Holländisches Unternehmen sucht Freiwillige, die fernab der Erde eine Kolonie gründen. Erste Bewerber gibt es schon

New York. Genug vom schlechten Wetter? Vom Job oder von den lieben Verwandten? Warum nicht noch einmal ganz von vorn anfangen? In einem anderen Land, auf einem anderen Kontinent? Einfach alles hinter sich lassen. Am besten gleich auf einen anderen Planeten auswandern, weit weg von allen Problemen. Auf den Mars vielleicht?

Was wie ein Hirngespinst für einen Neustart klingt, hält ein Unternehmen in den Niederlanden für realisierbar. Mars One heißt die Firma, und sie hat nur ein Ziel: die Gründung einer Kolonie von Menschen auf dem Mars. Dafür suchen die „fliegenden Holländer“ seit dieser Woche über ihre Webseite Bewerber, die auf dem Roten Planeten ein neues Leben starten wollen. Der Trip birgt viele und heute noch unbekannte Risiken und hat vor allem einen Haken – es gibt kein Rückflugticket!

„Alles ist mit der heutigen Technik möglich“, behauptete der Gründer von Mars One, Bas Lansdorp, bei der Vorstellung seines Projekts in New York. Man müsse keine neuen Raketen, keine neuen Raumschiffe bauen oder erfinden, um zum Mars fliegen und auf ihm landen zu können. „Nur die Menschen wieder zurück auf die Erde zu bringen, das schaffen wir mit der verfügbaren Technik nicht.“ Wer die schätzungsweise sieben Monate dauernde Reise zum Erdnachbarn unternimmt, muss dort bleiben. Für den Rest seines Lebens! Im Gegensatz zur Nasa kann eine Privatfirma einen Trip anbieten, bei dem die Astronauten nicht zurückkehren. Die Raumfahrtbehörde darf das aus ethischen Gründen nicht.

Die künftigen Mars-Menschen leben in Ein-Zimmer-Apartments

Sechs Milliarden Dollar soll das ehrgeizige Projekt zunächst kosten, das 2023 die ersten vier Menschen, zwei Frauen und zwei Männer, zum Mars bringen soll. Danach will Lansdorp, ein gelernter Ingenieur, alle zwei Jahre weitere Freiwillige auf den durchschnittlich 228 Millionen Kilometer langen Trip schicken. Die Kosten dafür: vier Milliarden Dollar pro Flug. Interessenten scheint es genug zu geben. Noch bevor die Bewerbungen am Montag offiziell angenommen wurden, will Mars One schon mehr als 10.000 E-Mails von Interessierten bekommen haben.

„Ich möchte gerne etwas Unbekanntes entdecken“, sagt da zum Beispiel die 21 Jahre alte Beatriz aus Brasilien, die wie jeder Kandidat einen 30 Sekunden langen Videoclip als Bewerbung schicken musste. „Ich bin ein echter Team-Arbeiter“, wirbt dagegen Matthew, 24, aus den USA für sich. „Und ich möchte etwas Neues errichten.“

Und ein Deutscher namens Stephan sitzt in einem Fliegeranzug mit dem Emblem der Apollo-Mission vor der Kamera und behauptet von sich, er atme Weltraum. Der 44 Jahre alte Pilot würde für die Erfüllung seines Mars-Traums sogar die Familie zurücklassen. Und das, obwohl er „glücklich verheiratet“ ist und „drei liebende Kinder“ hat.

Finanzieren will der Mars-Pionier, der zu seinem Team auch den niederländischen Physik-Nobelpreisträger Gerard’t Hooft und den Weltraum-Mediziner Norbert Kraft aus Österreich zählt, das Unternehmen über Fernsehwerbung. „Wenn Menschen auf dem Mars leben, will das jeder sehen“, sagt Lansdorp. „Wir erwarten, dass künftige Bewohner den Menschen auf der Erde zeigen, wie das Leben auf dem Mars ist und was sie jeden Tag machen“, sagt Kraft. Die Kommunikation zur Erde, zur Familie oder zu den Verwandten, dürfte aber nicht ohne Probleme gehen. „Wir werden Internet und Skype haben“, verspricht Kraft. „Die Übertragung vom Mars zur Erde dauert aber 14 bis 20 Minuten.“ So lange müsse man dann auf eine Antwort warten.

Die geplanten Einzelunterkünfte von Mars One, die durch Gänge mit den anderen verbunden sind, sehen aus wie Iglus und sind nicht größer als kleine Ein-Zimmer-Apartments. Sie sollen, noch bevor die Menschen kommen, in insgesamt acht unbemannten Flügen auf den Mars gebracht und mithilfe von Robotern errichtet werden. Wer glaubt, er könne sich auf dem Mars mal eben vor der Tür die Füße vertreten oder gar joggen, wird ziemlich enttäuscht werden. „Das ist auf dem Mars aufgrund der für Menschen lebensfeindlichen Bedingungen einfach nicht möglich“, sagt Mediziner Kraft. Marsbewohner sind nicht nur einer sehr hohen Radioaktivität ausgesetzt, die Krebs verursachen kann. Auch die im Vergleich zur Erde geringere Schwerkraft wird die „Knochendichte, die Muskeln und den Kreislauf des Menschen maßgeblich verändern“. Das Alter der Kandidaten sei nebensächlich. Wichtig sei, dass sie keine chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzbeschwerden oder Diabetes haben.

24 Teilnehmer in sechs Gruppen sollen am Ende des Bewerbungsverfahrens übrig bleiben und sieben Jahre als Angestellte von Mars One auf ihre Mission vorbereitet werden. Bei einer Kandidatenkür im Fernsehen entscheiden dann die Zuschauer, welche vier Personen 2022 als Erste zum Mars starten dürfen. „Sie werden die Helden der Zukunft sein“, sagt Lansdorp.