita-Skala gesprochen.

Mindestens 237 Menschen mussten laut Oklahomas Gouverneurin Mary Fallin in umliegenden Kliniken behandelt werden, nachdem das Krankenhaus von Moore von dem Sturm schwer beschädigt worden war. Es handele sich um „eine der entsetzlichsten Katastrophen, die unser Staat jemals erlebt hat“. Es sei hart, die Zerstörung anzuschauen. Erschwert würden die Rettungsarbeiten dadurch, dass ganze Straßenzüge und dazugehörige Schilder verschwunden seien. „Es ist schwierig, die Gegenden zu identifizieren“, sagte die Gouverneurin. „Die ganze Stadt sieht aus wie ein Trümmerfeld“, meinte Bürgermeister Glenn Lewis.

Widersprüchliche Angaben über die Opferzahlen hatten zunächst für Verwirrung gesorgt. Elliot korrigierte vorherige Informationen, dass es 51 Tote gegeben habe. Manche US-Medien hatten gar von mehr als 90 Toten berichtet. Über die 24 vom Gerichtsmediziner bestätigten Toten hinaus könnten weitere Leichen direkt zu Bestattungsunternehmen gebracht worden sein, so Fallin. „Wir versuchen, eine verlässlichere Zählung zu erhalten.“ Chaotische Zustände in dem Katastrophengebiet könnten laut Medien dazu geführt haben, dass manche Opfer anfangs doppelt gezählt wurden.

Auf seiner gut drei Kilometer breiten Spur der Verwüstung, die mitten durch ein Wohngebiet führte, hatte der Tornado auch eine Grundschule komplett dem Boden gleichgemacht. Mindestens sieben Kinder starben in dem Gebäude, berichtete der TV-Sender NBC. Sie seien in einer mit Wasser vollgelaufenen Grube ertrunken. Ob weitere Kinder auch am Dienstag noch vermisst wurden, konnte Fallin nicht sagen. Jedes Gebäude werde dreimal durchsucht, um sicher zu gehen.

75 meist jüngere Schüler sowie ihre Lehrer hätten in der Schule Zuflucht gesucht, als der Tornado am Montag gegen 15 Uhr (Ortszeit) die 55 000 Einwohner zählende Vorstadt von Oklahoma City traf. In den Stunden danach wurden zahlreiche Überlebende aus den Trümmern gerettet. Die Suche nach den Opfern ging die ganze Nacht über weiter. Eine zweite Grundschule wurde stark beschädigt.

Barack Obama erklärte Teile des Bundesstaats Oklahoma zum Katastrophengebiet und sicherte schnelle Hilfe zu. „Da sind nun leere Flächen, wo einst Wohnzimmer und Schlafzimmer und Klassenzimmer waren. Und wir müssen diese Orte bald wieder mit Liebe und Lachen und Gemeinschaft füllen“, sagte er. Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Merkel reagierten bestürzt auf die Katastrophe.

Der Rüssel des Sturms berührte den Boden nur eine Viertelstunde, nachdem die Warnungen in den Ortschaften ertönt waren, sagte eine Sprecherin des Nationalen Wetterdienstes. Dann habe er rund 30 Kilometer zurückgelegt und die Städte Newcastle und Moore getroffen. Fernsehbilder zeigten die enorme Größe der dunklen Säule, die ganze Häuser zerlegte, Autos davon riss und nichts als Trümmer hinterließ.

Rettungskräfte und Einwohner suchen verzweifelt weiter

Mehr als 300 Häuser seien zerstört worden, hieß es. Die öffentliche Infrastruktur brach zusammen. Es gab kein fließendes Wasser. Nur Generatoren lieferten noch Strom. Gasgeruch lag in der Luft, nachdem Leitungen gerissen waren. Weil die Straßenbeleuchtung ausfiel, lagen die Trümmer in der Dunkelheit. Das verlangsamte die Suche nach Verschütteten, berichtete KFOR-TV.

Eine Frau erzählte, dass von ihrem Haus nur eine Wand stehengeblieben sei. „Alles andere ist weg“, sagte die Augenzeugin unter Tränen. Der Sturm habe auch ihr Auto weggewirbelt. Auf einer Farm seien mehr als 100 Pferde getötet worden.

Nach Angaben der Wetterbehörde schlug der Wirbelsturm mit der gleichen Kraft zu wie der katastrophale Sturm 1999 in Oklahoma, bei dem 36 Menschen ums Leben kamen und mehr als 8000 Gebäude zerstört wurden.

Auf den Monat zwei Jahre zuvor war der Ort Joplin im Südwesten des Bundesstaates Missouri von einem Tornado vergleichbar schwer getroffen worden. Damals kamen 158 Menschen ums Leben, mehr als 900 wurden verletzt.

Merkel schrieb in einem Kondolenztelegramm: „Die Bilder dieser Katastrophe machen uns sprachlos und lassen das Ausmaß des Leids nur erahnen, das die Betroffenen und ihre Angehörigen ertragen müssen.“ Der russische Präsident Wladimir Putin bot den USA Mithilfe bei den Aufräum- und Rettungsarbeiten an. Die Flaggen am Kongressgebäude in der US-Hauptstadt Washington wehten auf Halbmast.

Bereits am Vortag hatte eine Serie tödlicher Tornados neben Oklahoma auch in den Bundesstaaten Kansas, Iowa und Illinois gewütet. Auch für die kommenden Tage ist laut Meteorologen die Gefahr neuer Stürme groß.