In 1,6 Sekunden von 0 auf 100 und fast senkrecht Richtung Boden – Achterbahnen garantieren mit immer raffinierteren Effekten heftigen Adrenalinausstoß.

Eine Spazierfahrt wird es für die ersten Passagiere der Full Throttle („Vollgas“) ganz sicher nicht, wenn sie im kommenden Sommer in die neue Achterbahn des kalifornischen Freizeitparks Six Flags Magic Mountain steigen. Die Technik der Bahn schleudert die sich um ihre eigene Längsachse drehenden Wagen in einen Looping. Danach schießen sie in die Tiefe und landen – im Dunkeln. Im Tunnel bremsen die Wagen dann bis zum Stillstand. Damit ist die Fahrt jedoch nicht beendet: Der Motor reißt den Zug erneut von der Stelle. Diesmal jedoch rast er in die entgegengesetzte Fahrtrichtung einen Teil des zuvor durchfahrenen Loopings wieder hinauf, fällt erneut in den Tunnel und bekommt abermals Anschub, um weitere Figuren in gewohnter Fahrtrichtung zu bewältigen.

Dazu gehört ein einzigartiger Looping, der sowohl auf der Innen- als auch bei einer weiteren Durchfahrt auf der Außenseite befahren werden kann. Für schwache Nerven ist das nichts. Es zeigt sich, dass Achterbahnen auch interessant sein können, wenn sie keinen bloßen Geschwindigkeitsrekord zu bieten haben. Das meiste Innovative gibt es in Freizeitparks der USA, Asiens und Großbritanniens. Doch auch die deutschen Parks haben durchaus einiges zu bieten. Zum Beispiel die nach Ansicht internationaler Experten „beste Achterbahn weltweit“. Diese Auszeichnung hat zum wiederholten Male eine Bahn im Holiday Park Haßloch erhalten. Das Besondere an ihr ist die erste Abfahrt: Es geht ein Gefälle von 82Grad hinab, gleichzeitig drehen sich die Wagen um 74Grad.

Achterbahnattraktionen haben vor allem auch der Europa-Park in Rust und der Heide-Park Soltau zu bieten. In diesen drei Parks stehen Deutschlands höchste und schnellste Bahnen. Rekorde wird das ab Sommer geöffnete neue Modell im Bad Wörishofener Skyline-Park zwar nicht brechen. Schwindelerregend dürften aber die Fahrten mit dem vom deutschen Hersteller Maurer und Söhne entwickelten Spinning-Coaster sein. Die Passagiere sitzen Rücken an Rücken in den Wagen, die sich während der Fahrt um 360Grad um ihre senkrechte Achse drehen. Währenddessen geht es durch enge Kurven und über einen Slalomkurs.

Wie genau sich die Wagen verhalten, hängt von der Gewichtsverteilung im Wagen ab, also davon, auf welchem Platz Passagiere eines bestimmten Gewichts sitzen. Bis vor Kurzem mussten solche Bahnen noch ohne Überschlagelemente auskommen, die ersten „Inversionen“ gehen jetzt jedoch an den Start.

Etwas mehr Schwung ist auch in die Wasserbahnen gekommen, wie die Anlage Zum Rittersturz im Freizeitpark Klotten in der Eifel. Die Wagen rutschen mit einer Geschwindigkeit von 75Kilometern pro Stunde und in einem Gefälle von 56Grad ins Becken. Sehr viel steiler geht es derzeit nicht. Manche in den USA ragen immerhin 50 Meter und mehr in die Höhe und schlittern mit erstaunlichen 110Kilometern pro Stunde in die Tiefe.

Eine weitere Attraktion in Deutschland wird wohl im kommenden Sommer eröffnen: die Karacho im Erlebnispark Tripsdrill im baden-württembergischen Cleebronn. Der 2000 PS starke Katapultantrieb beschleunigt die Wagen innerhalb von 1,6 Sekunden von null auf 100 Kilometer pro Stunde. Dabei sind die Passagiere lediglich mit einem Schoßbügel gesichert, können sich also nicht in die Schultergurte krallen. Auch bei den anderen Fahrfiguren sollen sie sich nur für kurze Zeit entspannen, schließlich rasen die Passagiere in zahlreichen Abschnitten durch Tunnel, verlieren also kurzzeitig im Dunkeln die Orientierung.

Hohes Tempo ist nicht alles, bremsen und beschleunigen geben den Kick

Das widerfährt Achterbahnfahrgästen zunehmend. In manchen Bahnen rauschen sie mit 150 Kilometern pro Stunde in die Tiefe in einen Blechtunnel, einige davon sind mehr als 50 Meter lang, in anderen explodiert es neben den Passagieren wie in einer Geisterbahn. Oder die Wagen rauschen nur knapp an Wänden vorbei und überqueren eine scheinbar wackelige Holzbrücke. Sehr viel schneller als die Weltrekordbahn in Abu Dhabi mit ihren 240 Kilometern pro Stunde dürften Achterbahnen kaum noch werden, zumindest wenn die Wagen weiterhin auch zahlreiche Figuren fahren sollen – und das sollten sie, damit die Menschen den richtigen Thrill erleben.

Geschwindigkeit allein wird indes kaum wahrgenommen, sehr empfindlich sind wir jedoch für Beschleunigungen, also Veränderungen des Tempos. Daher bremsen in vielen Achterbahnen die Wagen immer wieder ab, und anders als Katapultantriebe können die elektrischen Linearmotoren sie stets neu wieder auf Touren bringen: Bei manchen Bahnen kommt es während der Fahrt zu drei Neustarts. Bei kurzzeitigen sechs g – der sechsfachen Erdbeschleunigung – ist allerdings das Ende der Fahnenstange erreicht. Mehr kann der Körper nicht ertragen. Ansonsten würde das Blut aus den feinen Äderchen im Gehirn gepresst, und es käme zu einer Ohnmacht. Die sechs g gelten nur für Kräfte, die in der Längsachse wirken, seitlich – also von Schulter zu Schulter – sollten sogar zwei g nicht überschritten werden. Bei Werten darüber könnten die Schlüsselbeine brechen. Da der Kopf vergleichsweise langsam und träge die Bewegung mitmacht, wäre dabei zumindest der Nacken verstaucht. Treten die Kräfte sowohl in der Längs- als auch in der Querrichtung auf, müssen sie die allgemein gültigen Grenzwerte deutlich unterschreiten.

Wichtig für Passagiere, die den besonderen Kick suchen, ist zudem die sogenannte Airtime. Bei einigen Bahnen stürzen die Wagen schon mal 100 Meter und mehr im freien Fall in die Tiefe. Meistens jedoch sorgen zahlreiche, kleinere Aufs und Abs für Airtime. Ist die Kraft, die auf den Fahrgast wirkt, größer als ein g, wird der Passagier in den Sitz gedrückt, er fühlt sich schwerer als üblich. Liegt der Wert darunter, hebt er kurzzeitig vom Sitz ab und fühlt sich leichter. Das ist die Airtime.

Bei null g ist schließlich die Schwerelosigkeit erreicht. Viele Bahnen liefern allerdings in manchen Streckenabschnitten sogar negative g-Werte. Das tritt vor allem auf Sitzplätzen der hinteren Wagen auf, da diese durch das Gewicht der vorangegangenen Züge noch stärker beschleunigt werden. Mittlerweile aber haben Techniker Bahndesign und Sitzanordnung so gestaltet, dass alle Passagiere in ähnlicher Weise für kurze Zeit zu schweben scheinen. Zumal viele Betreiber auf Haltegurte verzichten, welche die Fahrgäste ganz fest im Sitz halten.

Noch schwerer auszutarieren sind die auf Passagiere wirkenden Kräfte bei sogenannten Wing-Coastern, bei denen einige Fahrgäste auch neben der Bahn – wie auf den Tragflächen eines Flugzeugs – sitzen. Die Beschleunigung muss so schwach sein, dass die Passagiere auch an den seitlichen Enden die Fahrt noch unbeschadet überstehen; und gleichzeitig so stark, dass sich die innen Sitzenden nicht langweilen.

Das ist vor allem dann nicht einfach zu berechnen, wenn diese Züge noch zahlreiche Überschläge durchlaufen. Sechs und mehr Inversionen werden künftige Wing-Coaster wohl zu bieten haben. Wegen der problematischen Konstruktion greifen manche Hersteller auf andere Tricks zurück – und lassen die Passagiere während der Fahrt unter den Gleisen hängen. In dieser Position kacheln sie dann mit 100Kilometern pro Stunde und mehr durch Kurven und andere Fahrfiguren.

Eine Alternative sind zudem Rollen und Überkopffahrten. Bei den sogenannten Heartline-Rolls werden die Fahrgäste einmal um ihre Herzlinie gedreht, in der englischen Achterbahn Colossus kommt dies sogar viermal hintereinander vor. Im kalifornischen Six Flags Discovery Kingdom dreht sich der Zug sowohl beim Anstieg als auch bei der Abfahrt um die eigene Achse. Auch mit dem Kopf nach unten lässt sich so einiges erleben. Im britischen Thorpe Park etwa werden die Passagiere auf den Kopf gestellt, ruckeln in dieser Position einige Meter voran, um dann aus dieser Position heraus zu beschleunigen und in die Tiefe zu rauschen.

Kaum Zeit zum Luftholen, der Trend geht zu noch mehr Schikanen

Eigentlich soll Achterbahnfahren positiven Stress auslösen. Dieser ist dadurch charakterisiert, dass die aufgebaute Anspannung schnell wieder abfällt. Dazu bleibt in der Regel auch zwischen den Fahrfiguren ausreichend Zeit. In manchen Achterbahnen kommen aber die Passagiere kaum noch zum Luftholen. Und der Trend geht zu noch mehr Schikanen und Überraschungen. Die chinesische Bahn Journey to the Stars hält den Rekord mit elf Überschlägen während eines Durchgangs.

Dagegen nimmt sich der Bandit Bomber in Abu Dhabi mit seinen unscheinbaren Fahrfiguren müde aus – zumal die Wagen mit mickrigen 50 Kilometern pro Stunde über die Gleise zuckeln. Doch auch diese Bahn hat etwas Besonderes zu bieten: Mit an Bord sind Laserkanonen. Treffen die Passagiere damit ein bestimmtes Ziel, lösen sie Wasserfontänen am Boden aus, die Besucher nass spritzen. Wer für noch mehr Erfrischung sorgen möchte, der kann die Besucher von oben aus auch mit Wasserbomben bewerfen.